Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Antworten auf Fragen aus der Rechtspraxis u.a. zu Zahlungsverzug als Kündigungsgrund der Praxisräume und gesundheit­liche Einschränkungen von Praxismitarbeitern.

Erster Zahlungsverzug nach 14 Jahren ist kein Kündigungsgrund

Herr Dr. W. aus Stadtbergen:

„Ich habe seit Anmietung meiner Praxis­räume 2005 immer meine Miete ordnungsgemäß bezahlt. Durch den Wechsel meiner Bank ist aus Versehen die Miete zwei Monate nicht beglichen worden. Mein Vermieter hat mir jetzt sofort gekündigt. Wenn ich jetzt umgehend die Miete vollständig nachzahle, ist die Kündigung dann dennoch wirksam?“

Frau Schannath:

„Ich kann Sie beruhigen. Kommt es nach 14 Jahren beanstandungsfreier Mietdauer zu einem Zahlungsverzug, so ist der Vermieter nicht zu einer ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt, wenn der Mieter die Mietrückstände sofort nach Erhalt der Kündigung ausgleicht. Hält der Vermieter dennoch an der Kündigung fest, verhält er sich treuwidrig. Ein erstmaliges Fehlverhalten eines Mieters rechtfertige also keine Kündigung. Dies hat das Amtsgericht Rheine am 16.05.2019 (Az.: 10 C 234/18) entschieden.“

Beteiligung an MVZ durch einen Strohmann ist Abrechnungsbetrug

Herr Dr. O. aus Mannheim:

„Der Vermieter unserer Praxis­räume betreibt im gleichen Haus, in dem sich auch unser MVZ befindet, eine ­Apotheke. Er will sich unbedingt treuhänderisch an unserem MVZ beteiligen und uns dadurch bewegen, unsere Patienten an ­seine Apotheke zu verweisen oder die notwendigen Medikamente primär von ihm oder über die von ihm ­geführte GmbH zu beziehen. Wir sollen als Strohmänner unser MVZ gemäß seinen Weisungen betreiben, dafür eine Vergütung erhalten und weiterhin als MVZ abrechnen. Das ist doch nicht zulässig, oder?“

Frau Schannath:

„Nein, das ist es nicht, das Landgericht Hamburg hat in einem vergleichbaren Fall am 11.03.2019 (Az.: 618 KLs 2/17) den beteiligten Arzt und einen Apotheker zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Außerdem zogen die Richter den erlangten Vermögensvorteil beim MVZ in Höhe von über einer Million Euro ein. Da der Strohmann und der Apotheker nicht zulassungsfähige Teilnehmer des MVZ waren, waren die Voraussetzungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nicht erfüllt. Fehlt bereits die förmliche Voraussetzung für die Abrechnung, ist dies ein Schaden wegen Abrechnungsbetrugs. Dies gilt auch, wenn die Leistung eigentlich korrekt erbracht wurde. Ich kann Ihnen also nur dringend von diesem Konstrukt abraten.“


Arbeitgeber muss gesundheit­liche Einschränkungen dulden

Frau Dr. K. aus Satzgitter:

„Eine meiner Mitarbeiterinnen will nach einer längeren Erkrankung wieder arbeiten. Wir betreiben eine Dialysepraxis, die auch am Wochenende geöffnet ist. Die Mitarbeiterin will jedoch nur noch Tagdienste unter der Woche erbringen. Ihr Hausarzt hat ihr bestätigt, dass sie abgesehen von dieser Einschränkung wieder in der Lage sei, alle Tätigkeiten zu erbringen. Muss ich sie wieder­beschäftigen?“

Frau Schannath:

„Das Arbeitsgericht Stuttgart hat am 14.05.2019 (Az.: 9 Ca 135/18) entschieden, dass Arbeitgeber akzeptieren müssen, dass nach einer längeren Erkrankung Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben nicht mehr ausüben können. Sie müssen dem Arbeitnehmer auf Verlangen dann entsprechend andere Aufgaben übertragen. Der Arbeitnehmer hat also einen Anspruch auf leidensgerechte Beschäftigung. Der Anspruch sei aber nicht unbegrenzt und müsse zumutbar sein. Dies sei nicht der Fall, wenn dem beispielsweise betriebliche Gründe oder wirtschaftliche Erwägungen entgegenstehen. Außerdem müsse der Arbeitnehmer auch erklären, wie er sich eine entsprechende Beschäftigung konkret vorstelle.“ 

Andrea Schannath

Justiziarin des Virchowbundes

 

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung