An Gelenken: Injektion oder Punktion oder beides?

In der GOÄ sind die Leistungen für ­intraartikuläre Injektionen und Gelenkpunktionen auf den ersten Blick schwer unterscheidbar.

Wichtig
  • Intraartikuläre Injektionen und Gelenkpunktionen sind vom Leistungsablauf her gesehen ähnliche Leistungen, in der GOÄ aber mit unterschiedlichen Ziffern angeführt und bewertet
  • Ob eine höher bewertete „Punktion“ ­anstelle der „Injektion“ berechnet werden darf, hängt im Wesentlichen davon ab, dass auch eine „Entnahme“ (meist von Synovialflüssigkeit) erfolgte
  • Warum und in welcher Menge ist dabei nicht ausschlaggebend
  • Am selben Gelenk in derselben ­Sitzung können Injektion und Punktion nur dann nebeneinander berechnet werden, wenn eigenständige Einstiche erfolgten

Für eine intraartikuläre Injektion enthält die GOÄ die Nr. 255: „Injektion, intra­artikulär oder perineural, 95 Punkte“ Gelenkpunktionen sind in den Nrn. 300 („Punktion eines Gelenks, 120 Punkte“), 301 („Punktion eines Ellenbogen-, Knie - oder Wirbelgelenks, 160 Punkte“) und 302 („Punktion eines Schulter- oder Hüft­gelenks, 250 Punkte“) angeführt.

Die Gelenkpunktionen voneinander zu unterscheiden ist einfach. Schließlich ist offensichtlich, ob eines der in Nr. 301 oder 302 GOÄ genannten Gelenke punktiert wurde oder ein anderes Gelenk (Nr. 300 GOÄ).

Unterschied zwischen ­„Injektion“ und „Punktion“

Was aber unterscheidet Nr. 255 GOÄ von z. B. der Nr. 301 GOÄ? Schließlich ist bei beiden Leistungen der Einstich ins Gelenk nötig und der die Tätigkeit im Wesentlichen bestimmende Aufwand der ärztlichen Tätigkeit. Da könnte man doch grundsätzlich die höher bewertete Ziffer für die Gelenkpunktion ansetzen und nicht die für die intraartikuläre Injektion?

Dazu muss man sich die allgemeine Bestimmung vor dem Abschnitt C III genau ansehen. Sie lautet: „Zum Inhalt der Leistungen für Punktionen gehören die damit im Zusammenhang stehenden Injektionen, Spülungen sowie Entnahmen z. B. von Blut, Liquor, Gewebe.“

Eine intraartikuläre Injektion“ setzt –sozusagen „handwerklich“ – also zwar auch eine Punktion des Gelenkes voraus, eine „Punktion“ ist aber mehr: Um Nr. 300 bis 302 GOÄ berechnen zu können, muss eine zusätzliche Spülung oder Entnahme, beim Kniegelenk zum Beispiel von Synovialflüssigkeit, erfolgen.
Warum Gelenkflüssigkeit entnommen wird, beispielweise zu therapeutischen oder diagnostischen Zwecken, ist unerheblich. Auch spielt es keine Rolle, ob zum Beispiel zur Entlastung eine größere Menge Gelenkflüssigkeit entnommen wird oder zur Vermeidung einer Verdünnung des Medikamentes nur eine geringe Menge. Hier kann auch nicht der schon erhobene Einwand wirken, die Entnahme nur einer geringen Menge an Gelenkflüssigkeit zur Vermeidung eines Verdünnungseffektes führe dazu, dass es sich dann nur um eine „besondere Ausführung“ der intraartikulären Injektion handele und nach § 4 Abs. 2a GOÄ deshalb nur die Nr. 255 GOÄ berechnet werden dürfe. Die GOÄ unterscheidet hier nicht nach therapeutischen Zielen, sondern in der Art der „handwerklichen“ Verrichtung“ und weist diesen unterschiedliche Ziffern zu.

Nebeneinanderberechnung

Da nach der oben angegebenen allgemeinen Bestimmung zu den Punktionen die jeweilige Leistungsziffer auch eine Injektion umfasst, kann dann, wenn eine Punktion berechnet wird, für dasselbe Gelenk in derselben Sitzung nicht auch noch die Injektion eigenständig berechnet werden. Eine (wohl eher theoretische) Ausnahme bestände dann, wenn Punktion und Injektion mit getrennten Einstichen erfolgten. In Ziffern ausgedrückt heißt das: Nr. 255 nicht neben Nr. 301 oder 302 GOÄ (oder auch Nr. 300 GOÄ) für dasselbe Gelenk.
Dasselbe Prinzip gilt auch für die Berechenbarkeit einer Stichkanalanästhesie. Die Nrn. 490 und 491 GOÄ setzen als „Infiltrationsanästhesie“ einen Einstich ins Ziel­gewebe voraus. Erfolgt das durch dieselbe Nadel wie die Injektion oder Punktion, wäre bei einer Nebeneinanderberechnung zum Beispiel der Nr. 490 GOÄ (Infiltrationsanästhesie kleiner Bezirke, 61 Punkte, 2,3-fach 8,18 €) und der Nr. 255 oder Nr. 300 ff. der prägende Leistungsbestandteil zweimal berechnet. Wegen dieser Leistungsüberschneidung kann Nr. 490 GOÄ nur dann neben zum Beispiel Nr. 301 GOÄ berechnet werden, wenn die Anästhesie über eine andere (i. d. R. dünnere) Nadel erfolgt als die nachfolgende Punktion. Wenn eine Stichkanalanästhesie erfolgt, ist das häufig gegeben.

Zusätzlich berechenbar

Selbstverständlich sind die nach § 10 GOÄ berechenbaren Materialien berechnungsfähig. Bei Gelenkpunktionen (und Injektionen) zählt wegen der erhöhten hygienischen Anforderungen dazu auch das verwendete wasserundurchlässige Abdeckmaterial. Ein Verband nach Nr. 200 GOÄ ist neben Injektionen oder Punktionen nicht berechenbar, wohl aber ein Kompressionsverband nach Nr. 204 GOÄ. Bei bildgebenden Verfahren sollte man darauf achten, dass eine diagnostische Aussage dokumentiert ist (das wäre sonst nur eine nicht berechenbare „Hilfsleistung“).

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