Wie fördert man die Medienkompetenz in Kindergärten und Schulen?

Kinder bzw. Jugendliche und Medien – das ist seit jeher ein kontroverses Thema. Gerade, wenn es um digitale Medien geht, finden Erwachsene meist, dass weniger mehr ist. Doch sollten Kinder tatsächlich ganz die Finger von Fernseher, PC oder am Smartphone lassen? Und stimmt es, dass junge Leute mit Büchern überhaupt nichts mehr anfangen können, sondern lieber Internet-Influencern folgen?

Solchen und weiteren Fragen gingen im Rahmen des Projekts „Medienbildung und Literacy in Kindergärten und Schulen“ von 2017 bis 2019 Forschende des buchwissenschaftlichen Instituts der FAU in Zusammenarbeit mit der Akademie für Ganztagsschulpädagogik und dem Bildungsbüro des Landkreises Forchheim auf den Grund.

Eine Erkenntnis ist dabei zentral: Schlüssel zur Nutzung analoger wie digitaler Medien ist die Lesekompetenz. Wie sich diese sich optimal fördern lässt, eruierten die Forschenden anhand des erfolgreichen Lesepaten-Projekts „FOrlesen“, das seit 2016 im Landkreis Forchheim stattfindet. Bei dieser Initiative arbeitete die Erlanger Buchwissenschaft ebenfalls bereits mit dem Forchheimer Bildungsbüro zusammen, so dass Erfahrungen aus erster Hand für die Arbeit an der Studie zur Verfügung standen.

Distance Learning in der Corona-Pandemie

„Die Kooperation mit dem Landkreis Forchheim besteht schon seit zehn Jahren, so dass wir unsere Forschung auf diese Region ausgerichtet haben“, erklärt Dr. Titel. Die Ergebnisse seien jedoch weit darüber hinaus anwendbar. Das gelte etwa auch für das Thema „Distance Learning“, das aufgrund der Corona-Pandemie quasi über Nacht hoch relevant wurde. Die Digitalisierung des Unterrichts widmeten die Forschenden daher kurzfristig ein eigenes Kapitel. „Trotz aller Startschwierigkeiten lieferte die Situation wertvolle Impulse für einen didaktisch sinnvollen Umgang mit digitalen Möglichkeiten“, fasst Projektleiter Dr. Titel zusammen, und gibt zu bedenken, dass gerade im diesem Bereich noch recht große Unsicherheit herrsche – auf Seiten der Lehrenden wie der Lernenden.

„Medienerziehung ist tatsächlich kein eigenes Schulfach“, erläutert Projektleiter Dr. Volker Titel des Weiteren. Laut den Ergebnissen des Forschungsteams komme es derzeit im meist eng getakteten Betrieb sehr auf das Engagement einzelner Personen in den Bildungseinrichtungen an, wie Medienerziehung gestaltet wird. Dabei gehe es nicht ausschließlich darum, vor den Gefahren des Internets zu warnen, sondern Kindern und Jugendlichen zu zeigen, wie man welches Medium, ob analog oder digital, ganz konkret nutzbringend und selbstbestimmt verwenden könne.

Verbesserungspotential durch Ganztagsbetreuung

Der angestrebte Ausbau der Ganztagsbetreuung birgt nach Ansicht des Forschungsteams erhebliches Verbesserungspotenzial. Die zusätzliche Zeit am Nachmittag eröffne die Möglichkeit, ohne den üblichen Benotungsdruck entsprechende Projekte ins Leben zu rufen. Beispielhaft griff das Forschungsteam u. a. die Waldwoche eines Kindergartens im Landkreis Forchheim auf: Neben einer Wald-Themenecke mit Büchern zum Lesen und Anhören, die im Kindergarten selbst eingerichtet wurde, knipsten die Kinder selbst draußen im Wald mit dem Tablet Fotos. Diese präsentierten sie am Ende der Waldwoche den Eltern in Form einer Ausstellung. Sogar den Ausstellungskatalog hatten die Kinder selbst gestaltet.

Aktive und tiefgehende  Auseinandersetzung mit einem Thema

„Das zeigt, dass Medien gar nicht immer nur passiv konsumiert werden müssen – wie von Kritikern einer Mediennutzung in frühen Jahren angeführt. Vielmehr kann man sie dafür nutzen, sich ganz aktiv und tiefgehend mit einem bestimmten Thema auseinanderzusetzen“, fasst Dr. Titel zusammen und fügt hinzu: „Wenn man weiß, wie – das heißt, wenn man über Medienkompetenz verfügt.“
Alle Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt und entsprechende Handlungsempfehlungen zu einem sinnvollen Umgang mit analogen und digitalen Medien in Kindergärten und Schulen sind in einem Lehr- und Praxisbuch* zusammengefasst. Es richtet sich an die Wissenschaft, soll jedoch auch Pädagoginnen und Pädagogen konkret in ihrer Arbeit unterstützen und enthält daher rund 70 „Best Practice“-Beispiele.

Originalpublikation:

Volker Titel unter Mitwirkung von Karin Rosa, Julia Schilling und Anna-Maria Seemann: Medienbildung und Literacy. Lehr- und Praxisbuch. AfG Media, 2021. ISBN: 978-3-946109-33-4
https://www.bildungsregion-forchheim.de/images/publikationen/Medienbildung_und_Literacy_Info_onlinepdf.pdf

Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

 

Buchtipp

Wir lieben Waldbaden
Jasmin Schlimm-Thierjung, Cornelia Wriedt
160 Seiten, Hardcover, LIPPLERBOOKZ Buchverlag
ISBN 9783948880002, 22,99 € [D]

Wir leben in einer hektischen Zeit, in der Leistung oftmals über das eigene Wohlbefinden gestellt wird. Gerade Kinder und Jugendliche brauchen Erholung und Entschleunigung in der Natur, um dem Alltagsstress standzuhalten und sich richtig zu entwickeln. Die Autorinnen Jasmin Schlimm-Thierjung und Cornelia Wriedt wollen ein neues Bewusstsein für die heilsamen Möglichkeiten des Waldes wecken und bieten in ihrem Buch „Wir lieben Waldbaden“ eine Anleitung, das gesundheitsfördernde Konzept des Waldbadens in den Familienalltag zu übernehmen. „Wir lieben Waldbaden“ erscheint mit stimmungsvollen Illustrationen und einer besonderen Haptik.

Quelle: Literaturtest

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