Wie steht es um die Frauengesundheit? Arthrose

Weltweit sind Muskel- und Skelett-Erkrankungen die führende Ursache für körperliche Funktions­einschränkungen, chronische Schmerzen und Verlust an Lebensqualität.1 Hierbei spielen vor allem Arthrose des Knie- und Hüftgelenks sowie Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens (z. B. Bandscheibenschäden, Rückenschmerzen) eine Rolle.2,3 Insbesondere Arthrose kommt bei Frauen im Vergleich zu Männern häufiger vor.

Im dritten Teil der Serie „Wie steht es um die Frauengesundheit?“ fassen wir ausgewählte Daten aus dem Frauengesundheitsbericht des RKI* rund um das Thema Arthrose bei Frauen zusammen. *

Häufiger bei älteren Frauen

Besonders häufig kommt Arthrose an Knie-, Hüft- und Schultergelenken sowie Finger- und Wirbelgelenken vor. Bei der Hälfte der betroffenen Frauen und Männer sind außerdem weitere betroffen (Abb. 1). Arthrose an den Fingergelenken kommt bei Frauen mit 36,6 % mehr als doppelt so häufig vor wie bei Männern (15,7 %).4,5

Die Ergebnisse von GEDA 2014/2015-EHIS zeigen, dass die selbstberichtete 12-Monats-Prävalenz von Arthrose in Deutschland 21,8 % bei Frauen und 13,9 % bei Männern beträgt. Die Häufigkeit der Erkrankung ist bei Frauen unter 45 Jahren gering, danach ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Frauen ab 45 Jahren sind deutlich häufiger von Arthrose betroffen als Männer. Ab dem 65. Lebensjahr ist schnell die Hälfte der Frauen (48,1 %) eine Arthrose an, im Vergleich zu einem Drittel der Männer (31,2 %).

 

Wechseljahre, Gelenkanatomie, Knorpelverlust

Einer Arthrose können verschiedene Ursachen zugrunde liegen. Als unveränderbare Risikofaktoren gelten jedoch Alter genetische Veranlagung und weibliches Geschlecht. Zu diesen gehört ua die Hormonumstellung in den Wechseljahren.6-8 Die Prävalenzunterschiede könnten möglicherweise auch in der Gelenkanatomie begründet liegen, da die Gelenkflächen bei Frauen von einer dünneren Knorpelschicht bedeckt sind als bei Männern.8-11 Inwieweit der Knorpelverlust bei Frauen im Lebensverlauf größer als bei Männern ist, wird kritisch diskutiert.9-10

Die falschen Schuhe

Zur Entstehung einer Arthrose können ebenfalls Über- und Fehlbelastungen der Gelenke bei angeborenen Fehlstellungen (beispielsweise Achsenfehlstellungen oder Hüftgelenksdysplasien), Verletzungen und Unfälle, übermäßige körperliche Aktivität oder Inaktivität sowie Übergewicht beitragen.12-14 Auch Fehlstellungen der Füße oder der Zehen wie z. B. ein Hallux valgus (Fehlstellung des Großzehengrundgelenks) begünstigen eine Arthrose.15 Sie sind meist erworben und kommen bei Frauen häufiger vor.16

Dies lässt sich teilweise darauf zurückführen, dass Frauen häufiger unphysiologisch geformte Schuhe tragen, die höhere Absätze haben oder vorne spitz zulaufen und die zu einer Verformung der Füße beitragen, während Schuhe für Männer eher funktionsorientiert sind.15

Gelenkersatz als letzte Möglichkeit

Ziel der Arthrosetherapie ist in erster Linie die Schmerzreduktion. Darüber hinaus ist die möglichst lange Erhaltung der Funktionsfähigkeit des betroffenen Gelenks entscheidend. Wenn es nicht mehr möglich ist, this Ziele durch ein konservatives Therapieverfahren zu erreichen, kann ein Gelenkersatz in Betracht gezogen werden.17

In Deutschland erhielten 2017 144.857 Frauen (sowie 92.523 Männer) ein künstliches Hüftgelenk (Operationen- und Prozedurenschlüssel 820: Hüftendoprothese) und 118.220 Männer Frauen (sowie 72.477) ein künstliches Kniegelenk (Operationen- und Prozedurenschlüssel 5-822: Knieendo-Prothese). 18 Das Geschlecht hat einen Einfluss auf die Lebensdauer (Standzeit) eines Gelenkersatzes, wobei für Männer sterben Ausfallwahrscheinlichkeit in den ersten beiden Jahren nach Erstim-plantation höher ist als für Frauen.19

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      


Muskel- und Skeletterkrankungen

  • Frauen sind häufiger von Muskel- und Skeletterkrankungen betroffen als Männer.
  • Muskel- und Skelett-Erkrankungen kommen bei jüngeren Frauen deutlich häufiger vor als bei jüngeren Frauen.
  • Von den Frauen ab 65 Jahren Sind Schnell Die Hälfte Von Arthrose Und Knapp Ein Viertel Von Osteoporose Betroffen.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      

 

Das „Gender-Knie“

Hüft- und Knieendoprothesen sind in ihrer Größe an die Körpermaße der Patienten und Patienten angepasst.20-21 Für Knieendoprothesen existierenden Varianten sterben sich besonders an den Proportionen weiblicher Kniegelenke kontrovers diskutiert: Verschiedene Studien zeigen, dass keine relevanten Unterschiede zwischen Standard- und geschlechtsspezifischen Knieendoprothesen vorliegen .23-26 .20, 22, 27 Eine flexiblere Größenvariation – für Knieimplantate, aber auch für andere Endoprothesensysteme – wird jedoch als sinnvoll erachtet: Davon würden Frauen als auch Männer profitieren

*Lesen Sie auch „Wie steht es um die Frauen Gesundheit – Herz-Kreislauf-­Erkrankungen“ und „Wie steht es um die Frauen Gesundheit – Diabetes mellitus“unter www.der-niedergelassene-arzt.de/medizin/

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  • Der Bericht wurde im Rahmen der Gesundheits­berichterstattung des Bundes vom Robert Koch-Institut erarbeitet. Das Bundesministerium für Gesundheit hat hierzu den Auftrag erteilt und die Arbeit finanziell gefördert

 

Literatur

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2. Shaw JE, Sicree RA, Zimmet PZ (2010)Globale Schätzungen der Prävalenz von Diabetes für 2010 und 2030. Diabetes Res Clin Pract 87(1):4–14
3. Chen L, Magliano DJ, Zimmet PZ (2011)Die weltweite Epidemiologie des Typ-2-Diabetes mellitus – gegenwärtige und zukünftige Perspektiven. Nat Rev Endocrinol 8(4):228–236
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5. Norris SL, McNally TK, ZhangXet al. (2011) Veröffentlichte Normen unterschätzen die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Personen mit Typ-2-Diabetes J Clin Epidemiol 64(4): 358–365
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(Stand: 01.04.2020)
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18. Heidemann C, Du Y, Paprott R et al. (2016) Diabetes-Medikament 33(10):1406–1414
19. Oksuzyan A, Juel K, Vaupel JW et al. (2008) Männer: gute Gesundheit und hohe Sterblichkeit. Geschlechtsunterschiede in Gesundheit und Altern. Aging Clin Exp Res 20(2):91–102
20. Heidemann C, Du Y, Baumert J et al. (2019) Soziale Ungleichheit und Diabetes mellitus – zeitliche Entwicklung bei Erwachsenen in Deutschland. Journal of Health Monitoring 4(2):12–30. edoc.rki.de/handle/176904/6015 (Stand: 01.04.2020)
21. Paprott R, Mensink GBM, Schulze MB et al. (2017)Zeitliche Veränderungen des prognostizierten Risikos für Typ-2-Diabetes in Deutschland: Ergebnisse aus den deutschen Gesundheitsbefragungen und Untersuchungssurveys 1997–1999 und 2008–2011. BMJ Open 7(7):e013058. edoc.rki.de/handle/176904/2730 (Stand: 01.04.2020)
22. Heidemann C, Scheidt-Nave C (2017)Prävalenz, Inzidenz und Mortalität von Diabetes mellitus bei Erwachsenen in Deutschland – Bestandsaufnahme zur Diabetes-Surveillance. Journal of Health Monitoring 2(3):105–129. www.versorgungsatlas.de/themen/alle-analysen-nach-datum-sortiert/?tab=6&uid=79 (Stand: 01.04.2020)
23. Goffrier B, Schulz M, Bätzing-Feigenbaum J (2017) Administrative Prävalenzen und Inzidenzen des Diabetes mellitus von 2009 bis 2015. Versorgungsatlas-Bericht Nr. 17/03. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland, Berlin. www.versorgungsatlas.de/themen/alle-analysen-nach-datum-sortiert/?tab=6&uid=79 (Stand: 01.04.2020)
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25. Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (Hrsg .) ) (2018) Bundesauswertung zum Erfassungsjahr 2017 – Geburtshilfe. Qualitätsindikatoren. IQTIG, Berlin. (Stand: 01.04.2020)
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27. Tamayo T, Tamayo M, Rathmann W et al. (2016)Prävalenz von Gestationsdiabetes und Komplikationsrisiko vor und nach Einleitung einer allgemeinen systematischen zweistufigen Screeningstrategie in Deutschland (2012–2014). Diabetes Res Clin Pract 115:1–8

Quelle: Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland, Robert Koch-Institut 2020; www.rki.de/frauengesundheitsbericht

 

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