Besuch vom Staatsanwalt – wie reagiere ich richtig?

Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft erfahren Sie in der Regel erst dann, wenn die Beamten der Staatsanwaltschaft vor der Praxis- oder Wohnungstür stehen. Anlass für diesen Besuch kann beispielsweise der Vorwurf eines Abrechnungsbetrugs oder einer fahrlässigen Körperverletzung eines Patienten aufgrund eines Behandlungsfehlers sein. Sie sollten jetzt vor allem einen kühlen Kopf behalten und Ihre eigenen Rechte kennen. Nur so können Sie Fehler vermeiden. Was Sie dabei beachten müssen und welche Anordnungen Sie Ihrem Personal für eine solche Situation im Vorfeld geben sollten, stellen wir im Folgenden dar.

 

Da die Beamten der Staatsanwaltschaft unangemeldet früh morgens, aber auch im laufenden Praxisbetrieb klingeln können, treffen diese meist auf einen Ihrer Mitarbeiter und nicht Sie persönlich. Daher sollten Sie in einer Teambesprechung das Thema „Besuch vom Staatsanwalt“ erörtern und den Mitarbeitern kurz und knapp mitteilen, was in einem solchen Fall zu tun ist. Sie sollten den Mitarbeitern klar machen, dass sie die Polizei möglichst so lange vertrösten sollten, bis Sie selbst in der Praxis sind. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter aber auf die im Nachfolgenden dargestellten Verhaltensregeln, die für Sie, aber auch Ihre Mitarbeiter gelten:

Information der Mitbewohner

Sie sollten Ihre Lebensgefährten, Eheleute oder sonstige Mitbewohner Ihrer Wohnung, anrufen, da nicht selten neben der Praxis auch Ihre Wohnung durchsucht wird und diesen Anweisungen geben, wie sie sich verhalten sollen. 

Ruhe bewahren und mit Beamten kontrolliert kooperieren

Auch wenn die Durchsuchung der Praxis und ggf. Wohnung für Sie und alle anderen Beteiligten eine Ausnahmesituation ist, bitte bewahren Sie Ruhe und verhalten Sie sich gegenüber der Staatsanwaltschaft und den zuständigen Ermittlungsbeamten höflich und korrekt. Reagieren Sie unangemessen, könnten die Beamten dies so auslegen, dass Sie „ertappt“ wurden und suchen noch intensiver nach etwaigen Beweismitteln. Nicht selten stoßen die Beamten dann auf „Zufallsfunde“, die Sie noch mehr belasten können. 
Zeigen Sie sich auch kooperativ, denn Sie müssen die gerichtlich angeordnete Durchsuchung dulden. Sie haben zwar keine Mitwirkungspflicht, aber auch kein Behinderungsrecht. Wenn Sie die Durchsuchung stören, können Sie sogar vorläufig festgenommen werden. Kooperatives Verhalten ist aber auch deshalb in Ihrem Interesse, weil so die Durchsuchung möglichst schnell beendet wird und so weniger Patienten von der Durchsuchung erfahren. Zeigen Sie also den Beamten, wonach sie suchen. Das heißt aber nicht, dass Sie etwas freiwillig an die Beamten herausgegeben müssen. Lassen Sie also alle Unterlagen unbedingt formal beschlagnahmen.

Machen Sie nur Angaben zu Ihrer Person

Sie müssen als Beschuldigter bei einer Durchsuchung Angaben über Ihre Person machen, also Ihren Namen, Geburtsdatum, Anschrift, Familienstand usw. nennen, mehr aber nicht.

Keine Angaben zum Tatvorwurf machen

Auch wenn Sie die Vorwürfe als ungerechtfertigt empfinden und Sie glauben, Sie könnten die Anschuldigungen einfach aus der Welt schaffen, wenn Sie den Beamten erklären, was eigentlich geschehen ist, machen Sie in keinem Fall Angaben zum Tatvorwurf. Nehmen Sie die Anschuldigungen einfach nur zur Kenntnis und leugnen Sie pauschal die Erfüllung des Straftatbestandes. Antworten Sie nicht auf Fragen. Es besteht keine gesetzliche Pflicht für Sie, sich zu den gegen Sie erhobenen Vorwürfen zu äußern.

Beschuldigen Sie keine Dritte

Reden Sie sich auch nicht hinaus, z. B. die Abrechnung mache eine bestimmte Mitarbeiterin. Denn dann werden die Beamten diese Mitarbeiterin intensiv befragen und ihre Aussagen können gegen Sie verwendet werden.

Rechtsanwalt anrufen

Rufen Sie so bald wie möglich einen Rechtsanwalt an. Mitglieder des Virchowbundes können sich an die Justiziarin wenden. Der Rechtsanwalt kann Ihnen Beistand leisten und Sie beraten, was Sie unternehmen können. Ggf. ist auch ein telefonisches Gespräch zwischen Ihrem Rechtsanwalt und dem vor Ort anwesenden Staatsanwalt möglich. Auch so können Eskalationen zwischen Ihnen und den Beamten verhindert werden. Befolgen Sie in jedem Fall die Ratschläge und Anweisungen Ihres Rechtsanwalts. 
 

Durchsuchungsbeschluss aushändigen lassen

Das Gesetz bestimmt, dass die Durch­suchung einer Wohnung – und letztlich gilt das auch bei der Durchsuchung von Praxis­räumlichkeiten – grundsätzlich durch einen Richter angeordnet werden muss. Fragen Sie also nach dem richterlichen Durchsuchungsbeschluss und lassen Sie sich eine Kopie davon aushändigen. 

Immer häufiger kommen die Beamten ohne Durchsuchungsbeschluss und berufen sich dabei auf „Gefahr im Verzug“. „Gefahr im Verzug“ bedeutet, dass eine Durchsuchung auch ohne richterlichen Beschluss erfolgen darf, wenn:

  • der zuständige Richter nicht erreichbar ist oder
  • wenn in der Zeit von der richterlichen Unterrichtung bis zu der Entscheidung des Richters zu rechnen ist z. B. mit 
  • einer Flucht oder 
  • einem Verlust von Beweismitteln z. B. durch Vernichtung der Unterlagen

In einem solchen Fall sollten Sie diesen Umstand in einem Vermerk schriftlich festhalten. Daneben ist es empfehlenswert, sich dies von Unbeteiligten bestätigen zu lassen. Hierbei ist es sinnvoll, die gesamten Umstände wie Ort, Zeit, Personen, Ablauf in Kurzform schriftlich zu fixieren, damit auf der Basis dieser Unterlagen und Aussagen später im Verfahren ggf. bewiesen werden kann, dass keine „Gefahr im Verzug“ vorgelegen hatte. Unter gewissen Umständen sind dann die in der Durchsuchung sichergestellten Beweismittel, wie z. B. die Krankenunterlagen, nicht verwertbar, dürfen also nicht zu Ihren Lasten verwendet werden.

Durchsuchung nicht „freiwillig“ zustimmen

In manchen Fällen werden Sie von dem Ermittlungsbeamten, der eine Durchsuchung vornehmen will, zuvor telefonisch angerufen. Er erkundigt sich dann, ob Sie freiwillig zu einer Durchsuchung bereit sind. Lehnen sie dies in jedem Fall ab. Denn wenn Sie zustimmen können Sie sich nicht mehr darauf berufen, dass keine „Gefahr im Verzug“ vorlag, wenn die Beamten ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl vor der Tür stehen. Auch können Sie die Zeit zwischen dem Anruf und dem Erlass der richterlichen Durchsuchungsanordnung „nutzen“. Zwar dürfen Sie Beweismittel selbstverständlich nicht vernichten, gleichwohl können Sie durch gewisse Maßnahmen, wie z. B. wenn Sie die Krankenunterlagen, die nur in Papierform vorliegen, kopieren, die möglichst störungsfreie Fortführung Ihrer ärztlichen Tätigkeit sicherstellen.

Dokumentieren Sie genau schriftlich, was beschlagnahmt wurde

Nach Beendigung der Maßnahme müssen Sie eine schriftliche Mitteilung über den Grund der Durchsuchung verlangen. Fordern Sie auch ein Verzeichnis über die beschlagnahmten Gegenstände und lassen Sie sich dieses übergeben. Lassen Sie sich von den Beamten schriftlich bestätigen, dass die Liste der beschlagnahmten Gegenstände vollständig ist.

Achten Sie darauf, dass die Beamten nur das mitnehmen, was sie auch tatsächlich benötigen. Wird Ihnen beispielsweise  ein Abrechnungsbetrug im laufenden Jahr vorgeworfen, dürfen die Abrechnungs­unterlagen der vorangegangenen Jahre nicht mitgenommen werden. Die detaillierte Auflistung der beschlagnahmten Unterlagen und Gegenstände ist auch wichtig, um sicherzustellen, dass Sie nach Abschluss des Verfahrens sämtliche Unterlagen und Gegenstände zurückerhalten.

Beschlagnahmte Unterlagen kopieren

Werden Unterlagen beschlagnahmt, die Sie für die weitere ärztliche Tätigkeit benötigen, wie z. B. die Krankenunterlagen für die ärztliche Behandlung Ihrer Patienten, weisen Sie die Beamten darauf hin und fertigen Sie sich Kopien dieser Unterlagen an. Dies gilt natürlich auch für das Kopieren von Unterlagen, die Sie elektronisch gespeichert haben. Versäumen Sie das, kann es schwierig und zeitaufwändig werden, die Unterlagen zurückzubekommen. 

Fazit

Auch wenn der Besuch vom Staatsanwalt für keinen Arzt erfreulich und sicherlich belastend ist, können Sie und Ihre Mit­arbeiter sich vorbereiten und so ggf. damit Schlimmeres verhindern. 

Andrea Schannath

Justiziarin des Virchowbundes. Bei individuellen Fragen zu diesem, aber auch allen anderen beruflichen Themen, können sich Mitglieder des Virchowbundes an die Justiziarin Frau Andrea Schannath wenden:
Chausseestraße 119 b, 10115 Berlin
Fon: (030) 28 87 74-125
Fax: (030) 28 87 74-115
E-Mail: recht@virchowbund.de

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