Wie Durchfallerreger bei Körpertemperatur auf Angriff schalten

Bakterien stellen krankmachende Substanzen erst dann her, wenn sie einen warmen Körper befallen haben. Dazu verwenden sie ein spezielles Thermometer.

Was genau auf molekularer Ebene passiert, wenn der Durchfallerreger Yersinia pseudotuberculosis auf Angriff schaltet, haben Forschende der Ruhr-Universität Bochum (RUB) untersucht. Sie nahmen dazu sogenannte RNA-Thermometer unter die Lupe, die den Bakterien signalisieren, ob sie sich im Wirt befinden. In Kooperation mit Kollegen des Helmholtz-Instituts für Infektionsforschung Braunschweig zeigten sie außerdem, dass Bakterien mit deaktiviertem RNA-Thermometer keine Infektion mehr auslösen können.

Bei 37 Grad schmilzt RNA-Thermometer auf

„Aus vorangegangenen Arbeiten wussten wir, dass Yersinia-Bakterien sehr sensibel auf Temperaturänderungen reagieren und die Anwesenheit in ihrem Wirt anhand der Körpertemperatur erkennen“, sagt Prof. Dr. Franz Narberhaus. Verantwortlich für die Temperaturmessung sind die RNA-Thermometer. Dabei handelt es sich um Abschnitte in der Boten-RNA vieler Gene, die den Bauplan für die krankmachenden Substanzen enthalten. Bei niedrigen Temperaturen, also außerhalb des Wirts, verhindern die RNA-Thermometer, dass die RNA abgelesen und in Proteine übersetzt wird. Erst nach erfolgreicher Infektion des warmblütigen Wirtes, also bei einer Temperatur von etwa 37 Grad Celsius, schmelzen die RNA-Strukturen auf. Dann können sie in Proteine umgeschrieben werden, die eine für den Wirt schädliche Wirkung entfalten. In der aktuellen Publikation beschreiben die Forschenden den zugrunde liegenden Schmelzmechanismus des RNA-Thermometers für einen der Giftstoffe von Yersinia pseudotuberculosis, das CnfY-Toxin.

Bakterien ohne funktionelle Thermometer machen nicht krank

Der Bochumer Doktorand Christian Twittenhoff zeigte anhand von isolierten Zellbestandteilen des Durchfallerregers, an welchen Stellen das RNA-Thermometer für das CnfY-Toxin aufschmilzt und welche Struktur es dabei annimmt. Sein Modell dokumentiert, wie sich das Thermometer öffnet. Es zeigt auch, wie das Ribosom an die Boten-RNA andockt. „Die Ergebnisse haben gezeigt, wie wichtig ganz kurze regulatorische RNA-Sequenzen für den erfolgreichen Infektionsverlauf eines Bakteriums sein können“, so Twittenhoff. Er verglich das Gen des CnfY-Toxins mit Toxin-Genen anderer Krankheitserreger mithilfe von bioinformatischen Methoden. Die Analyse legt nahe, dass auch andere Toxin-Gene durch RNA-Thermometer reguliert sein könnten. „Obwohl die Sequenzen sehr unterschiedlich sind, können wir vorhersagen, welche RNA-Strukturen vermutlich als Thermometer fungieren“, erklärt er. Grundsätzlich könne man einer bakteriellen Infektion vorbeugen, indem man das Aufschmelzen solcher RNA-Strukturen verhindere.

Twittenhoff C et al. An RNA thermometer dictates production of a secreted bacterial toxin, in: PLoS Pathogens, 2019.

Quelle: Ruhr-Universität Bochum

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