Wissenswertes über Elektroinstallationen in Arztpraxen

Im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Artikel „Wissenswertes über Sanitärinstallationen“ möchten wir Ihnen einen Überblick zum Thema Elektroinstallation in Arztpraxen verschaffen. Wie immer erwähnt, gibt es einen Unterschied zwischen Räumen in Bestandsgebäuden und Räumen, die gerade in einem Neubau geplant werden. Der Umgang mit bereits vorhandenen Dingen ist umfangreicher und komplexer, daher liegt unser Augenmerk hier auf Bauen im Bestand.

Der erste Schritt zur Beantwortung jeder Fragestellung auch in der Architektur ist die Anamnese. Für die Elektroinstallation bedeutet das die Untersuchung der vorhandenen und eingebauten Dinge und umfasst die Prüfung:

  • der Stromzufuhr
  • des Sicherungskastens
  • der Stromkreise
  • der Leitungslegung
  • des verbauten Materials und
  • der Geräte, die derzeit angeschlossen sind.

Schon für diese Elektro-Prüfung muss ein Elektroinstallateur involviert sein. In der Regel kommt er hinzu, nachdem zwischen Bauherr und Architekt der Wunsch nach Veränderung konkret besprochen wurde und der Architekt die Fläche bereits gesehen hat. Gemeinsam mit dem Installateur kann dann vor Ort die grobe Planung besprochen werden. Im besten Fall verfährt man mit dem Sanitärinstallateur genauso – auch hier entscheidet das Ergebnis der Anamnese über die Möglichkeiten der geplanten Veränderungen.
Als nächster Schritt folgt die konkretere Planung der Wunschfläche. Hier werden weitere Punkte einbezogen wie beispielsweise neue Geräte und neue Anschlusstechnik in Zusammenhang mit möglichen Raumveränderungen in Nutzung und Größe.

Der Stromkreisverteiler

Jede Nutzungseinheit muss einen eigenen Stromkreisverteiler aufweisen. Dieser ist meist in der jeweiligen Fläche untergebracht. Sollte der Verteiler im Kellergeschoss liegen, ist es empfehlenswert, diesen vor dem Zugriff fremder Personen zu schützen.
In Bestandsgebäuden kann es vorkommen, dass Einheiten in Größe und Aufteilung geändert wurden, ohne die Installationen anzupassen. Aus diesem Grund ist eine Prüfung zu Beginn wichtig, ob tatsächlich keine anderen Flächen mit an Ihrer Fläche hängen.


Wichtig: Alte Verteiler können nicht immer mit den neuesten Sicherungen, weiteren Stromkreisen oder einem Überspannungsschutz nachgerüstet werden. Auch das muss im Vorfeld untersucht werden, da es sonst zu unerfreulichen Mehrkosten und Verzögerungen während der Baumaß­nahme kommen kann.


Die Leitungsverlegung

Für die Verlegung von Elektroleitungen gibt es genaue Regeln, die in DIN-Normen und VDE-Bestimmungen detailliert beschrieben sind. Grundsätzlich sind alle Leitungen vor Beschädigungen zu schützen.
Um die Gefahr zu minimieren, verdeckt liegende Kabel in Bestandsgebäuden anzubohren, wurden schon vor etlichen Jahren Verlegevorgaben erstellt. Leitungen müssen beispielsweise 30 cm oberhalb des Fuß­bodens und unterhalb der Decke verlaufen; sie dürfen nur senkrecht oder waagerecht verlegt werden. Bei einem Lichtschalter wird die Stromzufuhr demnach senkrecht von unten oder senkrecht von oben laufen. In älteren Gebäuden liegen Leitungen teils schräg in Wänden oder Decken. Hier ist Vorsicht geboten.

Die Leitungsverlegung erfolgt in der Regel unter Putz, wobei größtenteils Wände und Decken entsprechend tief geschlitzt sind; bitte hier immer die Statik prüfen. Um neue Stränge zu verlegen, können diese vorhandenen Wege wiederverwendet werden (mit dem Einhalten der aktuellen Regeln). Werden neue Wände errichtet, sind diese oft als Ständerwerkswand geplant. Die vorhandenen Hohlräume können der Leitungsverlegung dienen; gleiches gilt für abgehangene Decken.

Gibt es keine Möglichkeit neue Leitungen zu „verstecken“, ist ein sehr verbreitetes Mittel der Verlegung der Brüstungs­kanal. Das ist optisch oftmals nicht schön (!) und kann meist in einem Sockelleistenkanal ästhetisch ansprechender und weniger markant ausgeführt werden. Dafür gibt es fertige und durchdachte Systeme von zahlreichen Herstellern.
Provisorisch anmutende Kabelkanälchen oder offene Kabelführungen sind unbedingt zu vermeiden. Kommen neue Geräte in Nutzung und sind neue Kabelleitungen erforderlich, ist ein Austausch mit einem Architekten oder Innenarchitekten ratsam. Es gibt Elektroinstallateure, die nicht immer Wert auf eine gute Optik legen; aber diese spiegelt immer den Gesamteindruck und die Qualität der Praxis wider.

Stromleitungen

Wie eingangs erwähnt, raten wir vorab zu einer gründlichen Prüfung des vorhandenen Leitungsnetzes. In Bestandsgebäuden findet man oft veraltete Elemente wie beispielsweise Relais oder 3-adrige Leitungen. Das kann zu Problemen bei neuen Geräten oder neuer Beleuchtung führen.

Praxisbeispiel zu Stromleitungen

In einer Praxis sollen neue LED-Leuchten zum Einsatz kommen, welche zusätzlich gedimmt werden sollen. Diese benötigen zur Versorgung jedoch ein 5-adriges Kabel. Auf eine Erneuerung der Verkabelung kann aber unter Umständen verzichtet werden, da einige Hersteller Zwischenmodule entwickelt haben, die als Schnittstelle zwischen alt und neu den Strom so verändern, dass die Leuchte „denkt“ der Strom kommt aus einem 5-adrigen Kabel. Oft sind diese Module jedoch nicht im Leuchtenkörper unterzubringen; ihre Positionierung muss daher in die Planung einbezogen werden.

 

Netzwerkleitungen und Server

Die Verlegung eines Netzwerks ist mittlerweile Standard und in jeder Praxis notwendig. Sicherlich schwierig ist der Punkt, dass diese CAT-­Kabel regelmäßig verbessert werden. Heute ist beispielsweise das CAT 7- und CAT 8-Kabel gängig. Bei Modernisierungen von Praxen wird das Netzwerk in der Regel mit neuen Leitungen aufgebaut, damit das Gesamt-System nur einen Kabeltyp aufweist. Kommen Grundriss­änderungen hinzu, ist im Vorfeld zu klären, wo welche Arbeitseinheiten stehen und eventuell hinzukommen.

Anzahl der Anschlüsse

Pro Arbeitsplatz an der Anmeldung können beispielsweise sechs Anschlüsse einkalkuliert werden; ein Arbeitsplatz in einem Sprech- und Untersuchungsraum sollte mindestens vier Anschlüsse aufweisen – bitte vorher die individuelle Geräte­anzahl überschlagen. Zusätzlich zu Geräten in anderen Bereichen, welche ebenfalls an das Praxisnetzwerk angeschlossen werden müssen, kommt so schnell einiges an Kabeln zusammen. Spätestens dort wo die Leitungsstränge zusammenlaufen – vor dem Netzwerkschrank – sind Kabelpakete mit Durchmessern von bis zu 30 cm keine Seltenheit. Diese müssen untergebracht werden und der Platzbedarf ist bei der Planung zu berücksichtigen.

Platzbedarf

Bedingt durch die große Anzahl an Anschlüssen sind Netzwerk- bzw. Serverschränke notwendig. Hier werden die Patchpanels eingesteckt und die Netzwerkkabel angeschlossen. Je nach Anforderung variieren die notwendigen Schrankgrößen. Hier ist ebenfalls der Platzbedarf für eine gute Bedienbarkeit zu berücksichtigen. Erreicht der Netzwerkschrank eine gewisse Größe, ist es zudem notwendig den Raum konstant zu kühlen, sofern dieser in einem fensterlosen Raum untergebracht ist.

Anschluss medizinischer Geräte

In vielen Fachbereichen werden medizinische Geräte wie beispielsweise Ultraschall mit PC und Bildschirmen verbunden. Jeder kennt den daraus entstehenden Kabel­salat, über den im ungünstigsten Fall ständig gestiegen werden muss. Um Stolperfallen zu verhindern, ist im Zuge der Planung vorzudenken: Welche Geräte werden wo benötigt und wie können diese aufgestellt und bedient werden?
Die gezielte Verwendung von Leerrohren bietet über einen langen Zeitraum Möglichkeiten, mit neuen Kabeln und Anschlüssen zurechtzukommen. Die Verlegung kann ohne Schwierigkeiten in Ständerwerkswänden und Abhangdecken erfolgen; eine Verlegung in einem bestehenden Boden muss allerdings konkret geprüft werden.

Steckdosen

In den meisten Praxen gibt es zu wenig Steckdosen. Oftmals wird dann automatisch zu einer Steckdosenleiste gegriffen. Das ist unzulässig! Um diesen Leisten entgegenzuwirken, kann der Elektroinstallateur prüfen, wie viele Geräte an dem jeweiligen Stromkreis angeschlossen werden können, ohne eine Überspannung zu erzeugen. Denn an einem Stromkreis können in der Regel mehrere Steckdosen hängen; ggf. kann aus einer Einfachdose eine Mehrfachdose gemacht werden. Bei Netzwerkkabeln jedoch gilt: ein Gerät – ein Kabel.

Resümee

Der Umgang mit Elektroleitungen und elektronischen Geräten ist ein begleitendes Thema Ihrer beruflichen Selbstständigkeit. Die technische Entwicklung bringt immer wieder neue Behandlungs- und Untersuchungsmöglichkeiten mit sich. Entsprechend gibt es laufend Änderungen und Ergänzungen in Ihrer Praxis und in Ihrem Arbeitsablauf.

Nicht alles kann punktgenau und viele Jahre im Voraus erahnt werden, aber vieles kann vorgedacht werden. Verschaffen Sie sich einen genauen Überblick über die Räume, in denen Sie praktizieren oder praktizieren möchten. Wenn Sie in eine (Um-)Planung einsteigen, denken Sie schon früh über die zu integrierende Technik und über sinnvolle Arbeitsabläufe nach. Kommt noch ein guter Planer hinzu, ist das eine sehr gute Grundlage für eine erfolgreiche Baumaßnahme.

Anja Knoop Dipl.-Ing. (FH)
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