Angestellte Ärzte in der Vertragsarztpraxis

Die Arbeitsbelastung in der Praxis wird immer höher. Die eigene Arbeitszeit ist indes endlich. Nicht selten steht ein Vertragsarzt daher vor der Frage, wie er eine weitere ärztliche Arbeitskraft in seiner Praxis einbinden kann, um den Ansturm zu bewältigen. Die Möglichkeiten zur Anstellung eines Arztes in einer Vertragsarztpraxis sind dabei vielfältig.

In diesem Zusammenhang muss Ihnen zunächst immer bewusst sein, dass Sie einen anderen Arzt in Ihrer Vertragsarztpraxis nur dann einsetzen dürfen, wenn Ihnen für dessen Einsatz auch vorher eine Genehmigung erteilt worden ist oder – ausnahmsweise – eine solche Genehmigung nicht erforderlich ist. Setzen Sie einen anderen Arzt in der vertragsärztlichen Versorgung ohne Rechtsgrundlage ein, liegt ein Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten vor, der nicht nur zu Honorarrückforderungen, sondern auch zu Disziplinarmaßnahmen führen kann.

Einsatz eines Vertreters

Nach § 32 Abs. 1 S. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) dürfen Sie sich bei Krankheit, Urlaub, Teilnahme an einer ärztlichen Fortbildung oder an einer Wehrübung bis zur Dauer von drei Monaten – genehmigungsfrei – vertreten lassen; im Zusammenhang mit einer Entbindung ist nach § 32 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV sogar eine Vertretung bis zur Dauer von zwölf Monaten zulässig. Soweit die Vertretung länger als eine Woche dauert, ist sie der zuständigen KV anzuzeigen. Für eine solche Vertretung müssen Sie zudem grundsätzlich einen Facharzt derselben Fachrichtung engagieren.

Eine zulässige Vertretung nach diesen Regelungen setzt strukturell Ihre Abwesenheit voraus. Eine Abwesenheit liegt nicht vor, wenn Sie beispielsweise parallel privatärztlich tätig sind. Insoweit sind die genannten Gründe einer zulässigen Vertretung abschließend.

Sicherstellungs-/Entlastungsassistent

In besonderen Fällen haben Sie auch die Möglichkeit, sich von Ihrer KV die Anstellung eines Facharztes aus Sicherstellungsgründen oder zur Entlastung genehmigen zu lassen. Solche Fälle liegen dann vor, wenn Sie beispielsweise wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen Ihren vertragsärztlichen Versorgungsauftrag aktuell nicht ausreichend persönlich wahrnehmen können (§ 32 Abs. 2S. 2 Nr. 2 oder 3 Ärzte-ZV). Hierfür müssen Sie die vorherige Genehmigung Ihrer KV einholen und den Grund hierfür auch in geeigneter Weise glaubhaft machen. Eine solche Genehmigung wird immer nur für einen befristeten Zeitraum erteilt.

Die Einbindung einer zusätzlichen Arbeitskraft auf dieser Grundlage kann demnach immer nur vorübergehender Natur sein. Für eine dauerhafte Beschäftigung eines angestellten Arztes in Ihrer Praxis ist die Sicherstellungs-/Entlastungsassistenz kein geeignetes Mittel. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil gemäß § 32 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV die Beschäftigung eines solchen Assistenten nicht der Vergrößerung der Vertragsarztpraxis dienen darf.

Weiterbildungsassistent

Natürlich dürfen Sie in Ihre Vertragsarztpraxis auch einen Weiterbildungsassistenten gemäß § 32 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Ärzte-ZV beschäftigen. Die Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten setzt ebenfalls die vorherige Genehmigung der zuständigen KV voraus. Um eine solche Genehmigung zu erlangen, müssen Sie allerdings auch über eine entsprechende Weiterbildungsermächtigung verfügen; diese wiederum erteilt Ihre zuständige Ärztekammer. Die KV genehmigt die Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten nur unter der Voraussetzung des Vorliegens einer solchen Weiterbildungsermächtigung. Zudem müssen Sie berücksichtigen, dass die Anstellung eines Weiterbildungsassistenten, der die Weiterbildung nur in Teilzeit absolvieren möchte, zusätzlich der Notwendigkeit einer Genehmigung durch die Ärztekammer unterliegt. In aller Regel muss eine Weiterbildung zumindest halbtags erfolgen.

Die Beschäftigung eines Weiterbildungs­assistenten dient indes dessen Aus- und Weiterbildung, insbesondere um die Weiterbildungsabschnitte zum Erwerb des Facharztes oder eines Schwerpunktes zu erfüllen. Sie ist kein geeignetes Mittel, um Sie als Praxisinhaber zu entlasten, da Sie die Tätigkeit eines Weiterbildungsassistenten engmaschig überwachen müssen.
 

Überbrückungs-Anstellung

Vertragsärzte, die in Ihrer Praxis regelmäßig Weiterbildungsassistenten ausbilden, stehen nicht selten vor der Frage, ob und wie sie den Weiterbildungsassistenten im Zeitraum zwischen Beendigung der Weiterbildungszeit und der beabsichtigten Folgeanstellung in der Praxis als Facharzt nach erfolgreicher Facharztprüfung weiterbeschäftigen können und dürfen. Der Gesetzgeber hat mit dem zum 23.07.2015 in Kraft getretenen GKV-VSG hierfür eine gesetzliche Grundlage in § 32 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV geschaffen. Über diese Regelung ist es zwischenzeitlich möglich, den bisherigen Weiterbildungsassistenten für einen Übergangszeitraum in der Praxis weiter zu beschäftigen, dies aber nur unter der Voraussetzung, dass dieser Assistent nach bestandener Facharztprüfung dauerhaft als Facharzt in der Praxis angestellt werden soll.

Die Optionen zur Beschäftigung als Facharzt in Ihrer Praxis sehen dabei wie folgt aus:

Anstellung im Job-Sharing

Eine Anstellung im sogenannten Job-Sharing ist an enge Voraussetzungen geknüpft. Sie sind dem Grunde nach in den §§ 95 Abs. 9 S. 2, 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V i. V. m. § 32b Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV vorgezeichnet und durch den Gemeinsamen Bundesausschuss in der Bedarfsplanungsrichtlinie ausgestaltet worden. Eine Anstellung im Job-Sharing setzt zunächst voraus, dass für den Planungsbereich und Ihre Fachrichtung Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Anstellen können Sie über diesen Weg ausschließlich einen fachidentischen Arzt; Fachidentität in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn Sie als Facharzt für Innere Medizin an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen und einen Facharzt für Allgemeinmedizin im Job-Sharing anstellen möchten. Diese Form der Anstellung ist im Weiteren mit einer Leistungsbegrenzung verbunden. Dies macht das Job-Sharing wirtschaftlich unattraktiv, da Ihre Praxis auf dem vertragsärztlichen Leistungsniveau eingefroren wird, das Sie in den letzten vier Quartalen, für die Abrechnungsbescheide ergangen sind, hatten; diese Grenze wird einmalig um 3 % erhöht. Wenn Sie in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig sind, erfasst die Leistungsbegrenzung die gesamte Praxis und nicht nur den Vertragsarzt, der einen Job-Sharer einstellen möchte. Eine Leistungssteigerung ist im Job-
Sharing damit faktisch unmöglich.

Eine Job-Sharing-Anstellung muss vor ihrem Beginn vom Zulassungsausschuss genehmigt werden. Soweit die Voraussetzungen für das Job-Sharing erfüllt sind  (fachidentischer Arzt, der grundsätzlich zulassungsfähig sein muss, genehmigungsfähiger Anstellungsvertrag, Verpflichtung zur Leistungsbegrenzung), haben Sie Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung.

Wenn Sie indes Ihre Praxis in einem Planungsbereich führen, für den für Ihre Fachrichtung keine Zulassungssperren angeordnet sind, kann die Anstellung eines Facharztes außerhalb des dargestellten Job-Sharing ohne die dargestellte Leistungsbegrenzung erfolgen.

Anstellung auf einer Arztstelle

Als zugelassener Vertragsarzt ist Ihnen ein sogenannter Versorgungsauftrag zugeordnet. Der Versorgungsauftrag kann im bedarfsplanerischen Anrechnungsfaktor (AF) von 0,5, 0,75 oder 1,0 bestehen.

Daneben können Sie als Vertragsarzt in Ihrer Praxis – beispielsweise im Wege der Übernahme einer bestehenden Praxis und Integration des dort geführten Versorgungsauftrages – Arztstellen zum Zwecke der Anstellung von Fachärzten schaffen. Untechnisch formuliert sind Arztstellen im Ergebnis Zulassungen, die nicht durch einen Vertragsarzt persönlich wahrgenommen werden, sondern mit einem oder mehreren angestellten Fachärzten besetzt sind. Der Gesetzgeber wollte über diesen Weg die Möglichkeiten eines Vertragsarztes identisch zu den Optionen eines MVZ zur Anstellung von Fachärzten gestalten.

Wenn Sie in Ihrer Praxis keine solche Arztstelle führen und auch keine Möglichkeit haben, im Wege der Übernahme einer anderen Praxis eine solche Arztstelle zu schaffen, können Sie Ihren eigenen Versorgungsauftrag „teilen“. Im Falle einer solchen „Teilung“ müssen Sie persönlich immer einen zumindest 0,5-Versorgungsauftrag wahrnehmen. Den darüber hinaus gehenden Versorgungsauftrag können Sie in eine 0,5- oder auch 0,25-Arztstelle überführen, indem sie insoweit einen Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens stellen, um sich dann selbst darauf zu bewerben, um einen Facharzt anzustellen. Zunächst wirkt dieser Vorgang komplex, ist heute aber ein gängiges Mittel, um einerseits ein Job-Sharing (wegen der damit verbundenen Leistungsbegrenzung) zu vermeiden und andererseits eine zusätzliche ärztliche Arbeitskraft in die Praxis einzubinden. Eine über diesen Weg geschaffene Arztstelle bleibt in Ihrem alleinigen Zugriffsrecht; der darauf angestellte Arzt kann keine Übernahme der Arztstelle beanspruchen. Allerdings tragen Sie auch das Besetzungsrisiko einer solchen Arztstelle; sollte der angestellte Arzt aus dem Anstellungsverhältnis ausscheiden, müssen Sie die Arztstelle innerhalb von sechs Monaten nachbesetzen, ansonsten droht ihr Verfall. Allerdings kann eine Arztstelle auch wieder in eine Zulassung zurückgeführt werden, um sie mit Ihrem eigenen Versorgungsauftrag wieder zusammenzuführen.

Zuständig für das Verfahren und die Genehmigung ist der jeweilige Zulassungsausschuss.

Fazit

Welche vertragsarztrechtliche Form der Anstellung eines Arztes für Ihre Praxis in Betracht kommt, muss jeweils individuell entschieden werden.

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174
50968 Köln
(0221) 34066960
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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