Neues Mausmodell für Erforschung von Covid-19 entwickelt

Auf der Suche nach immer besseren adäquaten Krankheitsmodellen hat eine Forschungsgruppe an der MedUni Wien ein neues Covid-19-Mausmodell entwickelt.

Ob es um die Mechanismen der Erkrankung geht oder um die Entwicklung wirksamer und sicherer Impfstoffe, Medikamente und Therapien: Auch bei der Erforschung von Covid-19 spielen adäquate Krankheitsmodelle eine bedeutende Rolle. Auf der Suche nach immer besseren Tools hat eine Forschungsgruppe um Sylvia Knapp, Leiterin des Forschungslabors Infektionsbiologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien, ein neues Covid-19-Mausmodell entwickelt, das in der kürzlich im Fachjournal „eLife“ publizierten Studie vorgestellt wird.

Weil sich das Immunsystem von Mäusen und Menschen in vielerlei Hinsicht ähnelt, haben Mausmodelle gerade auch in der Erforschung von Covid-19 einen hohen Stellenwert. Dabei bestand das Problem, dass Mäuse aufgrund einer genetischen Besonderheit nicht bzw. nur schwer mit SARS-CoV-2 infiziert werden können. Der Grund: Der Eintrittsrezeptor ACE2, an den das Coronavirus mit seinen typischen Spike-Proteinen andockt, ist bei den Tieren anders gestaltet als bei Menschen.

Eintrittspforte für Coronavirus

ACE2 (Angiotensin Converting Enzyme 2) befindet sich in der Außenmembran von Körperzellen, wo es bei der Regulation des Blutdrucks mitwirkt und so eine Schutzfunktion für das Herz-Kreislauf-System hat. Für SARS-CoV-2 ist ACE2 die Pforte zum Eintritt in die Zellen, um diese zu infizieren. Ob und wie effizient das Virus eine Spezies infizieren kann, hängt davon ab, wie gut es mit seinem Spike-Oberflächenprotein an ACE2 binden kann. Aufgrund genetischer Unterschiede weist ACE2 bei Mäusen eine andere Struktur auf als beim Menschen, weshalb Mäuse resistenter gegen eine Infektion mit SARS-CoV-2 sind.

Infektion durch Spike-Mutationen möglich

Einem interdisziplinären Forschungsteam um Sylvia Knapp ist es nun gelungen, in Kollaboration mit den Gruppen von Josef Penninger (IMBA, Institut für molekulare Biotechnologie), Chris Oostenbrink (BOKU), Andreas Bergthaler und Hannes Stockinger (MedUni Wien) ein neues Mausmodell zur Erforschung von Covid-19 zu entwickeln.

Dieses beruht auf Virusmutationen von SARS-CoV-2, wodurch das Virus seine Spike-Proteine so verändert hat, dass es gut an den ACE2-Rezeptor der Mäuse binden kann. Nur drei Mutationen im viralen Spike-Protein waren notwendig, um eine effiziente Infektion und Vermehrung in Mäusen zu gewährleisten. Dadurch können die Tiere infiziert werden und auch entsprechende Krankheitssymptome entwickeln, sodass sie als Modelle zur Erforschung von Covid-19 herangezogen werden können.

So konnte zum Beispiel im Rahmen der aktuellen Studie gezeigt werden, dass die inhalative Gabe von synthetischem ACE2 vor Infektionen mit SARS-CoV2 schützen kann. Des Weiteren konnten körpereigene Stoffe identifiziert werden (Interferon-g und Tumornekrosefaktor TNF), durch deren Blockade der Verlauf der Erkrankung deutlich abgemildert werden kann.

Covid-19-Forschung weiter vorantreiben

Dieses neue Mausmodell versteht sich als wertvolles Instrument, um die Forschung der Mechanismen von Covid-19 sowie die Entwicklung von Vakzinen, Medikamenten und Therapien weiter voranzutreiben, wie die Erstautoren der Studie, Riem Gawish und Philipp Starkl von der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien, betonen.

Im Gegensatz zu bestehenden Covid-19 Mausmodellen, kann dieses neue Tool ohne weitere Manipulationen in gängigen Labormauslinien eingesetzt werden, wobei je nach Virus-Dosierung sowohl milde als auch schwere Krankheitsverläufe zu Forschungszwecken modelliert werden können.

Literatur:

Gawish R et al. eLife (2022). Doi: 10.7554/eLife.74623

Quelle: Medizinische Universität Wien