Todesursachenstatistik 2020 – wer starb an, wer starb mit Corona?

Mit der Todesursachenstatistik 2020 will das Statistische Bundesamt unter anderem die Frage beantworten, wer an oder wer mit einer COVID-19-Erkrankung starb.

Jährlich werden Daten für die Todesursachenstatistik vom Statistischen Bundesamt gesammelt. Meist im Spätsommer eines Jahres wird dann die Statistik bezüglich des Vorjahres veröffentlicht. Mit der Todesursachenstatistik 2020 will das Statistische Bundesamt unter anderem eine Pandemie-Analyse im Hinblick auf das Sterbegeschehen in Deutschland bieten. Gerade die Frage, wer an oder wer mit COVID-19-Erkrankung starb, beschäftigt viele und soll von der Statistik beantwortet werden.

Die allgemeine Sterblichkeit stieg im Jahr 2020 an

Normalerweise geht die allgemeine Sterblichkeit der deutschen Bevölkerung von Jahr zu Jahr zurück; im Zuge der Corona-Krise stieg die Sterblichkeit in Deutschland jedoch an. Im Jahr 2020 starben in Deutschland rund 985.600 Menschen. Gerade im Vergleich zu 2019 wird der Einfluss der Pandemie auf die Sterbefallzahlen deutlich: sie stiegen um 5 % an. Der vorher errechnete und eigentlich aufgrund einer alternden Gesellschaft erwartete Anstieg von nur 2 % wurde also stark überschritten.

Weitet man den Blick und betrachtet die ersten zwölf Monate der Pandemie – also den Zeitraum von März 2020 bis Februar 2021 – im Vergleich mit den vorangegangen zwölf Monaten, stiegen die Sterbefallzahlen sogar um 7,5 % an, also fast um 71.000 Fälle. Dieser Anstieg ist nicht alleine mit der Alterung der Gesellschaft erklärbar, sondern ist eine direkte Folge der Corona-Pandemie.

Wer starb an, wer mit Corona?

Für eine adäquate Betrachtung der Todesursachen muss zwischen COVID-19 als Grundleiden und COVID-19 als Begleiterkrankung unterschieden werden.

Als Grundleiden wird eine Erkrankung definiert, die als die für den Tod ausschlaggebende Todesursache gilt. Eine Begleiterkrankung wird nicht als Haupttodesursache als solche gewertet, sondern als Erkrankung, die zum Tod beigetragen hat.

Laut Todesursachenstatistik starben im Jahr 2020 39.758 Menschen in Deutschland an COVID-19 als Grundleiden. Mit COVID-19 als Begleiterkrankung starben der Statistik nach 8.102 Menschen. Zusammen waren das 47.860 Verstorbene, bei denen COVID-19 entweder als Grundleiden die Haupttodesursache war (83 %) oder als Begleiterkrankung zum Tod beigetragen hat (17 %).

Zum Vergleich: Das RKI verzeichnet im Jahr 2020 in seiner Statistik 41.604 COVID-19-Todesfälle. Alleine im Dezember 2020 forderte die zweite Welle mit 21.138 Todesfällen gut 53 % aller an COVID-19 Verstorbenen des Jahres 2020. Das waren mehr als dreimal so viele wie im April.

Woher kommt die Differenz zwischen Todesursachenstatistik und RKI-Zahlen?

Die Differenz zwischen der Todesursachenstatistik und den vom RKI veröffentlichten Zahlen entsteht durch die unterschiedlichen Meldesysteme. Die Gesundheitsbehörden melden COVID-19-Todesfälle gemäß Infektionsschutzgesetz an das RKI. In die RKI-Statistik fließen demnach alle Verstorbenen als COVID-19-Todesfälle ein, die zum Todeszeitpunkt laborbestätigt mit dem Coronavirus infiziert waren und infolge dieser Infektion verstorben sind.

Im Unterschied dazu erfasst die Todesursachenstatistik einerseits Todesfälle, bei denen COVID-19 durch einen Labortest nachgewiesen und als Grundleiden identifiziert wurde (38.510 Fälle; 4,0 % aller Todesfälle im Jahr 2020). Andererseits kommen noch 1.248 Fälle hinzu, in denen COVID-19 zwar nicht im Labor nachgewiesen, aber nach klinisch-epidemiologischer Einschätzung diagnostiziert und als Grundleiden dokumentiert wurde, beispielsweise, wenn der Arzt auf der Todesbescheinigung „Verdacht auf COVID-19“ oder „fragliche COVID-19-Erkrankung“ notiert hat.

Schließlich fließen in die Statistik ebenso die bereits genannten 8.102 Fälle ein, bei denen COVID-19 auf der Todesbescheinigung als Begleiterkrankung festgehalten wurde. So kommt letztlich die Summe der 47.860 an (Grundleiden) oder mit (Begleiterkrankung) COVID-19 Verstorbenen zustande.

WICHTIG

Es ist nicht gänzlich auszuschließen, dass durch Fehler in der Todesdiagnostik durch Ärzte einzelne Todesbescheinigungen fehlerhaft und die Statistik somit leicht verfälscht sein könnten.

 

Welche Vorerkrankungen hatten die an COVID-19 Verstorbenen?

Das Notieren von Begleiterkrankungen, sogenannte multikausale Todesursachen, auf den Todesbescheinigungen ermöglicht die umfassende Ursachenforschung insbesondere bei multimorbiden (= an mehreren Vorerkrankungen leidenden) älteren Verstorbenen.

Vor- bzw. Begleiterkrankungen der an COVID-19 Verstorbenen

Rang

Erkrankung

Prozent

1

Hypertonie (Hochdruckkrankheit)

21,13 %

2

organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen

20,60 %

3

sonstige Formen der Herzkrankheit (ohne Herzstillstand und Herzinsuffizienz)

17,63 %

4

Niereninsuffizienz (ohne akutes Nierenversagen)

16,46 %

5

Diabetes mellitus

15,50 %

 

Bei den im Jahr 2020 an COVID-19 als Grundleiden verstorbenen Personen wurden vielfältige Vorerkrankungen vermerkt, vor allem Volkskrankheiten, die einen Großteil der Bevölkerung im höheren Alter betreffen. Am häufigsten waren dies Herzkrankheiten wie Bluthochdruck (Hypertonie) und Vorhofflimmern oder -flattern, aber auch Demenz, gefolgt von Niereninsuffizienz und Diabetes mellitus.

In der älteren Bevölkerung ist das Risiko eines tödlichen Verlaufs größer

Die Altersverteilung der an COVID-19 als Grundleiden Verstorbenen zeigt deutlich das erhöhte Risiko für einen tödlichen Verlauf von COVID-19 in der älteren Bevölkerung. Von den fast 40.000 im Jahr 2020 an COVID-19 Verstorbenen waren 7,4 % 60- bis 69-Jährige, 19,5 % waren 70- bis 79-Jährige und 70 % waren 80 Jahre und älter. Mit einem Durchschnittsalter von 82,2 Jahren (Männer: 80,0 Jahre, Frauen: 84,7 Jahre) waren demnach rund 97 % älter als 60 Jahre.

In der Altersgruppe zwischen 85 bis 89 Jahren starben daher 5 % der gesamten Verstorbenen an COVID-19. COVID-19 war damit die dritthäufigste Todesursache in dieser Altersgruppe. Häufigste Todesursache war die chronische ischämische Herzkrankheit (10 %), zweithäufigste war eine nicht näher bezeichnete Demenz (7 %) der Verstorbenen.

Männer sind etwas häufiger betroffen

Bezogen auf das Geschlecht sind Männer mit insgesamt 52,7 % der an COVID-19 Verstorbenen etwas häufiger an COVID-19 gestorben als Frauen. Auch die Verteilung nach Altersgruppen zeigt, dass insbesondere in jüngeren Altersgruppen besonders viele Männer an COVID-19 verstarben.

So waren in der Altersgruppe von 30 bis 69 Jahren der an COVID-19 Verstorbenen über 70 % Männer.

Zahl der Suizide 2020 blieb nahezu unverändert

Die Frage, ob durch die Corona-Maßnahmen das zweifellos entstandene individuelle psychische Leid mehr Menschen als in anderen Jahren dazu veranlasst hat, sich das Leben zu nehmen, wird berechtigterweise viel diskutiert. Laut der Todesursachenstatistik gab es im Jahr 2020 im Vergleich zu den Vorjahren keinen auffälligen Anstieg der Zahl der Suizide.

Im Gegenteil: mit 9.206 Menschen in Deutschland, die ihr Leben durch einen Suizid beendeten, ist das der zweit-niedrigste Wert seit 1980. Noch niedriger war bislang nur 2019 mit 9.041 Suizid-Fällen. Der Anteil der Suizide an allen Todesursachen sank von 1,08 % im Jahr 2016 über 0,96 % im Jahr 2019 auf 0,93 % im Jahr 2020 kontinuierlich ab und zeigt somit eine glücklicherweise rückläufige Entwicklung.

Literatur:

Unger C, zur Nieden F, Böhm K, Schelhase T (2021, 9 Dezember). COVID-19: Sterbefälle, Todesursachen und Krankenhausbehandlungen in Zeiten der Pandemie – eine Analyse aus der amtlichen Statistik  [Statement].

Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis)