Ernst Ludwig Kirchner: erträumte Reisen

Ausstellung in der Bundeskunsthalle Bonn, 16. November 2018 bis 3. März 2019. Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), Mitbegründer der Künstlergruppe Brücke, gilt heute als einer der wichtigsten deutschen Expressionisten.

Durch sein Leben und Werk zieht sich wie ein roter Faden die Suche nach dem „Exotischen“ und Ursprünglichen,  nach anderen Ländern und Kulturen. Obwohl er nie über die Grenzen Deutschlands und der Schweiz reiste, zeigt Kirchners künstlerische Arbeit eine leidenschaftliche Auseinandersetzung mit außereuropäischen Kulturen. Entstanden sind farbenprächtige Bilder aus der Fantasie, in denen er mit schnellem Strich fremde Welten erschuf und durch gesellschaftliche und künstlerische Einflüsse immer wieder malerisches Neuland betrat.

"Erträumte Reisen" zeichnet anhand ausgewählter Stationen wie Dresden, Berlin, Fehmarn und Davos Kirchners Lebensweg und Schaffen von 1909 bis zu seinem Tod in den Schweizer Bergen 1938 nach. Dank internationaler Leihgaben, insbesondere aus der Schweiz und den USA, gelingt es, wiederkehrende Motive in all seinen Schaffensphasen zusammenzubringen und zu verdeutlichen, wie zentral das Arbeiten aus der Fantasie über alle Perioden hinweg für ihn war.

Durch eine Kooperation mit dem Völkerkundemuseum Dresden können Kirchners prägende Besuche der ethnografischen Sammlungen und sein künstlerischer Prozess zum ersten Mal für die Besucherinnen und Besucher nachvollziehbar gemacht werden: Skizzenbücher, Briefe und historische Fotografien stehen im Dialog mit bedeutenden historischen Erzeugnissen außereuropäischer Kulturen – so wie Kirchner sie um die Jahrhundertwende gesehen hat. Dabei wird Kirchners begeisterte Rezeption dieser Kulturen auch kritisch hinterfragt und der schwierige Umgang mit dem kolonialen Erbe in einen historischen Kontext gesetzt.

Erstmalig wird auch Kirchners Schaffen nach 1918 vollumfänglich beleuchtet und den bekannten Werken der früheren Dresdner und Berliner Jahre gegenübergestellt. In seinem Schweizer Spätwerk Ende der 1920er Jahre offenbart sich Kirchners Neuerfindung als kompromissloser, progressiver Künstler, der bemüht war, einer sich stetig wandelnden Welt adäquaten Ausdruck zu verleihen.

Insgesamt versammelt die Ausstellung rund 220 Werke – 56 Gemälde, 72 Grafiken, vier Skizzenbücher, zehn Skulpturen, fünf Wirkereien, 45 Fotografien sowie 26 ethnografische Objekte von 40 Leihgebern aus sieben Ländern. Darunter sind zahlreiche bedeutende und selten ausgestellte Werke, wie die Gemälde „Der Trinker“ oder „Sitzendes Mädchen (Fränzi Fehrmann)“ und das von Kirchner für seine Lebensgefährtin Erna Schilling geschnitzte Bett sowie die Gelbguss-Platten aus Benin.

„Ernst Ludwig Kirchner ist einer der herausragenden Vertreter des deutschen Expressionismus. In der Ausstellung „Erträumte Reisen“ werden aber auch kontrovers diskutierte Aspekte seines OEuvres thematisiert, allen voran Kirchners künstlerische Rezeption außereuropäischer Kulturen sowie sein idealisierender Blick auf die alpine Schweizer Volkskultur. Die Ausstellung versammelt zahlreiche großartige, teils selten ausgestellte Werke, öffnet aber gleichzeitig eine kritische Perspektive auf den Künstler und sein Schaffen“, resümiert der Intendant Rein Wolfs.

Die Ausstellung Ernst Ludwig Kirchner. Erträumte Reisen wurde kuratiert von Katharina Beisiegel (Art Centre Basel) in Zusammenarbeit mit dem Kirchner Museum Davos und mit Dr. Thorsten Sadowsky und organisiert vom Art Centre Basel in Zusammenarbeit mit der Bundeskunsthalle.

Aus dem Rahmenprogramm: Filmvorführung und Talk – Millis Erwachen

Mit Natasha A. Kelly, Filmemacherin, und Rein Wolfs, Intendant der Bundeskunsthalle

Dienstag, 5. Februar, 19 Uhr

Millis Erwachen. 2018, Video, S/W, Ton, 45 Minuten

Information16. November 2018 bis 3. März 2019

Öffnungszeiten
Dienstag und Mittwoch: 10 bis 21 Uhr
Donnerstag bis Sonntag: 10 bis 19 Uhr
Feiertags: 10 bis 19 Uhr
Freitags für angemeldete Gruppen und
Schulklassen ab 9 Uhr geöffnet
Montags geschlossen

Eintritt regulär / ermäßigt / Familienkarte 10 € / 6,50 € / 16 €
Eintritt frei für alle Besucher/-innen bis einschließlich 18 Jahre und für Geflüchtete

„ZAHLE, WAS DU WILLST“ für Besucher bis einschließlich 25 Jahre: Dienstag und Mittwoch, 18 bis 21 Uhr

Happy-Hour-Ticket: 7 € für alle Ausstellungen, Dienstag und Mittwoch: 19 bis 21 Uhr, Donnerstag bis Sonntag: 17 bis 19 Uhr (nur für Individualbesucher)

Öffentliche Führungen
Samstags: 11 Uhr, Sonn- und feiertags: 15 Uhr, 60 Minuten
3 € / ermäßigt 1,50 €, zzgl. Eintritt, Teilnahmekarten sind im Voraus an der Kasse oder über Bonnticket im Vorverkauf erhältlich.
 
Führungen für Kinder
Sonn- und feiertags: 15 Uhr, 60 Minuten, Teilnahme frei mit Eintrittskarte.
Teilnahmekarten sind am Führungstag an der Kasse erhältlich (max. 15 Tickets).

In Kooperation mit Anh Trieu, Henning Fehr und Philipp Rühr. Mit Diana Hartmann, Maciré Bakayoko, Maseho, Nadu Hormann, Naomi Beukes-Meyer, Patricia Vester, Sandrine Micossé-Aikins und Zari Harat. Courtesy Natasha A. Kelly. Im Auftrag und koproduziert von der 10. Berlin Biennale for Contemporary Art.

Eintritt: 9 €/ermäßigt 6 €, Karten an der Abendkasse

1911 malte Ernst Ludwig Kirchner die „Schlafende Milli“ nackt auf einer Couch liegend. Die Kuratorin Natasha A. Kelly hat sich filmisch mit Kirchners Gemälde auseinandergesetzt. Sie lässt Milli sinnbildlich erwachen, indem sie ihr eine Stimme gibt und sie aus der Objektposition befreit. In ihrem Film kommen acht Schwarze Frauen verschiedener Generationen zu Wort und berichten von ihren Auseinandersetzungen mit der andauernden kolonialen Kontinuität Deutschlands. Im Anschluss an die Filmvorführung geht Natasha A. Kelly im Gespräch mit Rein Wolfs der Frage nach, wie Schwarze deutsche Frauen wahrgenommen werden und wo ihre heutige Position in der Gesellschaft, insbesondere in der Kunst ist.

Natasha A. Kelly hat als promovierte Kommunikationswissenschaftlerin und Soziologin mit den Forschungsschwerpunkten Kolonialismus und Feminismus an zahlreichen Hochschulen in Deutschland und Österreich gelehrt und geforscht. Neben ihrer beratenden Tätigkeit für verschiedene Kunstinstitutionen ist sie die künstlerische Leiterin der Theaterreihe „M(a)y Sister“, die seit 2015 am HAU Hebbel am Ufer-Theater in Berlin aufgeführt wird. Ihr Debütfilm „Millis Erwachen (2018) lief von Juni bis September 2018 auf der 10. Berlin Biennale und wird von Oktober 2018 bis März 2019 im Museum für Moderne Kunst MMK Frankfurt zu sehen sein. Eine gleichnamige Publikation ist am Veranstaltungsabend und im Buchhandel erhältlich.

Quelle: Bundeskunsthalle Bonn
www.bundeskunsthalle.de