Was macht Praxen für Ärztinnen attraktiv?

Zunehmend mehr Ärztinnen zieht es raus aus der Klinik und rein in die Praxis. Warum ist das so? Ein wichtiger Grund ist wohl die Möglichkeit zur recht individuellen Arbeitszeitgestaltung, um Familienplanung und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Diesen Spielraum könnten Ärztinnen nutzen, um die Parität in der Medizin voranzubringen.

Nach dem Studium führt der Weg in der Regel in die Klinik, um die ersten Berufserfahrungen zu sammeln. Dienstmodelle mit 24-Stunden- und Schichtdiensten sind dort normal. Nicht selten kommen junge Ärztinnen und Ärzte dabei schnell an ihre persönlichen Grenzen – und erkennen auch die Grenzen des „Systems Klinik“. Manche sind frustriert wegen struktureller Vorgaben, etwa bei Liegezeiten und Therapiemöglichkeiten. Und auch die Dienste bedingen, dass manche eine Alternative suchen: Zu viele unbesetzte Weiterbildungsstellen führen dazu, dass Ärztinnen und Ärzte oft einspringen müssen und auch – ursprünglich freie – Wochenenden in der Klinik verbringen. In die ambulante Versorgung zu wechseln, erscheint da oft als Lösung.

Mehr Gestaltungsmöglichkeiten

Gerade der Anteil der Ärztinnen ist im ambulanten Sektor in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Neue Arbeitszeitmodelle, die mehr Freiraum und Gestaltungsmöglichkeit bieten, machen die Praxen für Frauen attraktiv. Besonders die Teilzeitstellen sind ansprechend, wenn die Familienplanung ansteht. Sie bieten beispielsweise die Möglichkeit, das Kind mittags selbst von der Kita abzuholen und den Nachmittag mit ihm frei zu gestalten. Dahinter steckt sicherlich das leider noch verbreitete Rollenmodell, nachdem sich Frauen um die Kinder kümmern und „nebenher“ arbeiten, während Männer Karriere machen. Die geteilte Elternzeit ist immer noch die Ausnahme, auch wenn sie allmählich häufiger als Möglichkeit angesehen wird.

Praktisch ist eine ambulante Teilzeitstelle auch für Ärztinnen, die ein gewisses berufspolitisches Interesse haben und sich in Gremien engagieren möchten. Die Dreifach-Belastung aus Beruf, Familie und Ehrenamt lässt sich dann leichter bewältigen als beim Schichtdienst in der Klinik. Trotzdem ist es eine Herausforderung, die gut geplant werden muss.

Ärztinnen, die eine Karriere mit führenden Positionen anstreben, finden wohl größere Möglichkeiten in der Klinik. Wobei ganz deutlich festzuhalten ist, dass dort noch eine große Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen besteht. Alternativ gibt es noch den Karriereweg in der Berufspolitik. Auch dort sind wir Ärztinnen zwar weit von paritätischen Verhältnissen entfernt. Doch wir können den Wandel selbst unmittelbarer vorantreiben, indem wir uns in den Gremien einbringen. Dem Deutschen Ärztinnenbund ist es ein Anliegen, dass mehr Frauen in der Berufspolitik aktiv werden. Und die Arbeit in einer Praxis bietet dafür oft bessere Rahmenbedingungen als eine Tätigkeit in der Klinik.

Thema Honorarungleicheit

Anliegen haben ambulant tätige Ärztinnen genug zu vertreten. Beispielsweise ist eine Ungleichheit der Verdienste festzustellen, weil die „handwerklichen“ medizinischen Fächer höher entlohnt sind, als die „sprechenden“, in denen es besonders viele Ärztinnen gibt. Zu nennen sind hier vor allem die ärztliche Psychotherapie, Gynäkologie und Pädiatrie. Im hausärztlichen Bereich ist die Geschlechterverteilung ungefähr ausgeglichen. Dagegen sind in Urologie, Orthopädie und MKG deutlich weniger Frauen als Männer tätig.

Häufig wählen Ärztinnen zunächst die Option der Anstellung in einer Praxis. Der Vorteil liegt auf der Hand. Es besteht kein wirtschaftliches Risiko. Doch es zeichnet sich ein Wandel ab: Mehr junge Ärztinnen lassen sich nieder und zwar häufiger in Einzelpraxen als Männer. Ihre Interessen sollten in den Gremien präsent sein.

Jana Pannenbäcker
ist Beisitzerin im Vorstand des Deutschen Ärztinnenbundes e. V. und derzeit angestellte Ärztin in einer hausärztlichen Praxis in Westfalen-Lippe. Auch ist sie Mitglied im Arbeitskreis „Junge Ärztinnen und Ärzte“ der Ärztekammer Westfalen-Lippe und im Vorstand der Bezirkskammer Hagen.

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