Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Muss auch bei Booster-Impfungen umfassend schriftlich aufgeklärt werden? • Eine meiner Mitarbeiterinnen konnte ihre Urlaubstage wegen einer Quarantäneanordnung nicht wahrnehmen. Eine AU hatte sie deswegen nicht vorgelegt. Muss ich die Urlaubstage noch einmal gewähren?

Nichtanrechnung von Urlaub wegen Quarantäne

Frau N. aus Kaiserslautern 

Meine MFA hatte im Januar zwei Wochen Urlaub. Während ihres Urlaubs erhielt sie wegen einer Corona-Infektion eine Quarantäneanordnung des hiesigen Gesundheitsamts. Eine Arbeitsunfähigkeits­bescheinigung hat sie nicht vorgelegt. Sie hat mich jetzt darauf angesprochen und möchte die Urlaubstage, die sie wegen der Quarantäneanordnung nicht nehmen konnte, nochmal gewährt bekommen. Muss ich das machen?

Herr Rothfuß:

„Nein, das müssen Sie nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf (Urt. v. 15.10.2021, Az. 7 Sa 857/21) nicht: § 9 Bundesurlaubs­gesetz (BUrlG) unterscheide zwischen einer Erkrankung und der darauf beruhenden Arbeitsunfähigkeit. Die Begriffe seien nicht gleichzusetzen. Die Nichtanrechnung der Urlaubstage bei bereits genehmigtem Urlaub setze indes voraus, dass durch ein ärztliches Zeugnis eine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen werde. Daran fehle es jedoch, wenn keine Arbeitsunfähigkeits­bescheinigung, sondern „nur“ der Bescheid des Gesundheitsamts über die Quarantäne­anordnung vorliege. Aus dem Bescheid ergebe sich lediglich, dass eine Erkrankung (Corona) vorliegt. Eine Arbeitsunfähigkeit sei durch einen Arzt aber nicht festgestellt worden. Da Ihre MFA keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hat, ist der genehmigte Urlaub also tatsächlich verbraucht.“

Nachbesetzung abgelehnt

Herr Dr. A. aus Marburg 

Ich war bis zum 31.03.2019 mit einem Kollegen in einer Praxis im Jobsharing tätig. Kurz vor meinem Ausscheiden aus dieser Praxis wurde der Planungsbereich für mein Fach­gebiet (Urologie) entsperrt und ich erhielt eine volle Zulassung. Ich habe dann eine eigene Praxis eröffnet. Aus gesundheitlichen Gründen musste ich die Praxis aber ein Jahr später wieder schließen. Ich habe auf die Zulassung verzichtet und deren Nachbesetzung beantragt. Der Zulassungsausschuss (ZA) hat jetzt allerdings die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens abgelehnt. Ich hätte zu wenig Fälle abgerechnet (Ø 80 bis 100 Fälle/Quartal). Der ZA hat sich nicht dafür interessiert, dass ich zum einen wegen meiner Erkrankung nicht mehr Patienten behandeln konnte und zum anderen die Pandemie den Aufbau zusätzlich erschwert hat. Hätte eine Klage Aussicht auf Erfolg?

Herr Rothfuß:

„Wenn es nach dem Sozialgericht (SG) Marburg geht, dann wäre eine Klage aussichtslos. Das SG Marburg hat in einer Entscheidung vom 08.10.2021 (Az.: S 12 KA 77/21) in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt die Ablehnung der Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens durch den Zulassungsausschuss bestätigt. Ziel der Ausschreibung und Nachbesetzung sei die Fortführung der Praxis, weshalb dies im Falle einer Einzelpraxis nur so lange erfolgen könne, wie (noch) ein Praxissubstrat vorhanden sei. Dabei sei es unerheblich, ob der Kläger unverschuldet an dem Praxisaufbau gescheitert sei, dort u. a. auch wegen der Pandemie. Maßgeblich für ein Nachbesetzungsverfahren sei allein der Umstand, ob objektiv ein nennenswertes Praxissubstrat vorhanden sei. Persönliche Gründe, auch wenn diese letztlich vom Vertragsarzt nicht zu vertreten sind, spielen demnach keine Rolle.“

Aufklärung bei „Booster“-Impfung

Herr Dr. L. aus Frankfurt a. M.

Ich impfe gegen COVID-19 in großem Stil. Bei einem Großteil der Impfungen handelt es sich um die „Booster“-Impfung. Muss ich auch hier umfassend schriftlich aufklären?

Herr Rothfuß:

„Die Bundesärztekammer hat dazu eine Stellungnahme (vom 03.12.2021) verfasst. Danach bestünden keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken gegen eine ausschließlich mündliche Aufklärung, wenn die Impfung durch dieselbe Arztpraxis, in der die Aufklärung bei der ersten bzw. der zweiten Impfung erfolgt ist und mit dem gleichen Impfstoff wie zuvor durchgeführt wird. Der Aufklärungsbogen müsse dann nicht ausgehändigt werden. In jedem Fall sei aber eine kurze Anamnese notwendig. Es reiche dann eine kurze Dokumentation in der Patientenakte. Gleichwohl gelten auch hier die allgemeinen Pflichten: Sie müssen sich vergewissern, dass der Patient die Aufklärung verstanden hat; je länger die letzten Impfungen zurückliegen, umso intensiver muss die Aufklärung erfolgen.“

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174, 50968 Köln
(0221) 34066960
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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