Gemeinsam gegen Risiken der Polypharmazie im Alter

Im Projekt „Optimierte Arzneimittelversorgung für pflegebedürftige geriatrische Patienten (OAV)“ entwickelt ein interdisziplinäres Team ein Risikomanagementsystem

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fachgebiets Management im Gesundheitswesen an der Fakultät Wirtschaft und Management der Technischen Universität Berlin untersuchen im Rahmen des Projekts „Optimierte Arzneimittelversorgung für pflegebedürftige geriatrische Patienten (OAV)“, wie arzneimittelbedingte Neben- und Wechselwirkungen durch Polypharmazie und Übermedikation bei Seniorinnen und Senioren reduziert werden können. Das Projekt wird von der AOK Nordost geleitet.

Hintergrund ist, dass Seniorinnen und Senioren häufig zu viele verschiedene Medikamente gleichzeitig einnehmen, die Krankheiten wie Inkontinenz, Schwindel oder Magenblutungen verursachen können. Laut einer Studie der hkk Krankenkasse aus dem Jahr 2017 nehmen fast drei Viertel (73,3 Prozent) aller Menschen, die an mehreren Krankheiten leiden, fünf und mehr Medikamente parallel ein. Besonders betroffen seien Patientinnen und Patienten ab dem 65. Lebensjahr. Eine Umfrage der Stiftung Warentest aus dem gleichen Jahr bestätigt, dass gut die Hälfte der über 60-Jährigen in Deutschland am Tag zwei bis fünf Medikamente gleichzeitig einnehmen, fast jeder Fünfte sogar fünf Tabletten oder mehr. Dadurch entstehen erhebliche Probleme und Folgekosten.

Zwei Drittel der unerwünschten Wirkungen könnten verhindert werden

Expertinnen und Experten gehen jedoch davon aus, dass sich etwa zwei Drittel der unerwünschten Nebenwirkungen vermeiden oder abmildern ließen. An diesem Punkt setzt das Projekt „Optimierte Arzneimittelversorgung für pflegebedürftige geriatrische Patienten (OAV)“ an, das von der Gesundheitskasse AOK Nordost initiiert wurde. Neben der TU Berlin sind auch die Universität Witten/Herdecke, die Gero PharmCare GmbH, die IKK Brandenburg und Berlin, die VIACTIV-Krankenkasse und die Apothekerkammer Nordrhein beteiligt.

Im Mittelpunkt der OAV stehen ein lernfähiges Risikomanagementsystem und eine neue Form der Zusammenarbeit, in der Pflegeprofis, Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker eng kooperieren. Ziel ist, die Neben- und Wechselwirkungen von Arzneimitteln messbar zu senken. Dazu soll ein klinisch geprüftes, EDV-unterstütztes Risikomanagement in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen gemeinsam mit den versorgenden Apotheken und Ärzten etabliert werden. Um die Risikokommunikation zwischen den Beteiligten sowie die gemeinsame interdisziplinäre Qualifikation zu verbessern, durchlaufen die beteiligten Pflegefachkräfte, Apothekerinnen und Apotheker sowie Ärztinnen und Ärzte vor Ort eine duale betriebliche Ausbildung mit Hochschulanteilen der praktischen Geriatrie.

Die Evaluation des OAV-Projektes ist am Fachgebiet Management im Gesundheitswesen an der Fakultät Wirtschaft und Management der TU Berlin angesiedelt. Das Team um Fachgebietsleiter Prof. Reinhard Busse wird analysieren, ob die neue Versorgungsform zu einer kosteneffektiven, signifikanten Verbesserung sowohl gesundheitlicher Outcomes als auch der medikamentösen Versorgung von geriatrischen Patientinnen und Patienten im Vergleich zur Regelversorgung führt.

Das OAV-Projekt wird durch den Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss über drei Jahre mit 6,6 Millionen Euro gefördert. Beteiligt sind 96 Pflegeheime und ambulante Pflegedienste mit insgesamt 4800 Patientinnen und Patienten.

Quelle: Technische Universität Berlin

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