"Stroke-Card" reduziert das Risiko für weitere Schlaganfälle

Während es für die Nachbehandlung einer Krebserkrankung oder eines Herzinfarkts eine standardisierte Vorgangsweise gibt, fehlt nach einem Schlaganfall ein solches einheitliches Konzept. Zukünftig könnte hier das österreichische „Stroke-Card“-Konzept Anwendung finden.

Alle 20 Minuten erleidet in Österreich ein Mensch einen Schlag­anfall. Eine Forschungsarbeit der Medizinischen Universität Innsbruck zeigt nun, wie die Nachsorge nach Entlassung aus dem Krankenhaus erheblich verbessert werden kann. Schlaganfall-Patienten, die nach diesem neuem „Stroke Card“-­Konzept behandelt wurden, haben eine höhere Lebensqualität, weniger kardiovaskuläre Folgeerkrankungen und einen besseren Outcome – das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Studie*. 

Schlaganfall-Nachsorge: Weltweit größte kontrolliert randomisierte Studie

Das Konzept zur standardisierten Nachbehandlung von Schlaganfall-Patienten wurde seit 2014 von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie und dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien evaluiert. „In der wissenschaftlichen Arbeit präsentieren wir die Resultate einer der bisher weltweit größten kontrollierten randomisierten Studie zur Schlag­anfall-Nachsorge“, erklärt der Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie, Stefan Kiechl. Gemeinsam mit ­Johann Willeit hatte er die Forschungsarbeit ini­tiiert und das Studiendesign entworfen.

2.149 Patienten sind in die Untersuchung eingeschlossen worden. 1.438 wurden nach dem Behandlungskonzept „Stroke-Card“ behandelt und 711 erhielten die Standardbehandlung. Neben einer gesteigerten Lebensqualität zeigte sich, dass auch die Rate der kardiovaskulären Folgeerkrankungen zurückgegangen ist. Das Risiko konnte von 8,3 % auf 5,4 %, also um etwa ein Drittel, reduziert werden. „Der Behandlungsleitfaden ist sehr effizient. Wir müssen 35 Patientinnen und Patienten nach einem Schlaganfall entsprechend des ‚Stroke-Card-Konzepts‘ behandeln, um einen weiteren Schlaganfall oder Herzinfarkt zu verhindern“, erklärt Stefan Kiechl.

Multidisziplinäre „Stroke-Teams“ betreuen weitere drei Monate

Das „Stroke-Card“-Konzept sieht vor, dass das multidisziplinäre Stroke-Team des Akutkrankenhauses für die Patienten auch nach stationärer Entlassung für weitere drei Monate neben dem Hausarzt Ansprechpartner bleibt. Diese Teams, bestehend aus Pflegern, Therapeuten und Ärzten, haben sich in der Akutbehandlung, die in Österreich durchschnittlich neun Tage dauert, bereits bewährt.

Nach der Entlassung können die Patienten mit einer personalisierten App ihre Risikofaktoren überwachen. Mittels Fragebogen werden Daten zur Lebensqualität und Folgeerkrankungen erhoben. Nach drei Monaten kommen die Patienten erneut für eine umfassende, ambulante Nachsorgeuntersuchung durch das Stroke-Team ins Krankenhaus.


„Dieses Konzept ist verhältnismäßig einfach umzusetzen und durch die Betreuung durch ein Team, das die Patienten bereits kennt, sehr effektiv und für die Patienten motivierend“, berichtet Kiechl.


 

Wichtige Lücke in der Schlaganfall­therapie wird geschlossen

In Österreich erleiden rund 25.000 Menschen einen Schlaganfall pro Jahr. 800 Patienten werden an der Univ.-Klinik für Neurologie pro Jahr nach einem Schlag­anfall behandelt. Das „Stroke-Card“-Konzept schließt eine wichtige Lücke in der Therapie. „Bisher gab es keine einfachen, gut umsetzbaren Konzepte, um Patientinnen und Patienten nach einem Schlaganfall standardisiert zu versorgen“, erklärt der Neurologe Johann Willeit.  

Ebenfalls von Vorteil ist die Erfassung von Spätkomplikationen nach dem Schlaganfall. Rund 20–50 % der Patienten leiden nach einem Schlaganfall an Angststörungen, Depressionen, Fatigue, Schmerzen, anhaltenden neurologischen Ausfällen oder Spastik. Im Rahmen des „Stroke-Card“-Konzepts werden diese systematisch erfasst und entsprechend behandelt. Basierend auf den guten Erfahrungen durch die Studie wird in Innsbruck das neue Behandlungsmodell als Standard eingeführt.

Das „Stroke-Card“-Konzept hat gute Chancen in Österreich und anderen Ländern zum Einsatz zu kommen. In der Behandlung von Schlaganfällen hat Österreich einen international anerkannten, sehr guten Ruf und hohen Qualitätsstandard, wie Johann Willeit betont. 

*Willeit P et al. STROKE-CARD care to prevent cardiovascular events and improve quality of life after acute ischaemic stroke or TIA: A randomised clinical trial. EClinicalMedicine 2020;25:100476. 

Quelle: Medizinische Universität Innsbruck

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