Entwurf für neues Digitalisierungsgesetz im Bundeskabinett gebilligt

Der Entwurf zu einem mittlerweile dritten Gesetz, in dem weitere Regelungen für die Digitalisierung enthalten sind, ist vom Bundeskabinett beschlossen worden und geht nun in die parlamentarische Beratung. Mit dem sog. Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) soll u.a. die Telematikinfrastruktur (TI) ausgebaut und weiterentwickelt werden. Ein zentraler Punkt ist dabei die Datenschutz-Folgenabschätzung für die Verarbeitung personenbezogener Daten, die nicht mehr auf die Ärzte verlagert werden soll.

Der Entwurf des Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetzes (DVPMG) sieht daneben auch die Ausweitung von Videosprechstunden und die Förderung der Telemedizin vor. Ein zentraler Punkt ist, den Weg für die Versorgung mit digitalen Pflegeanwendungen zu bereiten. Außerdem sollen Software-Konnektoren die Hardware ablösen, um effiziente Zugänge zur TI zu ermöglichen.

Es soll zudem klar geregelt werden, dass die gematik, die Betriebsgesellschaft der TI, auch für den Betrieb der TI verantwortlich ist. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßt, dass die mit der TI verbundene Datenschutz-Folgenabschätzung nicht mehr auf die Ärzte verlagert, sondern vom Gesetzgeber vorgenommen werden soll. So sei auch klargestellt, dass z. B. bei Ausfällen nicht mehr der Arzt oder die Praxis die Haftung zu übernehmen habe.

InfoEine Datenschutz-Folgenabschätzung dient der Bewertung von Risiken bei der Datenverarbeitung personenbezogener Daten. Sie muss laut DSVGO durchgeführt werden, wenn die Verarbeitung von personenbezogenen Daten voraussichtlich ein hohes Risiko für die persönlichen Rechte der betroffenen Personen zur Folge hat. 

Insgesamt soll die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) ausgebaut werden. So sollen die Möglichkeiten und Vorteile der ePA weiterentwickelt werden. Zudem ist vorgesehen, weitere Gesundheitsberufe wie Heil- und Hilfsmittelerbringer an die TI anzubinden.

Hintergrund

Nach dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) und dem Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten (PDSG) steht das Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) nun als drittes Gesetz, das sich in dieser Legislaturperiode mit der Digitalisierung befasst. Der Bundesrat muss nicht zustimmen. Somit könnte es voraussichtlich Mitte des Jahres in Kraft treten.

Die Regelungen im Überblick

Neue digitale Anwendungen auch in der Pflege

  • Digitale Pflegeanwendungen (DiPAs) sind digitale Helfer und auf mobilen Endgeräten oder als browserbasierte Webanwendung verfügbar. Sie können von  Pflegebedürftigen genutzt werden, um den eigenen Gesundheitszustand durch Übungen und Trainings zu stabilisieren oder zu verbessern (z.B. Sturzrisikoprävention, personalisierte Gedächtnisspiele für Menschen mit Demenz, Versorgung von Menschen mit Dekubitus) oder um die Kommunikation mit Angehörigen und Pflegefachkräften zu verbessern.

  • Es wird ein neues Verfahren zur Prüfung der Erstattungsfähigkeit digitaler Pflegeanwendungen und zur Aufnahme in ein entsprechendes Verzeichnis beim BfArM geschaffen.

  • Die Pflegeberatung wird um digitale Elemente erweitert.

Die TI wird ausgebaut

  • Die gematik erhält den Auftrag, einen sicheren, wirtschaftlichen, skalierbaren und an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nutzer angepassten Zugang zur TI als Zukunftskonnektor oder Zukunftskonnektordienst zu entwickeln.

  • Die sicheren Übermittlungsverfahren zwischen Versicherten, Leistungserbringern und Kostenträgern werden erweitert. Sie umfassen künftig neben der E-Mail-Funktion auch einen Videokommunikationsdienst und einen Messagingdienst.

  • Versicherte und Leistungserbringer erhalten ab 2023 digitale Identitäten, um sich z.B. für eine Videosprechstunde sicher zu authentifizieren.

  • Die künftig auch bei Leistungserbringern kontaktlos einlesbare elektronische Gesundheitskarte (eGK) dient in Zukunft als Versicherungsnachweis der Versicherten und nicht mehr als Datenspeicher.

  • Die Notfalldaten werden zusammen mit Hinweisen der Versicherten auf den Aufbewahrungsort persönlicher Erklärungen zu einer elektronischen Patientenkurzakte weiterentwickelt.

  • Der elektronische Medikationsplan wird innerhalb der TI in eine eigene Anwendung überführt, die nicht mehr auf der eGK gespeichert wird. Genau wie bei der ePA können Versicherte künftig über ihre persönliche digitale Benutzeroberfläche auch auf diese digitalen Anwendungen selbstständig zugreifen.

  • Abgabe, Änderung und Widerruf der Organspendeerklärungen in dem vom BfArM zu errichtenden Organspenderegister können künftig auch über die Versicherten-Apps der Krankenkassen getätigt werden, auch wenn die Versicherten keine ePA nutzen.

  • Zur Stärkung grenzüberschreitender Patientensicherheit soll bis spätestens Mitte 2023 die nationale E-Health-Kontaktstelle aufgebaut werden, sodass Versicherte ihre Gesundheitsdaten auch Ärzten im EU-Ausland sicher und übersetzt zur Verfügung stellen können.

Leistungserbringer sollen durch gesetzliche Datenschutz-Folgenabschätzung entlastet werden

  • Mit dem Gesetz übernimmt der Gesetzgeber für die Verarbeitung personenbezogener Daten in den Komponenten der dezentralen TI (z.B. Konnektoren und Kartenlesegeräte) die sogenannte Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).  Von dieser Möglichkeit, die Datenschutz-Folgenabschätzung vom Gesetzgeber durchzuführen, wird erstmalig in Deutschland Gebrauch gemacht.

  • Ärzte sollen dadurch von der Bürokratie entlastet werden: Die Einsparungen betragen einmalig rund 730 Mio. € für die Erstellung der Datenschutz-Folgenabschätzung und jährlich rund 548 Mio. € für Anpassungen. Außerdem werden Kosten von rund 427 Mio. € jährlich eingespart, weil die Leistungserbringer keinen Datenschutzbeauftragten benennen müssen.

Telemedizin wird ausgebaut 

  • Die Vermittlung von Vor-Ort-Arztterminen wird um die Vermittlung telemedizinischer Leistungen ergänzt, sodass Versicherte ein Angebot aus einer Hand erhalten; auch der kassenärztliche Bereitschaftsdienst soll telemedizinische Leistungen anbieten.

  • Der G-BA wird beauftragt, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung zu ermöglichen.

  • Telemedizinische Leistungen werden auch für Heilmittelerbringer und Hebammen ermöglicht.

E-Rezept und ePA werden weiterentwickelt

  • Für den Bereich der häuslichen Krankenpflege, außerklinischen Intensivpflege, der Soziotherapie, der Heil- und Hilfsmittel, der Betäubungsmittel und weiterer verschreibungspflichtiger Arzneimittel werden elektronische Verordnungen eingeführt.

  • Um hierbei eine flächendeckende Nutzbarkeit der jeweiligen elektronischen Verordnungen sicherzustellen, werden die entsprechenden Erbringer der verordneten Leistungen (z.B. Pflegedienste oder auch die Heil- und Hilfsmittelerbringer) zum sukzessiven Anschluss an die TI verpflichtet. Die ihnen dadurch entstehenden Kosten werden ihnen, genau wie den Ärzten, erstattet.

  • Jeder Versicherte erhält die Möglichkeit, Rezept- und Dispensierinformationen in seiner ePA einzustellen und dort im Sinne einer Arzneimittelhistorie zu nutzen.

  • Versicherte sollen künftig Rezepte in der Apotheke auch personenbezogen mit Identitätsnachweis abrufen können - auch bei Apotheken im europäischen Ausland.

Die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs) wird weiterentwickelt

  • Versicherte bekommen die Möglichkeit, Daten aus DiGAs in ihre elektronische Patientenakte (ePA) einzustellen.

  • Leistungen von Heilmittelerbringern und Hebammen, die im Zusammenhang mit DiGAs erbracht werden, werden künftig vergütet.

  • Um den Datenschutz und die Informationssicherheit von DiGAs zu stärken wird ein verpflichtendes Zertifikat für die Informationssicherheit eingeführt. Bei der Prüfung der Erstattungsfähigkeit durch das BfArM wird die Erprobungszeit flexibilisiert und für die Zeit nach der endgültigen Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis eine genauere Dokumentation von Änderungen an den Produkten vorgegeben.

Digitale Gesundheitskompetenz der Bürger soll gestärkt werden

  • Die Datenbasis des sogenannten Nationalen Gesundheitsportals "gesund.bund.de" vom Bundesministerium für Gesundheit soll ausgebaut werden, in dem dort künftig mehr Informationen zur vertragsärztlichen Versorgung zugänglich gemacht werden. Die KVen werden beauftragt, entsprechende Daten zusammenzuführen und nutzbar zu machen.

  • Versicherte können künftig auch über die ePA und das elektronische Rezept verlässliche Informationen direkt auf dem Online-Portal abrufen.

Digitale Vernetzung soll ganzheitlich gefördert werden

  • Bei der gematik werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass das Interoperabilitätsverzeichnis zu einer Wissensplattform weiterentwickelt und eine neue Koordinierungsstelle für Interoperabilität im Gesundheitswesen eingerichtet wird; diese soll die Bedarfe für die Standardisierung identifizieren und Empfehlungen für die Nutzung von Standards, Profilen und Leitfäden entwickeln und fortschreiben. Die Einzelheiten regelt das BMG im Rahmen einer Rechtsverordnung.

 

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Bundesministerium für Gesundheit

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