Leitungswasser kann das nicht leisten! - Ein Kommentar

Leitungswasser oder Mineralwasser? Wasser aus dem Hahn ist aus Sicht des Bundesumweltministeriums das Getränk der ersten Wahl – auch mit Blick auf den Klimaschutz. Im Hinblick auf die Mineralstoffzufuhr ist dies bezüglich der Vorbeugung und Behandlung von Arthrose, Arthritis und Osteoporose jedoch äußerst bedenklich. Zumal wir über besonders gesundheitsfördernde mineralstoffreiche Mineralwässer verfügen.

Calcium ist unbestritten der wichtigste Grundstoff für den Knochenaufbau und an wesentlichen Stoffwechselvorgängen beteiligt. Wird zu wenig Calcium über die Nahrung zugeführt, greift der Körper hormongesteuert auf seine Notreserven im Knochen zurück. Dies erfolgt dann zu Lasten der Knochenstabilität! Arthrose und Osteoporose drohen.

Wie Calcium ist auch Magnesium für unser Knochengerüst unabdingbar. Es aktiviert das Vitamin D und die knochenaufbauenden Zellen, erleichtert den Calciumtransport und führt zu einer Erhöhung der Mineraldichte im Knochen. Mit der richtigen Mineralstoffzufuhr lässt sich effektiv zur Vorbeugung und Behandlung von Arthrose, Arthritis und Osteoporose beisteuern.


Der wissenschaftliche Dachverband Osteologie (DVO) empfiehlt die tägliche Sicherstellung von 1000 mg Calcium zur Osteoporose und Knochenbruchvorbeugung.1 Ebenso nennt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1000 mg Calcium als Referenzwert täglich.2



Calciumlieferanten: Milchprodukte und alkoholfreie Getränke

Laut Nationaler Verzehrs Studie II des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz3 nehmen sowohl Männer als auch Frauen die größte Menge an Calcium über Milch und Milcherzeugnisse auf. An zweiter Stelle tragen alkoholfreie Getränke nennenswert zur Calciumzufuhr bei. Weitere Lebensmittelgruppen spielen keine bedeutende Rolle für die Calciumzufuhr, so das Bundesministerium. Das ist verständlich, wenn man sich z.B. anschaut wieviel Calcium unser Obst und Gemüse enthält:

Obst: Apfel: 5,3 mg/100 g, Banane: 6,5 mg/100 g, Birne: 10mg/100g, Aprikose: 16mg/100g, Erdbeere 19 mg/100g
calciumreiches Gemüse: Grünkohl: 212 mg/100 g, Brokko­li: 58mg/100 g, Fenchel: Blatt 109 mg/100 g
Wer isst schon 100 Äpfel oder 1,5 KG Brokkoli täglich?

Laut Bundesministerium erreichen 46 % der Männer und 55 % der Frauen die empfohlene tägliche Zufuhr an Calcium nicht. Viele erreichen nur eine tägliche Zufuhr von 600 – 800 mg. Was ist mit denen, die keine Milch und Milchprodukte mögen oder nicht verwerten können, z.B. bei Laktoseintoleranz? Was ist mit den Sportlern, die vermehrt Mineralien durch Schwitzen verlieren? Es fehlen demnach oft bis zu 400 mg und mehr, um das tägliche Minimum zu erreichen.

 

Leitungswasser vs. Mineralwasser

Wasser aus dem Hahn ist aus Sicht der Bundesumweltministerin Svenja Schulze als Getränk das Mittel der Wahl – auch mit Blick auf den Klimaschutz. Sie ruft dazu auf Leitungswasser zu trinken. Trinkwasserbrunnen seien eine gesunde und umweltfreundliche Alternative. Im Hinblick auf den Mineralgehalt von Leitungswasser, halte ich dies für gesundheitsgefährdend. Wir müssten dann alle (siehe Bundesamt für Ernährung) künftig auf den Calciumlieferanten Nummer 2 (und gleichzeitig auch noch den Magnesiumlieferanten Nummer 1) die alkoholfreien Getränke verzichten.

Calcium

Leitungswasser ist keine gute Wahl um den Mineralstoffgehalt zu decken. Der Calciumgehalt des Leitungswassers (in mg/l) beträgt beispielsweise in Karlsruhe 110, Köln 73 bis 85 (rechtsrheinisch) und in Trier maximal 36,7 (siehe Tabelle 1). Leider kann ein Trierer sich das Leitungswasser nicht aussuchen, folglich nicht das Leitungswasser aus Karlsruhe oder Berlin täglich trinken. Ich möchte an dieser Stelle betonen, es geht hier nicht um die Hygiene - Leitungswasser ist diesbezüglich unbestreitbar gut - sondern um die Zufuhr lebenswichtiger Mineralstoffe.

Tabelle 1: Mineralgehalt verschiedener Leitungswässer *Durchschnittswerte (Stand Oktober 2019)

 

Calcium (mg/l)

Magnesium (mg/l)

Hydrogencarbonat (mg/l)

Karlsruhe

110

9,8

323

Berlin

108

10,7

250,44

München*

79

20,3

306,7

Köln (rechtsrhein.)

73 – 85

10 – 18

211 – 237

Bremen - Stadt

42

3,9

-

Dresden

36,9 – 71,4

2,73 – 14,2

-

Hamburg, Neugraben*

33

3

-

Trier

26 – 36,7

2,6 – 16,9

-


Interessanterweise findet sich auf der Homepage der Berliner Wasserbetriebe der Hinweis: 
„Bitte beachten Sie: Wassertrinken reicht nicht aus, um den lebensnotwendigen Bedarf an Mineralstoffen zu decken.“
Das geeigneteMineralwasser vermag diese Lücke zu schließen! Nicht aber das Trinkwasser!


  

Magnesium

Ähnlich verhält es sich mit dem Magnesium! Männer und Frauen nehmen laut Bundesministeriums für Ernährung die größte Menge Magnesium über alkoholfreie Getränke auf. 26 % der Männer und 29% der Frauen erreichen die empfohlene tägliche Zufuhr von Magnesium nicht, so das Bundesministerium. Trinkwasser ist auch hier keine Lösung. Der Magnesiumgehalt des Leitungswassers (in mg/l) beträgt in München 20,3, Köln 10 bis 18 (rechtsrheinisch), Berlin 10,7, Karlsruhe 9,8, Bremen (Stadt) 3,9, Hamburg (Neugraben) 3 und in Trier 2,6 bis 16,9.

Hydrogencarbonat

Der überwiegende Anteil unserer Bevölkerung neigt zur Übersäuerung mit drohender Gefahr unspezifischer Krankheitssymptome oder sogar chronischer Erkrankungen. Hierzu zählen Arthrose und Osteoporose, Erschöpfung, Konzentrationsschwäche, Infektanfälligkeit, Störungen des Nervensystems, Muskelverspannungen, Muskel- und Sehnenschmerzen, brüchige Nägel, Knochenschmerzen, Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Hautausschläge, Haarausfall, Ischiasbeschwerden, Gelenkreizungen, Gelenkschmerzen, Störungen im Magen-Darm-Trakt sowie Sodbrennen. Zum Ausgleich des Säure-Basen Haushaltes verfügt unser Körper über Puffersysteme zu denen in erster Linie Hydrogencarbonat (Bicarbonat) und Mineralien wie Calcium, Kalium, Natrium und Magnesium gehören. Auf eine ausreichende Versorgung mit bicarbonatreichem Mineralwasser (mit über 1.500 mg Bicarbonat) ist deshalb zu achten. Trinkwasser in Karlsruhe enthält 323mg/l Hydrogencarbonat, Berlin 250, München 306 und Köln bis zu 237 (bei anderen keine Werte gefunden). Bikarbonatreiche, basische Mineralwasser hemmen den Knochenabbau (Verhinderung der Osteoporose) stärker als ein nicht basisches Wasser mit gleichem Kalziumgehalt4 und können auch helfen den Harn-pH in einen therapeutischen Bereich anzuheben und tragen so zur Vorbeugung von Harnsteinen und Gicht bei. Das alles leistet Trinkwasser nicht.

Zu bedenken ist auch, dass Mineralwässer aus unterirdischen, vor Verunreinigung gut geschützten Wasservorkommen entstammen und direkt am Quellort abgefüllt werden. Trinkwasser (Leitungswasser) stammt zu einem Teil aus Grundwasser und zum anderen Teil aus Oberflächenwasser. Es wird dann durch Rohrleitungen in die Haushalte transportiert und dient dann den unterschiedlichsten Verwendungszwecken, beispielsweise Duschen und Trinken. Bis zur Wasseruhr ist der Wasserversorger für die Wasserqualität verantwortlich. Was dann geschieht unterliegt den Rohrleitungen in Ihrem Haus. Wie alt ist ihr Haus? Wann wurden ihre Rohrleitungen erneuert?

 

Wie finde ich das passende Mineralwasser?


Worauf ist bei der Suche nach dem richtigen Mineralwasser zu achten?

  • Die Aufnahme von 1000 mg Calcium* sollte angestrebt werden (oft fehlen bis zu 400 mg Calcium).
  • Eine Gesamtcalciumzufuhr von 1500 mg sollte nicht weit überschritten wird (Gefahr für Herz-Kreislauf).
  • Die empfohlene Zufuhr für Magnesium für Frauen und Männer ab 25 Jahren beträgt 300 bzw. 350 mg täglich.*
  • Das individuelle Trinkverhalten berücksichtigen (Ältere trinken oft weniger als einen Liter Wasser, ein Sportler oft mehr als 2 bis 3 Liter).
  • Vorerkrankungen beachten (Mehrbedarf z.B. bei Diabetikern).
  •  Zwischen Medium, Classic und Naturell können große Inhaltsunterschiede liegen.

Ich bevorzuge ein Mineralwasser, dass einen hohen Calciumgehalt 630 mg/l (Mineralwasser A) hat. Zudem eines, das mit 241mg/l einen äußerst hohen Magnesiumgehalt und zudem einen Calciumgehalt mit 168 mg/l besitzt und zudem mit einem Hydrogencarbonat von 2451 deutlich im basischen Bereich (über 1.500 mg/l) liegt (Mineralwasser B, überregional erhältlich). Sowie ein Mineralwasser (C), dass 348 mg/l Calcium und 108 mg/l Magnesium beinhaltet und mit 1816 mg/l Hydrogencarbonat ebenfalls im basischen Bereich liegt und bundesweit erhältlich ist.

 

Tabelle 2: Empfohlene Mineralwässer

 

Calcium (mg/l)

Magnesium (mg/l)

Hydrogencarbonat (mg/l)

Mineralwasser A (medium, classic, naturell)

630

40

240

Mineralwasser B (medium, classic)

168

241

2451

Mineralwasser C (medium, classic)

348

108

1816

 

Sprudel wie Mineralwasser A mit mehr als 500 m/l Calcium gibt es in Deutschland zahlreiche auf dem Markt. Auch für Mineralwasser C gibt es bundesweite Alternativen, mit einem ähnlichen Magnesium- und Calciumgehalt. Beim Magnesiumreichen Mineralwasser B (das magnesiumreichste in Deutschland und dazu noch mit einem guten Calciumgehalt) ist es wesentlich schwieriger, gerade für den Wenigtrinker einen adäquaten Ersatz zu finden, da nicht allzu viele Mineralwässer auch nur annähernd in diesem Magnesiumbereich liegen. Dennoch gibt es einige, die deutlich über 100 mg/l liegen.

Beispiele für unterschiedliches Trinkverhalten:

 < 1,5 Liter

Ein älterer Mensch trinkt oft wenig, mitunter nicht einmal 1,5 Liter.
Dem empfehle ich 0,5 Liter Mineralwasser A und 1 Liter Mineralwasser B. Das sind dann zusammen:
483 mg Calcium und 261 mg Magnesium.

Zum Vergleich:
Leitungswasser aus Trier maximal 55 mg Calcium und 25 mg Magnesium
Leitungswasser aus Köln 127 mg Calcium und 27 mg Magnesium

ca. 2 Liter

Jemandem der circa 2 Liter trinkt könnte man 2 l Mineralwasser B empfehlen.
Das wären dann 336 mg Calcium und 482mg Magnesium.

Oder auch 1 Liter Mineralwasser C und 1 Liter Mineralwasser B:
Das wären dann 516 mg Calcium und 349 mg Magnesium.

Zum Vergleich:
Leitungswasser aus Trier maximal 74 mg Calcium und 34 mg Magnesium
Leitungswasser aus Karlsruhe 220 mg Calcium und 20 mg Magnesium.

Wobei noch darauf hinzuweisen ist, das sowohl Mineralwasser B mit einem Hydrogencarbonat von 2451 mg und Mineralwasser C mit 1816 mg beides basische Mineralwässer sind (mehr als 1500 mg) und somit der Übersäuerung des Körpers entgegenwirken, während die Trinkwasser aus Karlsruhe, Berlin, München und Köln mit 200 bis 323mg/l weit darunter liegen.

ca. 2,5 Liter

Jemandem der 2,5 Liter trinkt könnte man 1 Liter Mineralwasser C und 1,5 Liter Mineralwasser B empfehlen,
also Gesamt 600 mg Calcium und 470 mg Magnesium.

Zum Vergleich:

Leitungswasser aus Trier maximal 92 mg Calcium und 42 mg Magnesium.
In Hamburg (Neugraben) wären es 82,5 mg Calcium und 7,5 mg Magnesium.

> 2,5 Liter

Jemand der noch mehr trinkt, kann das „Mehr“ gerne aus Leitungswasser beziehen. Er sollte aber keinesfalls 4 Liter Mineralwasser A Sprudel trinken.
Das wären dann nämlich 2480 mg Calcium + seine Nahrung und dann entschieden zu viel.

 

Nachteile von Tabletten

Bei einem Umstieg auf Leitungswasser müsste man um die DACH-Empfehlungen* zu erreichen auf Calcium und Magnesium (Brause-)Tabletten zurückgreifen. Bei diesen Tabletten ist auch zu bedenken, dass die Mineralien nicht wie im Mineralwasser in natürlicher Form und gut resorbierbar vorliegen, sondern an Salze wie Carbonat, Sulfid oder Oxid gebunden sind und nur eingeschränkt verstoffwechselt werden. Immer wieder muss ich es erleben, dass gerade Calciumpräparate zu hoch konzentriert aufgenommen werden. Kommt es dann zu Nebenwirkungen, wie Blähungen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen oder Bauchschmerzen werden sie ganz weggelassen. Davon erfahre ich dann oft erst nach Monaten. Tabletten werden oft vielfach mitsamt der erforderlichen Verpackung im Ausland produziert. Was bei einer klimafreundlichen Lebensweise zusätzlich bedacht werden sollte.
 

Literatur

1 DVO-LEITLINIE 2017 zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern https://www.dvosteologie.org/uploads/Leitlinie%202017/DVO%20Leitlinie_Kitteltaschenversion_gesamt.pdf
2  Referenzwert der DGE: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/calcium/
3 Nationale Verzehrsstudie II, Max Rubner-Institut Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel 2008
4 Wynn E, Raetz E, Burckhardt P. Br J Nutr. 2009 Apr;101(8):1195-9. doi: 10.1017/S0007114508061515. Epub 2008 Sep 8. PMID: 18775101.

*Die D-A-CH Referenzwerte werden von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE, der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung ÖGE und der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE gemeinsam herausgegeben.

 

Dr. med. Peter Krapf

Facharzt für Orthopädie, Trier
www.krapf-kaltenkirchen.de

 

Oktober 2019

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