JAK-Inhibitoren bei entzündlichen Haut­erkrankungen erweitern Behandlungsspektrum

Zytokine, Enzyme und intrazelluläre Signalwege spielen eine zentrale Rolle bei Entzündungsprozessen dermatologischer Erkrankungen. Sie stehen daher im Fokus therapeutischer Ansätze, wenn es darum geht, diese Signalwege zu durchbrechen. Neben Antikörpern, die bei mittlerer bis schwerer Neurodermitis und bei Psoriasis erfolgreich eingesetzt werden, kommen vermehrt small molecules zum Einsatz, die gegen Januskinasen (JAK) gerichtet sind. Wie diese speziellen Enzyme wirken, welche Vorteile JAK-Hemmer haben und welche Einsatzgebiete in Zukunft möglich sind, diskutierten Expertinnen und Experten auf der Dermatologie kompakt & ­praxisnah (18.–20.2.2022).

Zitierweise: HAUT 2022;33(2):102-103.

Zu den entzündlichen Dermatosen gehören weit verbreitete Hautkrankheiten wie Neurodermitis, Psoriasis, Vitiligo oder auch kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata). Für die Therapie verwenden Dermatologinnen und Dermatologen systemisch wirkende Arzneimittel, wenn eine Behandlung mit äußerlich angewandten Mitteln nicht anspricht. Neben erfolgreich eingesetzten antikörperbasierten Therapien (Biologika) konnten in den vergangenen Jahren mit sogenannten small molecules beeindruckende Wirkungen gezeigt werden.

Viele entzündliche Dermatosen entstehen durch proinflammatorische Zytokine. Diese Signalstoffe sind für das Wachsen und Differenzieren von Zellen unentbehrlich und spielen bei der Immunabwehr eine Rolle. Sie sind aber auch ursächlich bei der Entstehung von Autoimmunkrankheiten. An dem Signalweg sind spezielle Enzyme, die Januskinasen, beteiligt, die in der Zelle Bindungsstellen für STAT-Proteine phosphorylieren. Die STAT-Proteine haben mit dem An- und Abschalten bestimmter DNA-Abschnitte zu tun, das heißt, sie kontrollieren die Transkription während der Proteinbiosynthese. „Der JAK-STAT-­Signalweg ist ein wesentlicher Schlüssel bei der Behandlung immunologischer und chronisch-entzündlicher Erkrankungen. Wenn es gelingt, entzündungsfördernde Zytokin­kaskaden zu stoppen, hat das unmittelbar eine Wirkung auf die Entzündungsreaktion“, erklärte Tagungs- und DDG-Präsident Prof. Michael Hertl. Genau dies tun die JAK-Inhibitoren, indem sie die STAT-Andockstellen besetzen und die Signalkaskade unterbrechen.

Dabei ist der Ansatz, Zytokine zu hemmen, nicht neu. Im Vergleich zu den Biologika, die ebenfalls Zytokine hemmen, richten sich die JAK-Inhibitoren aber nicht nur gegen einzelne, sondern gleich gegen mehrere Zytokine. Die JAK-Hemmer werden bereits seit einigen Jahren erfolgreich bei rheumatoider Arthritis eingesetzt; bei mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis und Psoriasis erbrachten sie ebenfalls überzeugende Ergebnisse, was zu der Zulassung einiger JAK-Hemmer in der EU führte.

„Aussichtsreich sind diese Systemtherapeutika aber auch bei anderen entzündlichen Hautkrankheiten wie Alopecia areata, ferner auch bei stark juckenden Hauterkrankungen“, erklärte Hertl, Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Marburg.

Studienergebnisse

In einer Metaanalyse von 30 kleinen Studien mit JAK-Hemmern bei Alopecia areata sprachen 72,4 Prozent der Patientinnen und Patienten auf die Therapie an, davon 45,7 Prozent mit gutem (50 bis 100 % Nachwachsen der Haare) und 21,4 Prozent mit partiellem Ansprechen (5 bis 50 % Nachwachsen der Haare)3. In der doppelblinden, randomisierten, kontrollierten Studie ALLEGRO wurde die Wirksamkeit von JAK-Hemmern bei Frauen und Männern mit Alopecia areata untersucht. Alle Teilnehmenden hatten zu Beginn einen über 50-prozentigen Haar­ausfall auf der Kopfhaut. Die Behandlung über 24 Wochen war effektiv und gut verträglich: Im Vergleich zur Placebogruppe hatten die Teilnehmenden der Verumgruppe einen Haarausfall von 20 Prozent oder weniger4

Das Nebenwirkungsprofil der JAK-­Hemmer ist übersichtlich. Infektionen können häufiger auftreten, beispielsweise im Nasen- und Rachenraum oder in den Atemwegen. Harnwegsinfektionen, Magen-Darm­-Beschwerden und Akne konnten beobachtet werden. „Wenn eine Infektion akut ist, soll die Therapie mit JAK-Inhibitoren natürlich pausiert werden“, so Hertl. Das gehe aber durch die orale Applikation und kurze Halbwertzeit der Medikamente sehr gut, ergänzte der DDG-Präsident.

Bei der Behandlung der autoimmun verursachten Vitiligo verbesserte ein JAK-1/2-Hemmer, der per Creme verabreicht wurde, bei circa 50 Prozent der Patientinnen und Patienten die erkrankte Gesichtshaut (Repigmentierung von Vitiligo-Läsionen) gegenüber 3 Prozent bei Placebo5. „Das sind vielversprechende Ergebnisse, die nahelegen, dass diese Creme eine wirksame Therapie­option für Patientinnen und Patienten mit Vitiligo sein könnte“, betonte Hertl. „Die bei Kortisonsalben bekannten Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.“

Fazit

Mit den JAK-Hemmern stehen nun neben den Biologika eine ganze Reihe neuer Medikamente zur Verfügung, um Entzündungserkrankungen zu behandeln, die die Lebensqualität einschränken.

Literatur    

1. Klein B, Treudler R, Simon JC. JAK-Inhibitoren in der Dermatologie – kleine Moleküle, große Wirkung? Übersicht über Wirkmechanismus, Studienergebnisse und mögliche unerwünschte Wirkungen. J Dtsch Dermatol Ges. 2022.DOI:10.1111/ddg.14668_g.
2. Reich K, Teixeira HD, de Bruin-Weller M et al. Safety and efficacy of upadacitinib in combination with topical corticosteroids in adolescents and adults with moderate-to-severe atopic dermatitis (AD Up): results from a randomised, doubleblind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2021;397:2169-81.
3. Phan K, Sebaratnam DF. JAK inhibitors for alopecia areata: a systematic review and meta-analysis. J Eur Acad Dermatol Venereol 2019;33:850-6.DOI: 10.1111/jdv.15489.
4. King B, Guttman-Yassky E, Peeva E et al. A phase 2a randomized, placebo-controlled study to evaluate the efficacy and safety of the oral Janus kinase inhibitors ritlecitinib and brepocitinib in alopecia areata: 24-week results. J Am Acad Dermatol. 2021 Aug;85(2):379-387.DOI: 10.1016/j.jaad.2021.03.050. Epub 2021 Mar 20.
5. Rosmarin D, Pandya AG, Lebwohl M et al. Ruxolitinib cream for treatment of vitiligo: a randomised, controlled, phase 2 trial. Lancet 2020; 396:110-20. DOI: 10.1016/S0140-6736(20)32469-7.

Quelle: Berufsverband der Deutschen ­Dermatologen e.V. (BVDD), Deutsche ­Dermatologische Gesellschaft (DDG).

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