Mehr Sprechstunden gehen zulasten anderer Leistungen

Die von der Politik geplante Anhebung der Mindestsprechstundenzeit von 20 auf 25 Wochenstunden stößt in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf Unverständnis.

Sollte die geplante Anhebung der Mindestsprechstundenzeit von 20 auf 25 Wochenstunden so kommen, werden Ärzte Leistungen, die sie zusätzlich zur Sprechstunde durchführen wie Hausbesuche oder ambulante Operationen, einschränken müssen, sagte Dr. Stephan Hofmeister, Vize-Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Ärzte arbeiten 52 Stunden in der Woche

Hofmeister begründete dies damit, dass die wöchentliche Arbeitszeit der Vertragsärzte bereits heute durchschnittlich 52 Stunden beträgt und damit deutlich mehr als das Arbeitsschutzgesetz erlaubt. „Ich gehe nicht davon aus, dass die Politik annimmt, dass die Ärzte künftig 57 Stunden arbeiten werden“, sagte Hofmeister. Dies wäre ein völlig falsches Signal an den dringend benötigten ärztlichen Nachwuchs, so Hofmeister.

Gassen: Politik greift in Praxisführung ein

„Es ist gelinde gesagt befremdlich, dass die Politik massiv in die Arbeitszeitgestaltung und Praxisführung eines freien Berufs eingreifen will“, kritisierte Dr. Andreas Gassen, Chef der KBV und ergänzte: „Zehn bis 20 Prozent der Leistungen fallen heute schon der Budgetierung anheim und jetzt sollen die Ärzte noch mehr Leistung anbieten. Das ist ein Unding.“ Die Politik solle sich stattdessen dafür einsetzen, dass den Ärzten nicht immer mehr Bürokratie übergeholfen werde. Dann hätten sie auch mehr Zeit für ihre Patienten.

Sprechstundenangebot ist vertraglich geregelt

Gassen wies darauf hin, dass die Politik mit der Änderung des Sprechstundenangebots einen Vertrag kündigen will, den sie gar nicht abgeschlossen hat. Sollte dies so kommen, würde dies einen staatlichen Eingriff in die gesetzlich definierten Aufgaben der Selbstverwaltung darstellen, sagte Hofmeister.

Zum Hintergrund: Die Regelung für Sprechstundenzeiten für gesetzlich krankenversicherte Patienten sieht derzeit mindestens 20 Wochenstunden vor. Sie wurde von KBV und GKV-Spitzenverband im Bundesmantelvertrag vereinbart.

Die Ausweitung der Sprechstundenzeit würde nach Auffassung Hofmeisters zu einer Leistungsverschiebung zulasten anderer ärztlicher Tätigkeiten führen. „Wenn ein Arzt fünf Stunden mehr in der Sprechstunde sitzt, kann er nicht mehr so viele Koloskopien durchführen, Melanome entfernen oder Hausbesuche machen wie vorher.“ Das würde den ganzen Praxisbetrieb verändern.

Politik muss erklären, was sie will

Hofmeister kündigte an, mit den Politikern darüber sprechen zu wollen, sobald die Koalition steht. „Wenn die Politik die Zahl der Sprechstunden erhöhen will, muss sie erklären, wie sie das meint.“

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung

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