Wie kurz darf eine „nähere Erläuterung“ ausfallen?

Bei der Berechnung von Leistungen mit höherem Faktor (über 2,3- bzw. 1,8-fach) können Kostenträger den Arzt mit einer „näheren Erläuterung“ konfrontieren, insbesondere Beihilfen verfahren routine­mäßig so.

Paragraf 12 Absatz 3 der GOÄ verlangt beim Ansatz eines höheren Faktors, dafür in der Rechnung eine „verständliche und nachvollziehbare“ Begründung anzugeben. Trotz aller Sorgfalt bei den Begründungen versuchen manche Kostenträger (insbesondere Beihilfen), dem Arzt den Ansatz höherer Faktoren zu verleiden, indem sie (über den Patienten) geradezu routinemäßig noch eine „nähere Erläuterung“ verlangen. Der Kostenträger muss nicht einmal begründen, warum er diese „nähere Erläuterung“ verlangt. Der Patient möchte die Erstattung, auch mit dem höheren Faktor und bittet dann den Arzt um eine solche „nähere Erläuterung“. Die kann man ihm nicht verwehren, denn § 12 GOÄ sagt im Absatz 3: „Auf Verlangen ist die Begründung näher zu erläutern.“

 


Als eine sogenannte „Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag“ kann der Arzt für die „nähere Erläuterung“ nicht einmal ein Honorar berechnen. Allein das ist aber schon ein Hinweis darauf, dass diese „nähere Erläuterung“ keinen allzu hohen Aufwand verursachen darf.


Die Erläuterung darf (auch sehr) kurz sein

Keinesfalls sind ausführliche oder wer-weiß-wie abwägende Ausführungen nötig. „Näher“ bezieht sich nur darauf, die Gründe für den höheren Faktor nachvollziehbarer zu machen beziehungsweise überprüfen zu können, nicht auf eine Ausführlichkeit. Mit wenigen Sätzen darzustellen, welcher Art die bei dem Patienten, der Art der Erkrankung oder der Leistungsdurchführung besonderen Gegebenheiten der Begründung sind, ist ausreichend. Das kann man auch vorbereitet haben.

Urteile

Es gibt viele Gerichtsurteile dazu, dass man hier nicht der Willkür eines Kostenträgers ausgeliefert ist.

Ein geradezu „vorbildliches“ Urteil dazu ist das des Amtsgerichtes Langenfeld vom 17.12.1998. Dort heißt es: „Mehr als das würde das Maß allen Zumutbaren sprengen und kann ... schlechterdings nicht verlangt werden, wobei hinlänglich bekannt ist, dass die ... für die Beihilfe zuständigen Behörden ... eine ausgesprochen restriktive Haltung einnehmen ... Dies kann aber nicht Beurteilungsgrundlage sein... Bei anderweitiger Betrachtung würde nämlich kaum ein Arzt seine Hauptaufgabe, das heißt die Behandlung von Kranken, erfüllen können, weil er nahezu pausenlos mit der Erläuterung seiner Rechnungen beschäftigt wäre.“

► AG Langenfeld AZ.: 23 C 315/98

WichtigWird eine „nähere Erläuterung“ zur Begründung bei dem Ansatz eines höheren Faktors verlangt, kann man dem nicht ausweichen

die „nähere Erläuterung“ kann aber sehr knapp gehalten werden. Einige Sätze statt der einigen Worte in der Rechnung reichen

Hinweise auf Gerichtsurteile unterstützen diese Auffassung. Ruft der informierte Patient dann beim Kostenträger an, ist die Sache oft auch in Zukunft erledigt

In die gleiche Richtung geht das Urteil des Oberverwaltungsgericht Lüneburg vom 12.08.2008. Dort: „Einer ausführlichen ärztlichen Stellungnahme, deren Anfertigung möglicherweise mehr Zeit in Anspruch nimmt als die abzurechnende Behandlung, bedarf es allerdings nicht.“

► OVG Lüneburg AZ.: 5 LA 368/08

Das Verwaltungsgericht Köln sagte im Urteil vom 18.03.2013 zu den Anforderungen an die Begründung selbst: „... sind keine überzogenen Ansprüche an eine ausreichende Begründung zu stellen ... Begründung muss aber geeignet sein, das Vorliegen solcher Umstände nachvollziehbar zu machen ... mit individuellen patientenbezogenen Besonderheiten... .“

► VG Köln AZ.: 19 K 6612/11

Hinweis an Beihilfe

Manchmal hilft auch ein Hinweis Ihres Patienten an die Beihilfe auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.10.2001: „Wird bei der Festsetzung der Beihilfe die Überschreitung des Schwellenwertes (2,3-facher Gebührensatz) in einer Zahnarztrechnung rechtswidrig und schuldhaft nicht anerkannt, und lässt sich daraufhin der den Antrag stellende Beamte wegen der bei ihm durch diese Entscheidung hervorgerufenen begründeten Zweifel an der Richtigkeit der Rechnungsstellung auf einen Zivilrechtsstreit mit dem behandelnden Arzt ein, so sind ihm die im Falle des Unterliegens entstehenden Kosten zu ersetzen.“

► BGH AZ.: III ZR 231/10

Fazit

Mit Hinweisen auf diese Urteile kann man den Patienten in der Regel davon überzeugen, dass die Forderung des Kostenträgers überzogen ist und dass man die „nähere Erläuterung“ nur im Interesse des Patienten abgibt.