Tätowierung: Vorsicht bei der Gewebeentnahme zur MKG-chirurgischen Defektdeckung

Tattoos sind beliebter denn je: Aktuellen Schätzungen zufolge ist in Deutschland mindestens jeder fünfte Mensch über 14 Jahren tätowiert, Tendenz steigend. Das stellt zunehmend auch die Operateure vor ganz neue Herausforderungen, da die beliebten Stellen für Tätowierungen – beispielsweise am Unterarm – die typischen Entnahmestellen mikrochirurgischer Transplantate sind. Kann zum Tattoo-Erhalt von Standard-Zugangswegen abgewichen werden? Ein Thema mit zunehmender Relevanz, so die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG).

Zitierweise: HAUT 2020;31(6):268-270

Tätowierungen sind für viele nicht einfach nur eine besondere Form des Körperschmucks, sondern beinhalten oft auch Abbilder besonderer Ereignisse im Leben. Sie haben – neben dem rein ästhetischen Anspruch – damit eine hohe emotionale Bedeutung für den Patienten. Welche Möglichkeiten hat der Operateur, Gewebe zu entnehmen und dabei die Tätowierung möglichst unversehrt zu lassen? Zwei Patientenfälle zeigen die Möglichkeiten und Grenzen (Autoren: Sina Springhetti, Dr. Dr. Patrick Schöne, Prof. Dr. Dr. Jan Rustemeyer).

Alternative Schnittführung

Bei einer 64-jährigen Patientin war die Hebung des Radialislappens (Gewebe­lappen aus dem Unterarm) zur Rekonstruktion des Mundbodens nach Tumorentfernung geplant. Auf dem Unterarm der Patientin befand sich jedoch eine circa 5 x 8 Zentimeter große Tätowierung, die bei regulärer Schnittführung durchtrennt worden wäre. In diesem Fall konnte die Schnittführung jedoch so modifiziert werden, dass sie seitwärts um die Tätowierung herum verlief. So blieb das Tattoo vollständig erhalten (Abb. 1a-c).

Alternativlos: Gewebetransplantat mit Tätowierung

Dass eine modifizierte Schnittführung um ein Tattoo herum nicht immer möglich ist, wird bei einem 65-jährigen Patienten mit großflächigen Tätowierungen am ganzen Körper deutlich. Auch hier war die Hebung eines Radialislappens geplant. Eine medizinisch sinnvolle Alternative gab es nicht. Nach sorgfältiger Abwägung und Aufklärung des Patienten fiel die Entscheidung für einen Radialislappen von links – und für die damit verbundene partielle Entfernung des tätowierten „Bacardi“-Emblems (Abb. 2a, b).

Nach dem Eingriff kam es zu einer ausgeprägten Wundheilungsstörung im Entnahmegebiet am Unterarm, während das Transplantat komplikationslos im Bereich des vorderen Oberkiefers einheilte.

Neue Herausforderung Tätowierungen: explizite Patienten­aufklärung und weitere Studien

Die Schlussfolgerung der Bremer MKG-Chirurgen: Sie empfehlen, eine Tätowierung im Operationsgebiet bei der OP-Planung zu berücksichtigen und Alternativen zu diskutieren. 

Der Patient sollte vor dem Eingriff über das mögliche Einbeziehen der Tätowierung explizit aufgeklärt werden, um bösen Überraschungen oder Missverständnissen auf Patientenseite vorzubeugen. 

Inwieweit das Abheilen der Entnahmestellen von Fernlappen mit Tätowierungen – oder das Einheilen dieser Lappen selbst – überdurchschnittlich mit Komplikationen behaftet ist, müssen weitere Studien zeigen.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG).

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