Der Behandlungsfall in der Privatliquidation

Manchmal lohnt es, bei der Abrechnungs­bestimmung zum „Behandlungsfall“ in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) genauer hinzusehen.

 

Einige Ziffern in der GOÄ sind in ihrer Abrechenbarkeit auf den „Behandlungsfall“ bezogen. Am häufigsten sind davon die Nrn. 1 GOÄ (Beratung) und 5 GOÄ (symptombezogene Untersuchung) betroffen.

Zu ihnen gilt die allgemeine Bestimmung Nr. 2 vor Abschnitt B:

Die Leistungen nach den Nrn. 1 und/oder 5 sind neben Leistungen nach den Abschnitten C bis O im Behandlungsfall nur einmal berechnungsfähig.“ Da Abschnitt B bei der Nr. 200 beginnt, kann man verkürzt sagen „ab Nr. 200 aufwärts“.

Der Behandlungsfall selber ist wie folgt definiert (allgemeine Bestimmung Nr. 1 GOÄ):

Als Behandlungsfall gilt für die Behandlung derselben Erkrankung der Zeitraum eines Monats nach der jeweils ersten Inanspruchnahme des Arztes.
Offensichtlich ist, dass die Definition durch „jeweils der ersten Inanspruchnahme des Arztes“ nicht arztübergreifend gilt. Ist eine Patientin also bei mehreren Ärzten in Behandlung, gilt für jeden Arzt ein anderer (eigener) Behandlungsfall. Anders ist das nur in der Gemeinschaftspraxis. Dort entsteht durch die Behandlung durch den Gemeinschafts­praxispartner kein neuer Behandlungsfall.

Nur wenn der Gemeinschaftspraxispartner spezialisiert wäre und nur die spezielle Erkrankung behandeln würde, entstünden unterschiedliche Behandlungsfälle. Da dies nicht jedem Kostenträger einsichtig ist und die Gemeinschaftspraxis gemeinsam abrechnet, sollte besser der Spezialist eine neue Diagnose stellen (was sachlich ohnehin meist gegeben ist).
Zeitraum eines Monats

Der „Zeitraum eines Monats“ umfasst nicht den Monatsnamen oder vier Wochen oder 30 Tage, sondern ist eine Fristenregelung im Sinne des § 188 Abs. 2 BGB. Dadurch endet die Monatsfrist, wenn sich der Monatsname geändert und das Datum um mindestens „eins“ erhöht hat.

Beispiele: Erster Termin am 19. September – neuer Behandlungsfall am 20. Oktober. Dabei muss die Behandlung sich nicht über die gesamte Monatsfrist erstrecken. Eine Inanspruchnahme des Arztes ist ausreichend, um den Behandlungsfall (die Monatsfrist) auszulösen.

Liegen die Behandlungszeiträume weiter als in der Monatsfrist auseinander (Beispiel: erster Termin am 19. September, nächster Termin am 27. Oktober), beginnt der neue Behandlungsfall fristbezogen erst mit dem neuen Termin am 27. Oktober (im Beispiel nicht schon am 20. Oktober).

Behandlung derselben Erkrankung

In der GOÄ tritt auch dann ein neuer Behandlungsfall ein, wenn noch innerhalb der Monatsfrist eines laufenden Behandlungsfalles eine neue Erkrankung hinzutritt. Damit beginnt auch dann ein neuer Behandlungsfall, wenn die Monatsfrist des ersten Behandlungsfalls noch nicht abgelaufen ist.

Beispiel Gynäkologie: Die Patientin wird am 19. September wegen Fluor vaginalis behandelt. Am 25. September liegt nun eine Adnexitis vor. Dann beginnt ein neuer Behandlungsfall und der Arzt kann zum Beispiel die Nr. 1 GOÄ erneut neben „Leistungen ab 200 aufwärts“ berechnen. Es empfiehlt sich, dann den Hinzutritt der neuen Diagnose zu diesem Datum in der Rechnung kenntlich zu machen. Nachfragen oder Streichungen werden so fast 100-prozentig vermieden.

Definition "derselben Erkrankung"

Schaut man sich die Definition „derselben Erkrankung“ an, so bestehen bei Vorliegen mehrerer Diagnosen mehrere Behandlungsfälle. Damit ist aber keine Erweiterung der Abrechnungsmöglichkeiten verbunden, denn die Nrn. 1 GOÄ und 5 GOÄ sind je Sitzung nur einmal berechenbar und neben anderen Leistungen, die hier infrage kämen, nicht berechenbar (zum Beispiel Nrn. 3, 34 und 7 GOÄ).

Es ist also nicht möglich, in derselben Sitzung zu „Diagnose 1“ die Nr. 7 GOÄ und zu „Diagnose 2“ die Nr. 5 GOÄ zu berechnen. Dadurch entsteht im oben angeführten Beispiel nach Hinzutritt der Diagnose „Adnexitis“ am 25. September ein neuer Behandlungsfall, der (sofern noch vorhanden) beide Diagnosen – Fluor vaginalis und Adnexitis – umfasst.

Zwei Konsequenzen hat das aber:

Zum einen ist die Beratung bei Vorliegen mehrerer Diagnosen häufig aufwendiger als durchschnittlich und die Nummer eins GOÄ kann mit entsprechender Begründung dann gesteigert werden.

Zum anderen sollte man bei der Rechnungstellung immer prüfen, ob von Anfang an alle Diagnosen vorlagen.

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wichtigHinsichtlich des „Zeitraumes eines Monats“ beginnt ein neuer Behandlungsfall, wenn sich der Monatsname geändert und das Datum um mindestens „eins“ erhöht hat

Bei größeren Abständen der Behandlung als der Monatsfrist beginnt der neue Behandlungsfall erst zum Datum der neuen Inanspruchnahme

Bei Hinzutritt neuer Diagnosen tritt ein neuer Behandlungsfall mit neuer Abrechnungsmöglichkeit ein. Bei der Rechnungserstellung sollte darauf geachtet werden, ob das der Fall war. In der Rechnung sollte dies kenntlich gemacht werden

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