Der Schutzschirm für die KV-Abrechnung

Am 27.03.2020 durchlief das Gesetz zum Ausgleich finanzieller Belastungen in Gesundheitseinrichtungen infolge der COVID-19-Pandemie den Bundesrat. Die Bundesregierung beschloss im Eiltempo das sogenannte COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz, welches am 28.03.2020 in Kraft trat. Damit wurden gesetzliche Voraussetzungen geschaffen, um wirtschaftliche Folgen durch die pandemiebedingten Fallzahl- und Umsatzrückgänge u. a. in der KV-Abrechnung aufzufangen. Ziel ist es, die ambulante Versorgung der Patienten und die Fortführung der kassenärztlichen Tätigkeit sicherzustellen.

 

Die Bundesregierung sichert die ambulante Versorgung ab, um auch bei reduzierter Inanspruchnahme durch Patienten drohende Praxisschließungen abzuwenden. Umgangssprachlich wird diese gesetzliche Regelung auch „Schutzschirm“ genannt. Für Vertragsärzte sowie Vertragspsychotherapeuten entfaltet sich der Schutz durch die Anpassungen der Honorarverteilung über den Honorarverteilungsmaßstab (HVM) sowie eine Zusicherung von Ausgleichszahlungen. 

Hingegen fallen die privatärztlichen Leistungen und die Leistungen der Selektivverträge nicht unter den Schutzschirm. Grundsätzlich wird von allen Vertragsarztpraxen die Einhaltung der Mindestsprechstunden gefordert. Ebenso darf es nicht zu unkoordinierten Praxisschließungen gekommen sein, um Leistungen aus dem Schutzschirm zu erhalten. 

Erhält die Praxis zusätzliche Ausgleichszahlungen, z. B. aufgrund einer quarantänebedingten Schließung oder aus Sonderfonds des Landes oder Bundes, werden diese Leistungen mit Zahlungen aus dem Schutzschirm verrechnet.

Der Schutzschirm  und seine Funktionen

Für den niedergelassenen Arzt ist wichtig, dass Umsatzverluste aus dem Bereich der morbiditäts­bedingten Gesamtvergütung (MGV) durch die Kassenärztlichen Vereinigungen ausgeglichen werden sollen. Die MGV enthält sowohl die klassischen Budgetleistungen als auch die sogenannten Freien Leistungen mit Mengenbegrenzungen. Gesetzlich geregelt ist, dass die MGV im regulären Umfang an die Kassen­ärztlichen Vereinigungen, trotz reduzierter Abrechnungsmenge, voll auszuzahlen ist. Konkret werden die Krankenkassen verpflichtet, für die Versorgung der Patienten genauso viel Geld bereitzustellen, wie zu „normalen“ Zeiten.

Praxen mit Umsatzverlusten von mindestens 10 % und einem pandemiebedingten Rückgang der Fallzahlen, erhalten einen finanziellen Ausgleich für Leistungen der extrabudgetären Gesamtvergütung (EGV). Als Vergleichszeitraum gilt das Vorjahresquartal. Die EGV umfasst die besonders förderungswürdigen Freien Leistungen ohne Mengenbegrenzungen, die zu fest vereinbarten EURO-Werten vergütet werden.

Beispiele hierfür sind:

  • Früherkennungsuntersuchungen
  • Impfungen
  • ambulante Operationen
  • Videosprechstunden 
  • Leistungen der Disease Management Programme (DMP)
  • Ebenso fallen die abgerechneten Fälle des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) in diesen Bereich. 

Die Vorgaben zum Ausgleich der Verluste in der MGV bzw. der EGV werden in den regionalen HVM geregelt und sind Gegenstand der laufenden Verhandlungen zwischen den Kassen­ärztlichen Vereinigungen und den regionalen Krankenkassenverbänden. Der Gesetzgeber hat den Parteien die Notwendigkeit einer zeitnahen Einigung vorgegeben (s. Abb 1).

Das Krankenhausentlastungs­gesetz sieht weiterhin vor, dass Krankenkassen den Kassenärztlichen Vereinigungen den zusätzlichen finanziellen Aufwand der außerordentlichen Maßnahmen (wie z. B. spezielle Corona-Ambulanzen, Verteilung von Schutzausrüstungen an Praxen), die während des Bestehens der pandemischen Notlage entstanden, erstatten.

Umsatzverlust vermeiden

Die Bundesregierung reagierte schnell auf die Ausbreitung der Pandemie und ihre Folgen. Der Schutzschirm für die KV-Abrechnung greift aber nach Meinung vieler Betroffener in manchen Aspekten deutlich zu kurz. So fokussieren die gesetzlichen Regelungen einseitig auf den Fallzahlrückgang. Dieser darf aber nicht allein, sondern muss im Zusammenhang mit dem Honorarumsatz pro Fall beurteilt werden. So hört sich z. B. ein Fallzahlrückgang von 20 % im Vergleich zum Vorjahresquartal noch nicht besorgniserregend an. Wenn allerdings aufgrund des Wegfalls umsatzstarker Vorsorgeleistungen der Honorarumsatz parallel um 50 % einbricht, dann ist das Gesamtergebnis sicher betriebswirtschaftlich als dramatisch zu bewerten. Außerdem ist es dann noch ein Unterschied, in welchem Leistungstopf (MGV bzw. EGV) die jeweiligen Leistungen eingruppiert sind. 

Welche Auswirkungen die COVID­-19-Pandemie auf die persönliche KV-Abrechnung hat, zeigt ein differenzierter Blick auf EGV- und MGV-Leistungen im Vergleich zum Vorjahresquartal (s. Tab. 1 und 2). Daraus resultierend können die wahrschein­liche Fallzahl- und Umsatzprognose auf der Basis der bis dahin veröffentlichten HVM die Höhe der möglichen Ausgleichszahlungen aufzeigen.

Fazit

Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass bei pandemiebedingten deutlichen Umsatzrückgängen der Schutzschirm seine Wirkung entfaltet. Im Bereich der EGV gilt ein maximaler Schutzschirm von 90 % im Vergleich zum Vorjahresquartal. Ausgleichszahlungen der MGV regelt der regionale HVM. 

Für nicht unter den KV-Schutzschirm fallende Umsatzverluste bzw. für Engpässe bei der Liquidität wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket auf Bundes- und Landesebene von Krediten und Zuschüssen bereitgestellt.

Um finanzielle Engpässe zu vermeiden, muss die Praxis steuern und die Kennzahlen wie Fallzahlen, Leistungen und Umsatz im Blick haben. Für die KV-­Abrechnung kann die AAC-Standortanalyse eine Orientierung bieten (s. Tab. 1 und 2).

Welche unterstützenden Maßnahmen helfen bei Liquiditätsengpässen?

Bund und Länder haben weitere Hilfsmaßnahmen verabschiedet, um Unternehmen bei nahenden Liquiditätsengpässen zu unterstützen.
Die Möglichkeit von Stundungen auf Zahlungen, die Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung bei belegbaren coronabedingten Umsatzausfällen, Soforthilfe für Freiberufler und Kredite der Hausbank/KfW finden Sie hier.

Ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht dann, wenn 10 % der Beschäftigten (statt wie bisher bei einem Drittel) von einem Arbeitsentgeltausfall von mehr als 10 % betroffen sind. Die Sozialversicherungsbeiträge für das Kurzarbeitergeld werden dabei von der Agentur für Arbeit in voller Höhe übernommen. Die Laufzeit für Kurzarbeitergeld beträgt jetzt maximal 24 Monate. Im Besonderen zu beachten ist, dass die Zahlungen des Kurzarbeitergelds auf die Höhe der Erstattung von Leistungen aus dem KV-Schutzschirm angerechnet werden. Wer in die Not kommt Kurzarbeitergeld zu beantragen, der sollte dieses mit den Einnahmeausfällen im Bereich der privatärztlichen Liquidation begründen.

Auf der Webseite des Bundeswirtschaftsministeriums gibt es einen Überblick über die wichtigsten Regelungen und Leistungen für Freiberufler: www.bmwi.de/Redaktion/DE/Coronavirus/soloselbststaendige-­freiberufler-kleine-unternehmen.html 

► Stand: Juni 2020

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Franziska Mainda
Praxisberaterin
AAC PRAXISBERATUNG AG
Am Treptower Park 75, 12435 Berlin
030 2244523-0
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www.aac-ag.de

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