Fehlerkorrektur an der DNA sabotiert Krebstherapie

Ein Forschungsteam aus Marburg und München hat mehrere Gene identifiziert, die Fehler im Programmcode von Krebszellen korrigieren, was die Krebszellen unempfindlich gegen Medikamente macht. Die Ergebnisse bergen auch die Chance, eines der Resistenzgene unwirksam zu machen und so einer medikamentösen Behandlung zum Erfolg zu verhelfen.

Zitierweise: HAUT 2022;33(3):146.

Das berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um den Marburger Mediziner Professor Andreas Neubauer im Fachblatt „HemaSphere“. „Akute Leukämien gehören zu den aggressivsten Tumorerkrankungen, die man beim Menschen kennt“, erklärt Leitautor Andreas Neubauer, der den Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Immunologie an der Philipps-Universität Marburg leitet. Ohne Therapie verlaufen Leukämien oft innerhalb weniger Wochen tödlich.

„Krebspatienten werden heute ganz überwiegend mit Medikamenten behandelt“, legt der Onkologe dar. Bei akuter myeloischer Leukämie setzt die Medizin oft auf das Krebsmedikament Cytarabin. Der Wirkstoff wird als falscher Baustein in die DNA der Krebszellen eingebaut, die sich aufgrund dessen nicht vermehren können. „Eines der größten Probleme bei Krebs sind jedoch Resistenzen gegenüber Chemotherapeutika“, führt Neubauers Mitarbeiterin Dr. Miriam Rehberger aus, die Erstautorin des Fachaufsatzes.

Um Gene zu finden und zu charakterisieren, die für Resistenzen gegen Cytarabin verantwortlich sind, nutzte der Krebsmediziner die Zusammenarbeit mit Professor Thorsten Stiewe und dessen Arbeitsgruppe am Institut für Molekulare Onkologie der Philipps-Universität. Die Tumor- und Entzündungsforschung bildet einen Forschungsschwerpunkt der Marburger Universitätsmedizin.

Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchten systematisch nach Genen, die dafür verantwortlich sind, dass Krebszellen nicht auf Cytarabin ansprechen.

Die Forschungsgruppe identifizierte drei Gene, die zur Reparatur des Erbträgers DNA beitragen und damit den Effekt des Krebsmedikaments zunichte machen. Durch weitergehende Untersuchungen fand das Team außerdem heraus, dass zwei der gefundenen Gene über denselben Mechanismus wirken: Sie beeinflussen die Aktivität eines Enzyms, das Fehler in der DNA ausmerzt. „Blockiert man dieses Enzym, so erhält man dasselbe Resultat, wie wenn man die von uns identifizierten Gene stilllegt“, erläutert Neubauers Mitarbeiter Dr. Jonas A. Schäfer, der sich die Erstautorenschaft mit Rehberger teilt. Patientinnen und Patienten mit akuter myeloischer Leukämie haben bislang schlechte Chancen auf einen Behandlungserfolg mit Cytarabin, sofern die gefundenen Resistenzgene bei ihnen sehr aktiv sind.

Wirkung der Resistenzgene ist hemmbar

Das Forschungsteam stieß jedoch auch auf eine Möglichkeit, die Wirkung der Resistenzgene zu überwinden: Denn deren Genprodukte müssen in der Zelle chemisch verändert werden, um ihre Aktivität zu entfalten. Der erforderliche Umwandlungsschritt lässt sich aber durch Verabreichung eines Hemmstoffs unterbinden. „Wir zeigen in dieser Arbeit einen ganz neuen Weg der Resistenz auf“, fasst Neubauer zusammen; „wichtiger noch, wir präsentieren eine Idee, wie man sie überkommen kann!“

Hintergrund

Professor Andreas Neubauer hat die Professur für Hämatologie und Onkologie an der Philipps-Universität Marburg inne. Er hat das Carreras-Leukämie-Center am Universitätsklinikum Marburg aufgebaut, das er seit der Eröffnung im Jahr 2009 leitet.

Neben den Arbeitsgruppen von Neubauer und Stiewe beteiligte sich Professor Torsten Haferlach von der Firma MLL Münchner Leukämielabor an der Studie. Die Deutsche José-Carreras-Leukämie-Stiftung und die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderten die zugrunde liegenden Forschungsarbeiten finanziell.

Originalpublikation

Rehberger M, Schäfer JA et al. The nuclear proteins TP73 and CUL4A confer resistance to cytarabine by induction of translesion DNA synthesis via mono-ubiquitination of PCNA. HemaSphere 2022.  

Quelle: Johannes Scholten, Philipps-Universität Marburg.

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