Gefährdet ist jeder – Alternative Therapie bei Arthrose (Teil 1 - Ernährung)

Trotz Smog, zunehmender Umweltbelastung, Klimaerwärmung und Fast Food werden wir immer älter, aber leider auch immer schwerer. Das heißt unsere Gelenke werden nicht nur länger, sondern auch immer mehr belastet. Diese zunehmende Belastung muss von unseren Gelenken und damit vom Knorpel und Knochen abgefangen werden. Bei Bewegung nimmt diese Last noch deutlich zu und die Gefahr eines Gelenkverschleißes steigt. Dem gilt es entgegen zu wirken! Alternative Therapieoptionen, wie Nahrungsergänzungen, können hierbei hilfreich sein.

Ich weiß, viele Kollegen halten nichts von einer alternativen Arthrosetherapie und/oder Nahrungsergänzungsmitteln, obwohl sie tagtäglich diese selbst oft unbewusst empfehlen und verordnen (z.B. Magnesium bei Wadenkrämpfen, Vitamin B bei Nervenschäden, Vitamin C bei Erkältungskrankheiten, Folsäure in der Schwangerschaft). Sind sie oder ihre Familie aber plötzlich selbst betroffen ändert sich erfahrungsgemäß diese Einstellung. Das was bisher verpönt war, wird plötzlich interessant und salonfähig. Ist das eigene Knie lädiert oder das der Ehefrau und das gewohnte Golfspielen, der Basketballsport oder das Fußballspielen in Gefahr, entsinnt man sich, dass es da noch etwas anderes gibt. Da wird dann eifrig notiert, wie Glukosamin, Chondroitin, Kollagenhydrolysat, Hyaluronsäure und Co. wirken und in welcher Zusammensetzung und Menge sie eingesetzt werden können. Denken Sie auch daran, Penicillin entstammt einem Schimmelpilz oder Aspirin der Weidenrinde.


Gefahr durch Schmerzmittel?

Zur wichtigsten Medikamentengruppe der Schmerzmittel gehören die nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Die am häufigsten verordneten Wirkstoffe sind Diclofenac und Ibuprofen. Aber sie haben ihre Nebenwirkungen, insbesondere für Ältere, u.a. mit erhöhtem Risiko für Magen-Darmblutungen. Um das Risiko für derartige Blutungen zu senken, werden Magenschutzmittel (sogenannte Protonenpumpenhemmer) eingesetzt. Leider haben diese Protonenpumpenhemmer selbst wiederum Nebenwirkungen, die sich in einem negativen Effekt auf unseren Knochenstoffwechsel äußern.

Laut einer zertifizierten Fortbildung für Ärzte können NSAR gastrointestinale Nebenwirkungen verursachen. In Europa liegt die Letalität demnach bei 1/1220 Anwendern bei einer Einnahme über mehr als zwei Monate. Paracetamol gilt als ausgezeichnet verträglich. Es hat keine gastrointestinalen und kardiovaskulären Nebenwirkungen. Dafür ist es die häufigste Ursache eines medikamenteninduzierten Leberversagens in den USA. Im März 2017 stand in der Ärztezeitung als Zahl des Tages: 50 Prozent höher liegt einer Studie zufolge die Wahrscheinlichkeit eines Herzstillstands bei Patienten, die Diclofenac einnehmen, im Vergleich mit Patienten, die keine Schmerzmittel zu sich nehmen. Bei Einnahme von Ibuprofen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Herzstillstands um 31 Prozent.


Welche Alternativen gibt es?

Nicht verwunderlich, dass viele einen anderen Weg aus diesem Dilemma suchen, um ihren Körper weniger zu belasten. Es bleibt die Frage nach einer geeigneten, möglichst nebenwirkungsarmen Schmerztherapie.

Heutzutage besteht ein wachsendes Bedürfnis nach Naturheilkunde und auch in der Orthopädie sind Naturheilmittel immer mehr gefragt. Gerade bei unfallbedingten, entzündlichen und verschleißbedingten Prozessen des Stütz- und Bewegungsapparates bestehen gute Erfahrungen. Ich selbst sehe mich als „eingefleischten“ Schulmediziner, habe aber durch meinen Lehrmeister Herrn Prof. Dr. med. Hess, über 20 Jahre Mannschaftsarzt unserer Fußballnationalmannschaft, eine etwas „andere“ Ausbildung erfahren, die mich in meinem weiteren Berufsleben geprägt hat. Früh lernte ich, um nicht gegen Dopingrichtlinien zu verstoßen, mit homöopatischen, naturheilkundlichen Mitteln zu agieren.


Ernährung – Vitalstoffe für das Arthrosegelenk

Chondroitin und Glukosamin

Die europäische Rheumaliga (EULAR) stufte Chondroitin und Glukosamin mit dem höchsten Evidenzgrad 1A ein. Durch die Therapie kann nicht nur der Knorpelstoffwechsel unterstützt, sondern auch der Schmerzmittelbedarf reduziert werden. Chondroitinsulfat ist ein natürlicher Bestandteil unseres Gelenkknorpels. Als Nahrungsergänzungsmittel wird es aus Knorpelgewebe von Rindern, Schweinen, Wal- und Haifischen gewonnen. Die übliche Tagesdosis beträgt 800–1.200 mg. Auch Glukosamin ist ein Bestandteil des Knorpels. Substitutionspräparate werden aus Krustentieren wie Krabben und Garnelen gewonnen. Die übliche Dosierung beträgt 800–1.500 mg täglich. Häufig wird Glukosamin mit Chondroitin kombiniert.

Kollagen-Hydrolysat

Kollagen-Hydrolysat ist reines Eiweiß, das für die Stabilität und den Aufbau des Knorpels von Bedeutung ist. Hierbei ist es wichtig, dass die für den Knorpel wichtigen Aminosäuren u.a. Prolin, Glycin, Lysin ausreichend vorhanden sind. Im Gegensatz zur normalen Gelatine ist Kollagen-­Hydrolysat wasserlöslich. In Studien reduziert es bei Arthrose die Schmerzen und den Schmerzmittelbedarf.


Hyaluronsäure – Schmiere gegen Gelenkverschleiß

Im Jahr 2009 hatte es mein eigenes Knie erwischt: Ich musste meine Tätigkeit mit einer Gehstütze ausüben. Ein Aushängeschild für meine orthopädische Praxis war ich damals bestimmt nicht: übergewichtig, das Knie „hinterherschleifend“, da durch Arthrose gepeinigt. Ständig stellten meine Patienten bohrende Fragen. Dann kam mir die rettende Idee: Hyaluronsäure! Was meinen Patienten hilft, kann für mich nur gut sein, dachte ich. Und wirklich – Spritze für Spritze ging es mir besser. Hyaluronsäure ist eine natürliche Substanz, die in unseren Gelenken selbst gebildet wird. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Gelenkflüssigkeit, wird als Schmiermittel benötigt und hemmt zudem die Aktivität der knorpelabbauenden Enzyme. In einem verschlissenen, arthrotischen Gelenk sind Qualität und produzierte Menge der Hyaluronsäure herabgesetzt, dies beeinträchtigt die Schmier- und Stoßdämpferfunktion der Gelenkflüssigkeit. Die Folge: Belastung und Verschleiß nehmen stetig zu, dabei gilt es gerade das zu verhindern. Durch die intraartikuläre Injektion wird die Hyaluronsäure unmittelbar an den „Ort des Geschehens“ gespritzt und kann dort, wo sie benötigt wird, ihre Wirkung als Schmier- und Gleitmittel entfalten und die stoßdämpfende Eigenschaft des Gelenkknorpels fördern. Die Gelenkbeweglichkeit wird verbessert und der Knorpel bei Belastung geschützt. Studien zeigen, dass der Einsatz von Hyaluronsäure eine Operation hinauszögern oder sogar verhindern kann. Im November 2015 teilten die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und der Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) in einer Stellungnahme mit, dass die Therapie mit Hyaluronsäure als intraartikuläre Injektion ein wichtiger Bestandteil der konservativen Arthrosetherapie ist.


Phytotherapie

Ingwer

Warum nicht einmal eine längerfristige Einnahme von Ingwer empfehlen, gerade denen, die Ingwer sowieso schon mögen. Man sagt ihm nach, dass es schmerzlindernd wirke, insbesondere bei Muskelschmerzen helfe und die Beweglichkeit bei Arthrose verbessere. Weil Ingwer gut verträglich ist, stellt er eine Alternative zu den üblichen Schmerzmitteln dar – ein Behandlungsversuch lohnt sich. Mit einem direkten Wirkungseintritt ist aber nicht zu rechnen, ein paar Wochen sollte man sich schon gedulden. Ingwer kann roh (gerieben oder geschnitten) oder als Tee eingenommen werden.

Weidenrinde

Zu den bekanntesten schmerzlindernden Heilpflanzen gehört die Weidenrinde. Sie fand bereits in der Antike medizinische Verwendung. Sie enthält Salicin, das durch Stoffwechselvorgänge im Körper zu Salicylsäure umgewandelt wird (aus Salicylsäure wurde Aspirin entwickelt). Extrakte aus der Weidenrinde finden heutzutage bei Rückenschmerzen, Arthrose und Rheuma Anwendung.

Beinwell

Auch Beinwell hilft natürlich und wird seit über 2.000 Jahren für die Knochen genutzt. Beinwell (Symphytum officinale) enthält den Wirkstoff Allantoin sowie Gerbstoffe und Rosmarinsäure und hat einen abschwellenden und schmerzlindernden Effekt. Die Anwendung erfolgt äußerlich.

Brennnessel

Ebenso ist die Brennnessel nicht nur Unkraut. Sie vermag aufgrund ihrer entzündungshemmenden Eigenschaften Schwellungen und Arthroseschmerzen zu reduzieren und so die Beweglichkeit zu verbessern.

Teufelskralle

Hilfe verspricht auch die Teufelskralle aus Afrika. Sie wirkt entzündungshemmend, abschwellend und schmerzlindernd und findet deshalb bei Arthroseschmerzen Anwendung.


Mykotherapie – Was haben Pilze mit Arthrose zu tun?

Pilze, das waren für mich in erster Linie Nahrungsmittel – bis zu meiner Fortbildung zum Mykotherapeuten. Vitalpilze gehören zu den ältesten Naturarzneien der Menschheit, in Asien sind sie seit Jahrtausenden fester Bestandteil der Medizin. In letzter Zeit werden sie verstärkt auch bei uns zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt. Eigentlich haben sie hierzulande ebenfalls eine sehr lange Tradition in der Heilkunde – so wusste schon im 12. Jahrhundert Hildegard von Bingen darüber zu berichten. Mittlerweile bilden Pilze die Grundlage für einige äußerst wichtige Medikamente. Ein bekanntes Beispiel ist das uns allen bekannte Antibiotikum Penicillin, dessen Wirkung 1928 eher zufällig entdeckt wurde. Zur Arthrose- und Arthritisbehandlung eignen sich insbesondere die Vitalpilze Maitake, Shiitake, Reishi, Cordyceps sinensis, Agaricus blazei Murrill, Polyporus umbellatus, Pleurotus ostreatus und Hericium erinaceus. Sie enthalten für die Gelenkstruktur wichtige Vitamine, Mineralstoffe und lebensnotwendige Spurenelemente, helfen Schmerzen fast ohne Nebenwirkungen zu lindern, Schwellungen zu mindern und schmerzhafte Muskelverspannungen zu lösen. Vitalpilze sind in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich, etwa als getrockneter Pilz, als Extrakt oder als Pilzpulver (dafür wird der getrocknete Pilz fein vermahlen). Abhängig vom Beschwerdebild können mehrere Vitalpilze auch über einen längeren Zeitraum kombiniert eingesetzt werden.

► Im nächsten Beitrag (Teil 2/4) wird u.a. die Blutegeltherapie und Übersäuerung bei Arthrose thematisiert.

 

Buchtipp

„In Bewegung bleiben trotz Arthrose –Wieder ohne Schmerzen leben“

Die gute Nachricht: Mit den richtigen Maßnahmen kann die Krankheit beschwerdearm verlaufen und eine Operation eventuell vermieden werden.

Das neue Gesundheitsbuch des Autors vermittelt Einblicke in die unterschiedlichsten Therapieansätze und zeigt, dass neben klassischen konservativen, auch viele alternativmedizinische Methoden helfen.

Erfahren Sie hier mehr über Kernspinresonanz-, Laser- und Magnetfeldtherapie, Eigenblutbehandlung, MSM, Hilfe durch Vitalpilze, Weihrauch, Chili, Ingwer & Co. sowie Phytotherapie (Hagebutte, Beinwell, Weidenrinde etc.) und lernen Sie die „Therapie mit Biss“ kennen. Erfahren Sie mehr über Vitalstoffe für das Arthrosegelenk, wie Sie einer Übersäuerung entgegenwirken und durch einfache Änderungen Ihrer Ernährung den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen können.

Der Autor ist Facharzt für Orthopädie und selbst sein eigener Arthrosepatient. Er ist Ernährungsmediziner mit der Zertifizierung Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin BDEM und selbst übergewichtig. Er führt bundesweit das erste zertifizierte Arthrosezentrum DGFAM. Er verfügt über die Zertifizierung Naturheilverfahren und ist Leiter eines ambulanten osteologischen Schwerpunktzentrums DVO.

 

Peter Krapf, Frank Giarra; In Bewegung bleiben trotz Arthrose: Wieder ohne Schmerzen leben; 128 Seiten, 17,90 Euro, ISBN 978-3-7088-0723-2, Kneipp Verlag in Verlagsgruppe Styria GmbH & Co. KG

 

Weitere Teile der Serie
Gefährdet ist jeder - Alternative Therapie bei Arthrose
finden Sie hier:
► Teil 2 (u.a. Blutegel-, Kernspinresonanztherapie)
► Teil 3 (u.a. Eiweiß
► Teil 4 (Bewegung)

Dr. med. Peter Krapf

Facharzt für Orthopädie, Trier
www.krapf-kaltenkirchen.de

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