Gefährdet ist jeder – Alternative Therapie bei Arthrose (Teil 4: Bewegung)

Alternative Therapieoptionen, wie Nahrungsergänzungen, können bei der Arthrosebehandlung hilfreich sein. Auch Bewegung und Sport wirken sich förderlich auf Arthrose aus – denn ohne kräftige Muskeln kein stabiler Knochen. Diese Zusammenhänge und infrage kommende Sportarten erläutert Dr. med. Peter Krapf im vierten Teil der Arthrose-Serie.

Ich erinnere mich an eine 86-Jährige, die mir berichtete, dass Sie noch täglich Gymnastik betreibe, um fit zu bleiben. Ich muss gestehen, ich dachte an „leicht mit den Armen und Beinen wackeln“. Was ich dann sah, überraschte nicht nur mich, sondern auch meine Helferin: Die 86-Jährige schlug, auf dem Untersuchungsbett liegend, die Beine über den Kopf und stellte dort die Füße auf. Meine Helferin kommentierte das mit den Worten: „Das habe ich noch nie geschafft.“ Auch ein 91-Jähriger suchte mich regelmäßig wegen Knieproblemen in meiner Praxis auf. Geistig und körperlich noch topfit, legte er den – nicht gerade kurzen – Weg mit dem eigenen Fahrrad zurück. Aber es gibt auch Patienten, die mit 40 schon so unbeweglich sind, dass sie es nicht schaffen ohne zu schnaufen und nach Luft zu schnappen auch nur eine Treppe zu bewältigen.


Was lernen wir daraus?

Bewegung und Sport sorgen für starke Muskeln, stabile Knochen und bewegliche Gelenke. Körperliche Aktivität und Alter, das schließt sich nicht aus. Im Gegenteil: Bewegung hilft, fit zu bleiben oder fit zu werden.

Generell führt eine unzureichende Belastung der Gelenke zur Abnahme der Muskulatur und langfristig zur Schädigung des Gelenkknorpels. Sportliche Betätigung wirkt dem entgegen und hat somit auch einen positiven Effekt auf den Verlauf einer Arthrose. Die Ernährung des Gelenkknorpels wird verbessert, die das Gelenk stabilisierende Muskulatur gestärkt. Der bei Arthrose typischen „Gelenkeinsteifung“ wird entgegengewirkt.


Krafttraining – besser als sein Ruf

War Krafttraining noch vor wenigen Jahren verpönt und für viele mit Bodybuilding gleichgesetzt, hat sich diese Ansicht inzwischen komplett geändert. Heute weiß man, dass es zur Vorbeugung und Linderung vieler Beschwerden dienen kann – bei Männern und Frauen, Jungen und Alten, Schlanken und Übergewichtigen.


Es ist nie zu spät, zu beginnen

Bekanntermaßen verlieren wir mit zunehmendem Alter an Muskelmasse. Zwischen dem 20. und dem 50. Lebensjahr beträgt der Verlust lediglich 5 bis 10 Prozent, um dann drastisch anzusteigen. Ab dem 50. Lebensjahr beträgt er dann bis zum 80. Lebensjahr 30 bis 40 Prozent. Dieser Muskelschwund führt zu einem zunehmenden Verlust an Muskelkraft und Muskelleistung.

Kräftige Muskeln – stabile Knochen

„Was hat unsere Muskulatur mit unseren Knochen zu tun?“, werden sich viele fragen. Knochen ist fest und stabil, aber keine „tote“ Matrix, sondern ein lebendes, sich seiner Umgebung anpassendes Gewebe. Hierbei führen über die Muskulatur übertragene, auf den Knochen einwirkende Maximalkräfte zu Anpassungen und stabilisierenden Veränderungen des Knochens. Kräftige Muskeln haben daher direkte Auswirkungen auf den Knochen. Sie haben osteoanabole Effekte und sorgen dadurch für eine bessere Knochenqualität. Knochengesundheit bedeutet demnach körperliche Aktivität. Ohne Betätigung keine kräftigen Muskeln. Ohne kräftige Muskeln kein stabiler Knochen. Bei nachlassender Aktivität schwindet auch die Muskulatur. Die Festigkeit des Knochens lässt nach. Studien belegen, dass selbst über 85-Jährige noch davon profitieren.
 


Sturzvermeidung

Eine kräftige Muskulatur hat noch einen weiteren wichtigen Effekt: Sie sorgt auch für ein stabil geführtes Gelenk. Erst wenn Gelenkschmerzen auftreten – meist trifft es die Kniegelenke – weiß man, wie wichtig funktionierende Gelenke sind. Kräftige Muskeln sind die Voraussetzung für mehr Bewegungssicherheit. Kräftige Muskeln schützen uns vor Stürzen und ihren Folgen.



Blutdruck senken, Herz-Kreislauf-­System stärken

Früher riet man Bluthochdruckkranken vom Krafttraining ab, weil man befürchtete, dass es zu einem Anstieg des Blutdrucks käme. Zu Unrecht, wie Studien zeigten. Diese kamen zu dem Ergebnis, dass Krafttraining langfristig den Blutdruck genauso senken kann wie Ausdauersport. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass die Technik stimmt und eine Pressatmung, also das kurzfristige Anhalten der Luft bei Belastung, vermieden wird. Krafttraining richtig durchgeführt senkt den Blutdruck und stärkt unser Herz-Kreislauf-System.


Rückenprävention

Die „Sitzberufe“ in unserer Gesellschaft nehmen ständig zu. Unser 24-Stunden-Tag ist geprägt durch oft ausschließlich sitzende Tätigkeiten. Dies führt zu Fehlbelastungen verschiedener Muskelgruppen und Fehlbelastungen der Wirbelsäule. Das Muskelgleichgewicht wird gestört. Die Folge sind Fehlbeanspruchungen und letztendlich Abnutzung der Gelenke, also Arthrose der kleinen Wirbelgelenke. Ein regelmäßig durchgeführtes Krafttraining hilft nicht nur vorbeugend, sondern stabilisiert auch bei bereits eingetretenen Gelenkschäden. Empfehlenswert ist ein individueller Trainingsplan, der auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten ist. Das Krafttraining selbst sollte an modernen Geräten unter qualifizierter Anleitung erfolgen. Hierbei sollte die Belastung mit zunehmendem Training steigen und die bisher üblichen Alltagsbelastungen deutlich übertreffen. Zwei bis drei Mal Training pro Woche ist ratsam.


Radfahren ist gut für die Ausdauer und schonend für die Gelenke

Fahrradfahren ist so beliebt wie nie zuvor – und das bei allen Altersgruppen. Sicherlich auch ein Effekt des zunehmenden Bewusstseins für eine gesunde Lebensweise. Es fördert die Ausdauer, stärkt die Muskeln und stabilisiert somit die Gelenke und schützt uns vor Stürzen im Alltag. Jüngere Menschen legen mehr Wert auf den sportlichen Aspekt, ältere dagegen werden eher aufgrund der gesundheitlichen Vorteile (Prävention, Rehabilitation) aktiv. Radfahren ist gelenkschonend und daher gerade für übergewichtige Arthrosepatienten geeignet.


Augen auf beim Fahrradkauf

  • Der Fahrradrahmen sollte eine rückengerechte Sitzhaltung ermöglichen. An drei Stellen stehen wir mit unserem Fahrrad in Kontakt und zwar dem Lenker, dem Sattel und den Pedalen. Eine leicht nach vorne geneigte Sitzhaltung gilt als ideal, dabei sollten 30 Grad nicht überschritten werden. Sitzen wir zu weit nach vorne geneigt, müssen wir, um eine gerade Blickrichtung zu haben, den Kopf anheben und unsere Halswirbelsäule dabei überstrecken. Dies schadet auf Dauer unseren kleinen Wirbelgelenken.
  • Auch sollte man auf einen möglichst geringen Durchstieg achten. Mit zunehmendem Alter nimmt die Beweglichkeit der Hüftgelenke und der Wirbelsäule ab. Deshalb sollte auf ein hüft- und rückenfreundliches Auf- und Absteigen Wert gelegt werden. Es dient der Sicherheit und reduziert die Sturzgefahr.
  • Auch an die Einstellung der Pedalen sollte gedacht werden. Bei tiefster Stellung sollten die Kniegelenke auf keinen Fall durchgedrückt sein. Es sollte eine Beugung von 5–10 Grad bestehen. Ansonsten droht ein frühzeitiger Verschleiß des Gelenkknorpels der Kniescheibe und des Gleitlagers.
  • Auch sollte der Fahrradlenker individuell einstellbar sein. Nur so ist eine aufrechte Körperhaltung zu gewährleisten.
  • Um Stöße auf das Rückgrat auf unebenen Fahrbahnen zu mindern, empfiehlt es sich auch auf eine Vorder- und Hinterradfederung Wert zu legen.


Das E-Bike erhöht die Lebensqualität

Für viele kommt das klassische Fahrradfahren aber nicht mehr in Frage: Hier bietet das E-Bike eine hervorragende Alternative zum rein muskelbetriebenen Rad. Es kann trotz gesundheitlicher Einschränkung die Lebensqualität deutlich verbessern und helfen, wieder mobil und fit zu werden.

Vor allem Menschen mit Knieproblemen und Jene, die Herz und Kreislauf nicht voll belasten dürfen, profitieren von den Möglichkeiten des E-Bikes. Auch älteren Menschen, die aus physischen oder psychischen Gründen länger nicht Rad gefahren sind, erleichtert es den Wiedereinstieg in eine gesundheitsfördernde Sportart.

Das Image des E-Bikes hat sich damit innerhalb weniger Jahre drastisch gewandelt! Galt es noch vor Jahren als Fortbewegungsmittel für Alte und Bedürftige, steht immer mehr der gesundheitsfördernde Aspekt im Vordergrund. Die jährlich steigenden Verkaufszahlen belegen dies eindrucksvoll.


Der richtige Akku

In der Werbung wird häufig mit Reichweiten von über 100 Kilometern geworben. Ich bin da oft sehr verwundert. Mit meinem E-Bike erreiche ich das nicht, obwohl mein eigenes auch noch über eine deutlich höhere Akku-Leistung verfügt als diese angepriesenen Modelle. Woran könnte das liegen, habe ich mich oft gefragt. Fahren die nur bergabwärts?

Meine Frau hat das gleiche E-Bike mit derselben Akku-Leistung. Wir fahren im gleichen Gang, dennoch hält ihr Akku länger. Warum? Tauschen wir die Räder, derselbe Effekt: Sie kommt weiter. Ich habe mich schon oft gefragt, ob das Gewicht hier eine Rolle spielen könnte. Schließlich wiege ich fast doppelt so viel.

Die tatsächliche Reichweite eines E-Bikes ist natürlich von der Landschaft (eben, hügelig oder sogar bergig, mit Bewältigung vieler Höhenmeter), aber auch vom Gewicht des Fahrers und seinem Gepäck, sowie den Windverhältnissen (Gegen- oder Rückenwind) abhängig. Die elektrische Tretunterstützung sollte gemäß den AGR-Richtlinien (Aktion Gesunder Rücken, www.agr-ev.de) Radfahrern ermöglichen, mit geringer Kraftanstrengung eine Mindestreichweite von 40 Kilometern zu fahren. Reicht das nicht, sollten ein Ersatz-Akku mitgeführt werden. Ein gutes E-Bike bekommt man nicht für einen „Schnäppchenpreis“. Vergleichen Sie es mit der Anschaffung eines günstigen Zweit-Pkws, der ihrer Gesundheit gut tut.
 


Wie sieht das richtige E-Bike aus?

Der Zusatzantrieb läuft nur, wenn der Fahrer in die Pedale tritt, je nach Fahrmodus unterschiedlich stark. Was fürs Auto gang und gäbe ist, nämlich Sitzkomfort, Bedienungsfreundlichkeit und eine Technik im Dienst des Fahrers, das muss auch für E-Bikes gelten. Nur das richtige Produkt ist ein Garant für Freude am gesunden Fahren. Wichtig ist unter anderem, dass sich der Akku leicht entfernen und getrennt vom E-Bike aufbewahren, laden und transportieren lässt. Dies ist insofern wichtig, da das Gewicht des Akkus relativ hoch ist und das E-Bike ohne Akku deutlich leichter über eine Kellertreppe oder auf den Fahrrad­träger gehievt werden kann.



Nordic Walking – Fit durch zwei Stöcke

Eigentlich sieht Nordic Walking ganz einfach aus. Aber leider machen es die meisten immer noch falsch, trotz der vielen Angebote und Unterstützung durch die Krankenkassen.

Vor Jahren berichteten mir Patienten, dass Sie im Fitnessstudio von einem Walking Instructor beraten wurden und gaben diverse, zum Teil widersprüchliche Empfehlungen ab. Um mithalten zu können, beschloss ich mich selbst ausbilden zu lassen. Nach meiner Ausbildung zum Nordic Walking Instructor sehe ich Nordic Walking mit ganz anderen Augen. Ich habe sehr schnell begriffen, wie der Bewegungsablauf des linken Armes auszusehen hat. Auch das Prozedere mit dem rechten Arm gelang schnell. Aber mit beiden Armen gleichzeitig, da hatte ich ein Problem. Seitdem weiß ich: Der überwiegende Teil der „Nordic Walker“ übt den Sport falsch aus, ohne zu wissen, dass dies nachteilige gesundheitliche Folgen haben könnte. Viele dieser „Falschwalker“ könnten auch zwei Discounter Tüten vor sich hertragen, das hätte den gleichen Effekt wie das „Benutzen“ der Stöcke. Auch wenn Nordic Walking ganz einfach aussieht, empfehlen Sie Ihren Patienten einen Kurs zu belegen.


Was macht Nordic Walking für den Anfänger so interessant?

Die medizinischen Risiken beim Nordic Walken sind im Vergleich zu anderen Sportarten äußerst gering. Die Gelenke werden ungleich weniger belastet als beim Tennisspielen oder Joggen. Das ist insbesondere für diejenigen von großer Bedeutung, die bereits Gelenkprobleme haben und unter Arthrose leiden. Man sollte diese Sportart keineswegs unterschätzen. Nordic Walking hilft nicht nur (älteren) Anfängern, sondern auch sportlich Ambitionierten die Kondition zu verbessern und die Muskelmasse zu stärken. Der entscheidende Vorteil gegenüber vielen anderen Sportarten ist die Möglichkeit, die körperliche Anstrengung und das Tempo individuell – dem Alter und der Fitness entsprechend – anzupassen: Einsteiger und Übergewichtige können also beispielsweise langsamer starten und sich dann allmählich steigern.

Der erste Schritt zu mehr Bewegung ist immer der schwierigste. Nordic Walking macht diesen Schritt jedoch relativ einfach, denn es erlaubt, nebenbei „kommunikativ zu sein“: Gerade bei Anfängern ist es zur Steuerung der Belastungs­fähigkeit oft wichtig, dass während der Sportausübung noch eine Unterhaltung möglich ist. Die Ausübung in einer Gemeinschaft fördert zudem die Motivation und spornt an. Untrainierten und erheblich Übergewichtigen sei vor dem Start in die „Nordic-Walking-Karriere“ ein Gesundheitscheck empfohlen.


Die richtige Technik ist vonnöten

Auch wenn der Bewegungsablauf prinzipiell recht einfach aussieht, sollte er nicht unterschätzt werden. Denn in Wirklichkeit ist das koordinierte Gehen mit Stöcken doch eine recht komplexe Angelegenheit, die erlernt gehört. Denn eine gute Technik ist äußerst wichtig! Nordic Walking ist zwar eine geeignete Sportart für Jung und Alt. Aber es bleibt nach wie vor das gleiche Problem: Die meisten machen es falsch und üben den Sport technisch unzureichend aus.
 


Was sollte man vermeiden?

Viele tragen die Stöcke vor sich her, anstatt sie aktiv einzusetzen, setzen die Stöcke zu weit vom Oberkörper entfernt auf und machen zu große Schritte. Andere lassen sie am Boden schleifen. Geht man zu schnell, besteht die Gefahr, dass die Ferse zu steil aufgesetzt und das Knie durchgedrückt wird. Das hat nicht nur negative Auswirkungen auf den Knorpel unter der Kniescheibe, sondern kann auch negative Folgen für die Hüften und den Rücken haben. Auch das richtige Greifen und Loslassen der Stöcke will gelernt sein.



Gesundheitsaspekte

Die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit sind vielfältig. Nordic Walking kann zum Beispiel beim Abnehmen helfen. Das ist gerade für übergewichtige Arthrosepatienten von Bedeutung. Auch wenn das Training nicht so anstrengend erscheint, ist es dennoch äußerst effektiv. Der Fettabbau wird angekurbelt und der Stoffwechsel angeregt.

Regelmäßig durchgeführt löst Nordic Walking Verspannungen und stärkt die Muskulatur, insbesondere in Armen und Beinen sowie Rücken und Bauch. Somit trägt Nordic Walking zu einem besseren Allgemeinbefinden bei – was nicht zuletzt auch der Tatsache geschuldet ist, dass man es im Freien ausübt und gerne auch in der Gruppe. Aber man kann auch gut alleine „nordic walken“.


Welche Ausrüstung ist nötig?

Ein wichtiger Punkt ist die Wahl der Nordic-Walking-Stöcke. Berücksichtigt werden muss hier vor allem die Körpergröße. Eine Beratung vom Fachmann ist empfehlenswert. Nordic-Walking-Stöcke verfügen im Gegensatz zu Wander- oder Ski-­Stöcken über ein spezielles Schlaufensystem, das erst die Gehtechnik ermöglicht. Bequeme, atmungsaktive Kleidung sollte getragen werden. Spezielle Nordic-Walking-Schuhe sind nicht erforderlich. Hierzu genügt ein normaler Sportschuh.
 

Weitere Teile der Serie
Gefährdet ist jeder - Alternative Therapie bei Arthrose
finden Sie hier:
► Teil 1 (u.a.Vitalstoffe)
► Teil 2 (u.a. Blutegel-, Kernspinresonanztherapie)
► Teil 3 (u.a. Eiweiß)

Dr. med. Peter Krapf

Facharzt für Orthopädie, Trier
www.krapf-kaltenkirchen.de

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