Großer Zusatznutzen von Pembrolizumab bei fortgeschrittenem Speiseröhrenkrebs

Pembrolizumab weist in Kombination mit Chemotherapie einen erheblichen Zusatznutzen bei fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre auf, so das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Betroffene überlebten im Median 14 Monate gegenüber neun in der Kontrollgruppe. Bei fortgeschrittenem Adenokarzinom ist ein Zusatznutzen dagegen nicht belegt.

Pembrolizumab in Kombination mit einer Platin- und Fluoropyrimidin-basierten Chemotherapie ist zugelassen zur Erstlinienbehandlung Erwachsener mit lokal fortgeschrittenem, nicht resezierbarem oder metastasierendem Plattenepithelkarzinom oder Adenokarzinom der Speiseröhre mit PD-L1-exprimierenden Tumoren. In einer frühen Nutzenbewertung hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nun untersucht, ob und für welche Patientinnen und Patienten die neue Behandlung einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie bietet. Demnach gibt es beim fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre einen Anhaltspunkt für einen erheblichen Zusatznutzen. Beim fortgeschrittenen Adenokarzinom ist ein Zusatznutzen dagegen nicht belegt.

Großer therapeutischer Bedarf

Krebserkrankungen der Speiseröhre (Ösophaguskarzinome) können beispielsweise durch Alkohol, Rauchen oder aufsteigende Magensäure (Reflux) ausgelöst werden. Sie bleiben oft lange unbemerkt, sodass der Krebs zum Zeitpunkt der Diagnose weit fortgeschritten ist und unter Umständen bereits Metastasen gebildet hat. Dann ist schon die Erstlinienbehandlung palliativer Natur: Es geht darum, die belastenden Symptome der typischerweise schnell voranschreitenden Erkrankung zu bekämpfen und das Leben bei möglichst hoher Lebensqualität noch um einige Monate zu verlängern. Die bisherigen Therapien konnten das Überleben aber kaum verlängern.

Drei Fragestellungen, zwei Studien

Neuerdings ist Pembrolizumab in Kombination mit einer Platin- und Fluoropyrimidin-basierten Chemotherapie zur Erstlinienbehandlung lokal fortgeschrittener oder metastasierter, nicht kurativ behandelbarer Ösophaguskarzinome zugelassen, und zwar für drei Typen von Speiseröhrenkrebs: das Plattenepithelkarzinom (30 bis 40 Prozent aller Fälle), das HER2-negative Adenokarzinom, das mit gut 60 Prozent aller Fälle am häufigsten ist, und das seltene HER2-positive Adenokarzinom. HER2 steht dabei für Human Epidermal Growth Factor Receptor 2. Dieser Wachstumsfaktorrezeptor hemmt den Zelltod und macht Tumoren, die ihn herstellen, unempfindlich gegen eine reine Chemotherapie.

Der Hersteller reicht in seinem Dossier für die erste Patientengruppe Daten aus der Studie KEYNOTE 590 ein, für die zweite Gruppe zusätzlich auch Daten aus der Studie KEYNOTE 062 und für die dritte Gruppe keine Studiendaten. Weil das exakte Behandlungsregime in den Studien unklar bleibt und verwertbare Daten zu bestimmten patientenrelevanten Endpunkten fehlen, können aus dem Material maximal Anhaltspunkte (erste Gruppe) bzw. Hinweise (zweite Gruppe) für einen höheren oder geringeren Nutzen abgeleitet werden.

Zugewinn an Lebenszeit

Beim HER2-negativen Adenokarzinom der Speiseröhre ist in den Daten beider Studien kein Effekt auf das Gesamtüberleben und auch in den anderen Endpunkten kein klinisch relevanter Unterschied erkennbar. Und für Patientinnen und Patienten mit HER2-positivem Adenokarzinom liegen keine bewertbaren Studiendaten vor. Für diese beiden Gruppen ist daher ein Zusatznutzen nicht belegt.

Anders beim Plattenepithelkarzinom: In der Studie KEYNOTE 590 überlebten die Betroffenen unter der neuen Behandlung im Median 13,9 Monate, im Kontrollarm dagegen 8,8 Monate. Zusammen mit einem geringeren Schaden in einigen Nebenwirkungsendpunkten ergibt sich ein Anhaltspunkt für einen erheblichen Vorteil, der durch einen einzelnen Anhaltspunkt für einen Nachteil im Nebenwirkungsendpunkt „immunvermittelte schwere unerwünschte Ereignisse“ nicht infrage gestellt wird. Über die gesundheitsbezogene Lebensqualität kann mangels verwertbarer Daten keine Aussage getroffen werden.

Insgesamt gibt es für die Erstlinienbehandlung lokal fortgeschrittener oder metastasierter, nicht kurativ behandelbarer Plattenepithelkarzinome der Speiseröhre einen Anhaltspunkt für einen erheblichen Zusatznutzen von Pebrolizumab in Kombination mit einer Platin- und Fluoropyrimidin-basierten Chemotherapie im Vegleich zu Cisplatin und 5-Fluorouracil. „In zehn Jahren der frühen Nutzenbewertung sehen wir zum ersten Mal einen neuen Wirkstoff für diese Indikation in der Erstlinie“, so Volker Vervölgyi, der im Ressort Arzneimittelbewertung des IQWiG den Bereich der Onkologika-Bewertungen leitet. „Die deutliche Verlängerung des Gesamtüberlebens beim ösophagealen Plattenepithelkarzinom ist erfreulich.“

G BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.
Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt folgende Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.

Originalpublikation
[A21-144] Pembrolizumab (Ösophaguskarzinom) - Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. https://www.iqwig.de/projekte/a21-144.html

Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung