Psychosomatische Grundversorgung

Die Abrechnung der psychosomatischen Grundversorgung folgt in der Privatliquidation etwas anderen "Spielregeln" als im EBM.

Wichtig
 
  • Nr. 849 GOÄ erfordert anders als Nr. 35110 EBM keinen Nachweis
    besonderer Qualifikation

  • Aus den Diagnoseangaben sollte die Plausibilität für eine verbale Interven­tion erkennbar sein. Die Interventionsinhalte sollten dokumentiert sein.

  • Bei Kindern kann gegebenenfalls neben Nr. 849 GOÄ auch die Nr. 4 GOÄ berechnet werden

  • Etwas heikel kann sein, dass der Patient zu Nr. 849 „psychotherapeutisch" liest

  • Für die psychosomatische Anamnese kann auch Nr. 806 GOÄ analog berechnet werden

 

Psychosomatische Grundversorgung ist in der GOÄ in erster Linie die Nr. 849 GOÄ. Dazu Standard ist die verbale Intervention bei psychosomatischen Störungen. Die Intervention bei psychoreaktiven Störungen oder gar neurotischen Störungen ist in der urologischen Praxis selten.

Qualifikationsvoraussetzungen wie zur Nr. 35110 EBM gibt es in der Privatliquidation nicht. Dass die psychosomatische Grundversorgung (verbale Intervention) zu den Grundfertigkeiten jedes Urologen gehört, haben Ärztekammern seit jeher ausgesagt: "Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung können von allen Ärzten mit direktem Patientenkontakt erbracht werden". Selbst Beihilfeverordnungen (z. B. die des Bundes) führen Urologen bei den Ärzten an, bei denen die Leistung erstattet wird.

Richtige Dokumentation

Auch in der Privatliquidation sollte darauf geachtet werden, dass in den Diagnose­angaben eine Plausibilität für den Zusammenhang mit psychosomatischen Störungen erkennbar ist (z. B. chronische Prostatitis, Harninkontinenz). Je weniger der Zusammenhang aus Diagnoseangaben offensichtlich ist, umso sorgfältiger sollte die Art der Störung dokumentiert werden. Auch schadet für den Fall einer eventuellen Nachfrage nicht, in die Dokumentation einen Vermerk über die Interventionsinhalte aufzunehmen. Damit kann Behauptungen begegnet werden, Nr. 849 sei nur abgerechnet worden um die Abrechnungs­
beschränkungen der Nrn. 1 oder 3 GOÄ oder 4 oder 34 GOÄ zu umgehen.

Auch Nr. 849 GOÄ steht für eine Behandlung von Kindern unter Einschaltung der Bezugsperson offen. Diese ist aber nicht in Nr. 849 GOÄ beinhaltet, sondern kann mit der Nr. 4 GOÄ auch neben der Nr. 849 GOÄ berechnet werden. Hier gilt aber, dass die Nebeneinander­erbringung nur dann sinnhaft ist, wenn zum Beispiel das einnässende Kind verständig genug ist, um eigenständig behandelt zu werden. Eine feste­ Altersgrenze dazu gibt es nicht. Man geht in der Regel ab einem Kindesalter von sechs Jahren davon aus, dass beide Leistungen sinnvoll nebeneinander erbracht werden können. Da dies häufiger Nachfragen hervoruft, sollte die gezielte Fremdanamnese oder Unterweisung der Mutter sorgfältig dokumentiert sein.

"Therapeutisches Gespräch"

Wie Abrechnungsstatistiken zeigen, wird von Urologen die Nr. 35110 EBM viel häufiger berechnet als die Nr. 849 GOÄ (auch relativ, bezogen auf die Diagnosen). Sachlich gibt es dazu wegen der Ähnlichkeit der Leistungen keinen Grund. Der dürfte vielmehr darin­ zu sehen sein, dass der Privatpatient in der Rechnung "Psycho" liest und davon nicht gerade erbaut ist. Häufig wird deshalb die Nr. 849 GOÄ in der Rechnung als "therapeutisches Gespräch" bezeichnet. Das ist nicht korrekt, wird aber bei Plausibilität mit den Diagnosen in der Regel akzeptiert. Man kann natürlich auch dem Patienten erklären, dass die "Psychotherapie" in der Leistungsbezeichnung der Nr. 849 GOÄ nichts anderes ist als das Gespräch in Bezug auf psychosomatische Zusammenhänge.

Zu beachten ist, dass Nr. 849 GOÄ eine Mindestzeit von 20 Minuten verlangt, nicht nur 15 Minuten wie Nr. 35110 EBM. Die EBM-Bestimmung, dass bei Nebeneinanderberechnung mit anderen Leistungen die Zeit für die psychosomatische Grundversorgung zusätzlich aufgewandt sein muss, gilt auch in der Privatliquidation.

Nr. 849 GOÄ ist auch innerhalb kurzer Zeitspannen (z. B. am Tag oder in einer Woche) so oft berechenbar, wie die Leistung notwendigerweise erbracht wurde. Eine "hochfrequente" Berechnung der Nr. 849 GOÄ ruft aber häufig Nachfragen auch der Privatversicherer hervor und muss gegebenenfalls begründet werden können. Ebenso gibt es in der GOÄ keine Begrenzung der Gesamtzahl der Leistungen. Wenn medizinisch notwendig, kann also auch eine Vielzahl von Sitzungen der psychosomatischen Grundversorgung berechnet werden. Allerdings kann es Einschränkungen in der Erstattung durch den privaten Kostenträger geben. So begrenzen die Beihilfevorschriften des Bundes die Erstattungsfähigkeit auf 25 Sitzungen. Gegebenenfalls sollten Patienten auf zu erwartende Erstattungspro­bleme hingewiesen werden.

Eine Differenzierung in psychosomatische Anamnese und Intervention (wie 35100 und 35110 EBM) kennt die GOÄ nicht. Beides kann mit Nr. 849 GOÄ abgerechnet werden. Für die Differentialdia­gnostik ist aber auch die Abrechnung mit der etwa gleich bewerteten Nr. 806 GOÄ analog gängig.

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