Kommunikation – Der gute „Draht“ zum Patienten

Teil 2 Verbale Kommunikation

Die Kommunikation mit einem Gesprächspartner kann in einen nonverbalen und einen verbalen Anteil unterteilt werden. Teil 1 des Beitrags hat den Einfluss der nonverbalen Kommunikation unter die Lupe genommen. Teil 2 des Beitrags befasst sich mit den verbalen Zeichen und Signalen, die dazu beitragen können, einen guten „Draht“ zum Patienten herzustellen.

 

Angleichungsmechanismen bieten gute Möglichkeiten, die Kommunikation zwischen zwei Menschen zu verbessern. Wenn wir uns in einem Restaurant, Zug oder Kurs umschauen, fällt auf: Menschen, die in einem guten Kontakt miteinander stehen, weisen eine ähnliche Körperhaltung, Gestik und Mimik auf. Intuitiv passen sie auch die Sprache, Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke, Tonhöhe etc. dem Gegenüber an.

Angleichungsmechanismen

Im verbalen Bereich können wir durch das Angleichen der Sprache und ihrer Untereigenschaften (sogenanntes verbales „Spiegeln“) einen guten „Draht“ zum Gegenüber herstellen. 

Sprache    

Das Anpassen der Sprache kann gelingen, indem man ähnliche Worte, Ausdrücke und Formulierungen wie der Gesprächspartner wählt - wohldosiert, damit dies nicht als „nachäffen“ wahrgenommen wird. Eine stark verbindende Wirkung hat z.B. der gleiche Dialekt (der eine gleiche Herkunft signalisiert). Wenn möglich, sollte man „Fachchinesisch“ vermeiden und in die vom Patienten angebotenen Sprachbilder (Metaphern) einsteigen. 

Untereigenschaften der Sprache

Durch ein Anpassen an die Untereigenschaften der Sprache, im paraverbalen Bereich: Sprechgeschwindigkeit, Lautstärke, Tonhöhe, Klangfarbe etc. Wir neigen beispielsweise unbewusst dazu, unsere Sprechgeschwindigkeit und Lautstärke zu steigern, wenn jemand schnell und laut spricht oder umgekehrt.

Sinneskanäle/Repräsentationssysteme

Angleichen an die sogenannten Sinneskanäle/Repräsentationssysteme, mit denen jemand bevorzugt kommuniziert: Viele Menschen verwenden Worte aus dem visuellen Bereich, andere aus dem auditiven Bereich, wieder andere nutzen Ausdrücke, die mit dem Fühlen (kinästhetisch) zu tun haben. Folgendes Beispiel zeigt, wie jemand eine

Zustimmung entsprechend seines bevorzugten Sinneskanals ausdrücken könnte: 

visuell:     „Das sieht gut aus/das ist eine gute Perspektive.“ 
auditiv:     „Das hört sich gut an/das ist stimmig für mich.“ 
gefühlt:     „Das fühlt sich gut an/das wärmt mir das Herz.“ 

Die Kunst besteht darin, dem Gegenüber genau zuzuhören und mit seinen eigenen Worten den anderen innerlich auf der kommunikativen Ebene abzuholen, wo er sich gerade befindet (s. Infokasten).

Sinneskanäle: Weitere Sprachbeispiele – jetzt im Dialog

visuell:

Patient: „Ich habe es nicht mehr auf dem Schirm, wie ich die Tabletten nehmen soll.“

Arzt: „Dann schauen wir einmal, wie der Therapieplan aussieht.“/

„Dann sehen wir, dass Sie möglichst bald einen besseren Durchblick bekommen (können).“

auditiv:

Patient: Dieses Mal habe ich gut zugehört, wie ich die Tabletten nehmen soll.“
Arzt: „Das hört sich gut an.“/„Das stimmt und das freut mich.“

kinästhetisch:

Patient: „Mit dem neuen Medikament fühle ich mich nicht wohl.“

Arzt: „Dann tasten wir uns langsam voran und finden heraus, womit bzw. wie Sie sich besser fühlen/was angenehmer für Sie ist.“

Verstehen, was der andere meint

Es geht es auch darum, das was das Gegenüber sagt, sprachlich zu würdigen:

  • „Das ist eine wichtige Information“,
  • „Gut, dass Sie daran gedacht haben“.

Darüber hinaus sollte man sicher gehen, dass man tatsächlich verstanden hat, was der andere meint. Dies kann z.B. auch durch bestimmte Gesprächstechniken wie „aktives Zuhören“ und „Paraphrasieren“ geschehen. 

Aktives Zuhören

Dabei bemüht sich der Zuhörer, die Welt des anderen durch dessen „Brille“ zu sehen und das, was er vom anderen sachlich und emotional aufgenommen, verstanden und erspürt hat, ohne eigene Wertung und Stellungnahme mit eigenen Worten wiederzugeben. Wenn man den Eindruck hat, verstanden zu haben, was der andere meint, bewähren sich Satzanfänge wie z.B.:

  •     „Wie ich Sie verstehe.../Wenn ich Sie richtig verstanden habe ...“ 
  •     „Sie haben das Gefühl, dass ...“ 
  •     „Ich höre an Ihren Worten, dass ...“ 

In einem vollständigen Satz könnte das dann z.B. so lauten: „Frau Müller, wenn ich Sie richtig verstanden habe, machen Sie sich vor allem Sorgen, dass Ihnen von dem neuen Blutdruckmedikament schwindelig wird?“ 

Wenn nicht klar ist, was der Gesprächspartner meint, lohnt es sich, z.B. folgendermaßen nachzufragen:

  • „Habe ich Sie richtig verstanden, dass...?“
  •     „Ist es möglich, dass...?“
  •     „Es ist also in Ihrem Sinne, dass/wenn...?“

Paraphrasieren

In diesem Fall wird die empfangene Botschaft, z.B. ein Satz, möglichst sachlich mit den eigenen Worten wiederholt, nachdem vorher meist der emotionale Anteil herausgefiltert wurde. Dadurch wird die Kommunikation auf eine sachorientierte Ebene gelenkt. Hier sind vor allem zwei Punkte wichtig: Die Wiedergabe des Gesagten mit synonymen Worten. Bei genauer Wiederholung der Worte könnte sich der Gesprächspartner verspottet fühlen. Eine Formulierung, ohne den Inhalt zu verfälschen, das heißt die Paraphrase muss mit dem übereinstimmen, was der andere tatsächlich zum Ausdruck bringen wollte.

Verantwortung für das Gesprächs­ergebnis übernehmen

Professionelles Kommunizieren bedeutet, die Verantwortung für das Ergebnis der Kommunikation zu übernehmen. Bei Missverständnissen habe ich mich möglicherweise nicht klar genug ausgedrückt oder mich nicht an die Fähigkeiten des Gesprächspartners angepasst. Deshalb die Empfehlung, ein Missverständnis z. B. folgendermaßen zu klären: Anstatt „Da haben Sie mich falsch verstanden“, besser in einer Ich-Botschaft mitteilen: „Da habe ich mich offensichtlich nicht richtig/nicht verständlich ausgedrückt“.

Wertschätzung auch in der Sprache

Was kann man weiter dazu beitragen, dem Gegenüber direkt Wertschätzung als Basis für eine gute Kommunikation zu signalisieren?

Mit der eigenen inneren Haltung 

Wenn ich meinem Gegenüber als Mensch auf Augenhöhe begegne und mich nicht aufgrund z.B. meiner beruflichen Position über ihn stelle, habe ich ein gutes Fundament geschaffen.

Über den Namen des Gesprächspartners

Für die meisten Menschen bedeutet der Name etwas Positives, Identität und Zugehörigkeit. Wenn ich jemanden mit Namen anspreche, signalisiere ich ihm, dass ich ihn als Individuum wahrgenommen und (wieder-)erkannt habe. Gerade in der heutigen Zeit mit internationalen Kontakten, kommt es gut an, wenn man sich bemüht, den Namen richtig auszusprechen oder sogar einmal nach der Herkunft oder Bedeutung zu fragen.

An etwas Individuelles erinnern

Ich bin immer wieder überrascht über die positive Reaktion der Patienten, wenn ich mir bei einem Gespräch nur eine Kleinigkeit, etwas Individuelles oder Besonderes aus dem Leben des Patienten gemerkt habe und es beim nächsten Mal erwähne. 

Mit „Zauberworten“ wie bitte, danke, gerne 

Es klingt fast banal, diese Selbstverständlichkeiten zu erwähnen. Aber manchmal hat man den Eindruck, dass sie im täglichen Leben durchaus öfter zum Einsatz kommen dürften. Wie angenehm klingt es, wenn ich sage oder gesagt bekomme: „Danke, dass Sie solange (geduldig) gewartet haben“ oder „Gerne erledige ich das für Sie!“

Mit einem Lob

Von meinen Patienten und von den MFA in meinen Seminaren höre ich immer wieder, dass das Thema loben bzw. gelobt werden (insbesondere durch die Chefs) noch Spielraum nach oben hat. Ein konkretes Lob zu bekommen motiviert, hebt den Selbstwert und lässt einen auch schwierigere Situationen (z. B. im Team, mit Patienten) ertragen. 

Beispiele:

  • „Ich finde es gut, wie konsequent Sie Ihre Therapie durchführen.“ 
  • „Ich freue mich, dass Sie sich an unsere Vereinbarungen gehalten haben.“
  • Oder an die MFA: „Danke, dass ihr den stressigen Tag heute so gut mitgetragen/gemeistert habt.“

Ausreden lassen 

Im Praxisalltag kommt es häufig vor, dass der Patient unterbrochen wird, bevor er sein Anliegen zu Ende formuliert hat. Im Durchschnitt soll es sich um 14 – 17 Sekunden handeln. Ihn ein bis zwei Minuten ausreden zu lassen, vermittelt ihm nicht nur subjektiv das Gefühl, dass der Arzt „viel Zeit“ für ihn hat. Es birgt auch die Chance, in kurzer Zeit mehr Informationen zu erhalten, was letztendlich wieder Zeit einsparen kann.

Sorgen und Nöte ernst nehmen 

Möglicherweise erscheinen die Probleme des Patienten vergleichsweise klein, aber in seiner Welt haben sie einen großen und möglicherweise belastenden Stellenwert. 

Gemeinsamkeiten hervorheben 

Verbindend kann auch das Feststellen von Gemeinsamkeiten wie ähnliche Herkunft, Interessen, Familien­verhältnisse, Ansichten etc. sein. 

Fazit

Die meisten Menschen möchten – auch wenn deren Verhalten manchmal kontraproduktiv erscheint – letztendlich wertgeschätzt, gewürdigt und so angenommen werden, wie sie sind. Wenn man es schafft, diesem Bedürfnis direkt beim ersten Kontakt entsprechend zu begegnen, ist die Basis für einen schnellen guten „Draht“ und einen weiteren, effizienten Gesprächsverlauf gegeben. Oft tragen dazu die scheinbar selbstverständlichen, kleinen Dinge des täglichen Lebens bei. 

► Teil 1 der Beitragsserie finden Sie hier.

Dr. med. Birgit Hickey
Fachärztin für Allgemeinmedizin
Diplom-Biologin. Niedergelassen in eigener Praxis seit 1992, Tätigkeitsschwerpunkt: Systemische Medizin und -Familien­therapie, Systemische Kommunikation und -Mediation. Durchführung von Kommunikationstrainings für Praxen und Kliniken seit 1993. Praxis in Münster: VitalCenter, Gasselstiege 23, 48159 Münster, 0251/3220031 
www.birgit-hickey.de

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