Beleidigungsklage nach Stinkefinger-Emoji?

Kleine Bildchen bringen schon lange etwas Farbe in die Bleiwüsten vieler ­E-Mails. Ein Herzchen als Grußformel ziert die SMS an den liebsten Schatz. Der hoch­gestreckte Daumen als Kommentar unter dem Facebook-Beitrag sagt mehr als tausend Worte. Und für die elektronische Adventspost halten die meisten ­Programme Tannenbaum und Weihnachtsstern bereit. Emojis gehören zur modernen Kommunikation wie das Salz in die Suppe. Aber sind sie nur nette Spielerei oder gibt es auch eine Schattenseite? Und wo kommen die Dinger ­eigentlich her?

Zitierweise: HAUT 2019;30(6):314

Die Geschichte der Emojis

Mitte der 1990er Jahre hielten in der schriftlichen Kommunikation per SMS oder E-Mail Zeichenfolgen Einzug, die einen Smiley nachbildeten. So versuchte man schon in der Steinzeit der digitalen Kommunikation Stimmungs- oder Gefühlszustände auszudrücken. Was diese unterschiedlichen Smileys – als humorvolle Geste :-) oder als Augenzwinkern ;-) oder als Symbol der Überraschung :-o – bedeuteten, war allen Nutzern schnell klar. Sie waren meist eine nette Geste, weshalb sie eine Nachricht durchaus aufwerten konnten. Diese Tastenkombinationen hießen Emoticons. Schon 1998 entwarf Shigetaka Kurita, ein Entwickler beim größten Mobilfunkanbieter Japans, einfarbige Bilderbuchstaben, die von den Manga-Comics und der Kunst der Kalligrafie inspiriert waren. Damit waren die Emojis geboren, die kryptischen Tastenkombinationen hatten ausgedient und ihre Nachfahren sind mittlerweile auf jedem Smartphone fest installiert.

Emojis sind nicht immer angebracht

Die kleinen Bildchen können das geschriebene Wort durchaus besser verständlich machen. In einer Unterhaltung lächeln wir unser Gegenüber ja auch an, wenn wir etwas nett meinen oder geben durch ein Zwinkern zu erkennen, dass wir einen Scherz machen. In geschäftlichen E-Mails haben Emojis aber nichts zu suchen. Dort zeugen sie laut einer Studie der Ben-Gurion-Universität in Israel von der Inkompetenz der Absender. Und auch wenn immer mehr Unternehmen eine Online-Bewerbung akzeptieren oder sogar verlangen: Wer sich um einen neuen Job bewirbt, sollte nach Auskunft der ARAG-Experten unbedingt auf Emojis in der Bewerbung verzichten.

Beleidigende Emojis

Mit der Tastenkombination :-p konnte man früher dem Adressaten die Zunge herausstrecken. Das ist unter Umständen nicht die ganz feine Art und sollte in der geschäftlichen Korrespondenz besser unterlassen werden. Den Tatbestand einer Beleidigung erfüllt das aber laut ARAG-Experten noch lange nicht. Juristisch kann es sich bei der tatsächlich herausgestreckten Zunge zwar um eine Beleidigung und damit um eine Straftat nach dem Straf­gesetzbuch (StGB) handeln. Sie wird dann als vorsätzliche Verletzung der Ehre einer Person durch Kundgebung der Missachtung oder Nichtachtung definiert. Gemäß § 185 StGB kann eine handfeste Beleidigung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe belegt werden. Von so einer Straftat kann bei ein bisschen „Punkt, Punkt, Komma, Strich…“ allerdings kaum die Rede sein. Anders sieht es jedoch mit den neuen Emojis aus. Deren Palette ist nämlich groß; auch bei den negativen Gemütsäußerungen. Da sind Emojis rot vor Wut, übergeben sich oder es streckt sich dem Leser ein Mittelfinger entgegen. Und eben dieser ausgestreckte Mittelfinger kann auch als Emoji in sozialen Medien eine Beleidigung darstellen. Dies gilt ganz besonders bei der Kommunikation mit Beamten, beispielsweise beim Widerspruch gegen ein Ordnungsgeld. Hier sollte man sich sowieso auf Fakten berufen und nicht auf den eigenen Gemütszustand. Emojis haben also hier nichts zu suchen.

Link:  https://www.arag.de/service/infos-und-news/rechtstipps-und-gerichtsurteile/internet-und-computer/

Quelle: Brigitta Mehring, Konzern­kommunikation ARAG SE.