Welche Impfungen sind für Senioren ab 60 Jahren sinnvoll?

Behandelnde Ärzte haben im Rahmen des Behandlungsvertrages zwischen ihnen und Patienten die rechtliche Pflicht (§§ 630a ff. BGB), Patienten im Rahmen der vorgesehenen Routineuntersuchungen auf Möglichkeit, Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit indizierter Impfungen zum Schutz vor Infektionskrankheiten hinzuweisen.

Zusätzlich haben sie die Pflicht, Patienten über die Folgen einer unterlassenen Impfung zu informieren. Diese Pflicht besteht unabhängig von der persönlichen ärztlichen Auffassung und möglichen subjektiven Bedenken oder Vorbehalten. Eine schriftliche Einwilligung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, sie kann jedoch in Einzelfällen sinnvoll sein. Aufklärungen und Einwilligungen – egal in welcher Form sie erfolgt bzw. erklärt worden sind – sind verpflichtend in der Patientenakte zu dokumentieren (§ 630 ff. Abs. 2 S. 1 BGB). Zudem ist es sinnvoll, die Ablehnung einer Impfung durch die vorstellige Person nach durchgeführter Aufklärung in der Patientenakte zu dokumentieren. (RKI, Epid. Bull 34/18).


Empfohlene Impfungen ab 60 Jahren

Für Menschen ab 60 Jahren rät die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts (STIKO), die jährlich ihre aktuellen Empfehlungen zum Impfschutz veröffentlicht, zu nachfolgenden Impfungen:

COVID-19

Personen ≥ 60 Jah­re sowie Bewohnenden in Einrichtungen der Pflege sowie Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf werden von der STIKO  jährliche Auffrischimpfungen im Herbst mit einem mRNA- oder Protein-basierten Impfstoff mit einer aktuell von der WHO empfohlenen Variantenpassung empfohlen. 

Laut STIKO sollte die Indikation als partizipative Entscheidungsfindung zwischen Patientinnen/Patienten und behandelnden Ärztinnen/Ärzten individuell gestellt werden. Berücksichtigt werden sollten dabei einerseits das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und andererseits die Abwägung des Nutzens der Impfung und möglicher Impfnebenwirkungen.

Diphtherie

Die STIKO emfpiehlt die Diphtherie-Impfung bei allen Personen bei fehlender oder unvollständiger Grundimmunisierung oder wenn die letzte Impfung der Grundimmunisierung oder die letzte Auffrischimpfung länger als 10 Jahre zurückliegt. Erwachsene sollten demnach die nächste fällige Diphtherie-Impfung einmalig als Tdap-Kombinationsimpfung (Diphtherie, Tetanus und Pertussis) erhalten, bei entsprechender Indikation als Tdap-IPV-Kombinationsimpfung (Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio).

Ungeimpfte oder Personen mit fehlendem Impfnachweis sollten laut STIKO 2 Impfstoffdosen im Abstand von 4-8 Wochen und eine 3. Impfstoffdosis 6-12 Monate nach der 2. Impfstoffdosis erhalten. Eine Reise in ein Infektionsgebiet sollte jedoch frühestens nach der 2. Impfstoffdosis angetreten werden.

FSME

Die STIKO hält die FSME-Impfung ratsam für Menschen mit dem Lebensraum in einem Zecken-Risikogebiet sowie bei viel Aufenthalt in der freien Natur. Grundimmunisierung und Auffrischimpfungen erfolgen demnach mit einem für Erwachsene bzw. Kinder zugelassenen Impfstoff nach Angaben in den Fachinformationen.

Ca. 95 % der Er­kran­kun­gen wer­den in Deutsch­land in den Mo­na­ten Mai-​​No­vem­ber ge­mel­det.  Der Impf­schutz  laut STIKO mög­lichst zu Be­ginn der Ze­cken­sai­son auf­ge­baut sein /​​ be­ste­hen; sie weist daher auf die aktuellen Hinweise zu Risikogebieten in Deutschland hin. Eine un­ter­bro­che­ne Grund­im­mu­ni­sie­rung soll­te mit den feh­len­den Impf­stoff­do­sen ab­ge­schlos­sen wer­den.  Eine ein­mal be­gon­ne­ne Grund­im­mu­ni­sie­rung kann zu je­der Zeit fort­ge­setzt wer­den und es muss KEI­NE er­neu­te Grund­im­mu­ni­sie­rung er­fol­gen. Auch wenn eine Auf­fri­schimp­fung erst Jah­re nach dem emp­foh­le­nen Impf­zeit­punkt ver­ab­reicht wird, bie­tet sie je nach Le­bens­al­ter wie­der 3 – 5 Jah­re Schutz (sie­he Fach­in­for­ma­tio­nen).

Gürtelrose (Herpes zoster)

Die Wahrscheinlichkeit an Herpes zoster (HZ) zu erkranken und die Schwere der Erkrankung nehmen mit dem Alter deutlich zu. Zur Ver­hin­de­rung von HZ und Post­her­pe­ti­scher Neur­al­gie (PHN) emp­fiehlt die STI­KO seit De­zem­ber 2018 den ad­ju­van­tier­ten HZ-​​Tot­impf­stoff Shin­grix als Stan­dard­imp­fung für alle Per­so­nen ≥ 60 Jah­re. Zu­sätz­lich emp­fiehlt die STI­KO die Imp­fung als In­di­ka­ti­ons­imp­fung (I) für Per­so­nen ≥ 50 Jah­re mit ei­ner er­höh­ten ge­sund­heit­li­chen Ge­fähr­dung für das Auf­tre­ten ei­nes HZ in­fol­ge ei­ner Grund­krank­heit oder für Per­so­nen mit an­ge­bo­re­ner bzw. er­wor­be­ner Im­mun­de­fi­zi­enz (Epid Bull 50/​​2018). Dazu gehören u. a. Personen mit HIV-Infektion, rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen oder Asthma bronchiale, chronischer Niereninsuffizienz oder Diabetes mellitus.

Durch die Imp­fung soll die T-​​Zell-​​ver­mit­tel­te Im­mun­ab­wehr ge­genüber Va­ri­zel­la zos­ter Vi­ren (VZV) ge­stei­gert und so die Re­ak­ti­vie­rung der la­tent in den Ner­ven­gan­gli­en ver­blie­be­nen VZV ver­hin­dert wer­den.  Ak­tu­ell kann da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass fast je­der in Deutsch­land auf­ge­wach­se­ne Person ≥ 50 Jah­re in ihrem Le­ben Wind­po­cken durch­ge­macht hat. Es ist da­her laut STIKO nicht not­wen­dig, vor der Imp­fung eine Wind­po­cken­er­kran­kung in der Ver­gan­gen­heit ana­mnes­tisch oder se­ro­lo­gisch ab­zu­klä­ren.

Die HZ-​​Imp­fung mit dem Tot­impf­stoff kön­nen auch Per­so­nen be­kom­men, die be­reits in der Ver­gan­gen­heit an HZ er­krankt wa­ren. Die STIKO weist jedoch drauf hin, dass der Tot­impf­stoff  nicht zur The­ra­pie ei­ner HZ-​​Er­kran­kung oder ih­rer Spät­fol­gen be­stimmt ist. Die Da­ten­la­ge zur kli­ni­schen Wirk­sam­keit bei An­wen­dung des Impf­stoffs und zum güns­tigs­ten Zeit­punkt der Imp­fung nach HZ-​​Er­kran­kung ist be­grenzt. Die Imp­fung soll­te laut STIKO zu ei­nem Zeit­punkt er­fol­gen, wenn die aku­te Er­kran­kung vor­über ist und die Sym­pto­me ab­ge­klun­gen sind.

Influenza

Ab dem Al­ter ≥ 60 Jah­ren empfiehlt die STIKO eine jähr­li­che Inluenza-Imp­fung im Herbst mit ei­nem in­ak­ti­vier­ten qua­dri­va­len­ten Hochdosis-Impf­stoff mit ak­tu­el­ler von der WHO emp­foh­le­ner An­ti­gen­kom­bi­na­ti­on.

Pertussis

Für Er­wach­se­ne gebe es laut STIKO kei­ne Grund­im­mu­ni­sie­rung. Die STIKO empfiehlt Erwachsenen den­noch, bei der nächs­ten fäl­li­gen Td-​​Imp­fung die­se ein­ma­lig als Tdap-​​Kom­bi­na­ti­ons­imp­fung (Diphtherie, Tetanus und Pertussis) zu er­hal­ten, bei ent­spre­chen­der In­di­ka­ti­on als Tdap-​​IPV-​​Kom­bi­na­ti­ons­imp­fung (Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio).

Pneumokokken

Die STIKO emfpiehlt die Pneumokokken-Impfung für Personen ≥ 60 Jahre mit dem 20-valenten Konjugat-Impfstoff (PCV20). Personen, die bereits mit dem 23-valenten Polysacharid-Impfstoff (PPSV23) geimpft wurden, sollen in einem Mindestabstand von 6 Jahren nach der PPSV23-Impfung eine Impfung mit PCV20 erhalten.

Polio

Die STIKO emfpiehlt bei allen Per­so­nen mit feh­len­der oder un­voll­stän­di­ger Grund­im­mu­ni­sie­rung, die Grundimmunisierung nach An­ga­ben in den Fachinformationen durch­zuführen oder zu ver­voll­stän­digen. 

Darüber hinaus wird jedoch eine weitere routinemäßige Auffrischimpfung für Erwachsene in Deutschland nicht empfohlen.

Tetanus

Die Tetanus-Impfung wird bei allen Personen bei fehlender oder unvollständiger Grundimmunisierung empfohlen, wenn die letzte Impfstoffdosis der Grundimmunisierung oder die letzte Auffrischimpfung länger als 10 Jahre zurückliegt. Erwachsene sollen eine Td-Kombinationsimpfung, ggf. bei entsprechender Indikation einmalig als Tdap- (Diphtherie, Tetanus und Pertussis) oder als Tdap-IPV-Kombinationsimpfung (Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio) erhalten. Eine begonnene Grundimmunisierung wird vervollständigt, Auffrischimpfungen in 10-jährigem Intervall.

 

Hinweis
Weitere Informationen finden Sie in der STIKO-Web-App: www.stiko-web-app.de/home/

 

Stand: 07-02-2024

Quelle: STIKO-Web-App, Robert Koch-Institut

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