Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Ist eine (fristlose) Kündigung bei Missachtung der Maskenpflicht am Arbeitsplatz gerechtfertigt? • Mir ist jetzt aufgefallen, dass zwei meiner Quartalsabrechnungen unvollständig waren. Kann ich diese Leistungen nachträglich noch abrechnen? • Muss mir meine Kassenärztliche Vereinigung eine Entschädigung dafür zahlen, dass das Nachbesetzungsverfahren meiner Praxis abgelehnt worden ist?

Maskenverweigerer

Frau N. aus Tübingen

Ich beschäftige in meiner Praxis einen angestellten Arzt. Mehrere Patienten, die bei ihm in Behandlung gewesen sind, haben sich darüber beschwert, dass er den Mund-Nasen-Schutz während der Behandlung nicht durchgängig getragen habe. Ich habe meinem Personal aber schon mehrfach die klare Anweisung gegeben, dass durchgängig eine medizinische Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden muss. Auf die Beschwerden angesprochen, meinte er, dass das seine Sache sei und ich mich nicht einmischen solle. Wie kann ich reagieren?

Herr Rothfuß:

„Die beharrliche Weigerung, einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz während der Arbeitszeit zu tragen, rechtfertigt arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zu einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. So jedenfalls bewerteten die Arbeitsgerichte Köln und Cottbus in zwei Kündigungsschutzverfahren die Rechtslage (ArbG Köln, Urt. v. 17.06.2021, 12 Ca 450/21 und ArbG Cottbus, Urt. v. 17.06.2021, 11 Ca 10390/20). Zum Schutz der Gesundheit der Patienten, aber auch der Mitarbeitenden sei die Anordnung zum Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-­Schutzes während der Arbeitszeit gerechtfertigt; auch das Risiko einer Praxis­schließung aufgrund einer Quarantäne­anordnung lasse diese Anweisung nicht willkürlich oder unangemessen erscheinen. Die Gerichte betonten auch noch einmal, dass Atteste über eine Befreiung vom Tragen des Mund-Nasen-Schutzes konkret und nachvollziehbar medizinisch begründet sein müssen.“

Nachträgliche KV-Abrechnung

Herr Dr. F. aus Gießen

Ich bin in Hessen niedergelassen. Mir ist jetzt aufgefallen, dass zwei meiner Quartalsabrechnungen unvollständig waren. Scheinbar sind nicht alle Daten an die KV übertragen worden, sodass für die Quartale III/2020 und IV/2020 jeweils ca. 20.000 € nicht abgerechnet worden sind. Kann ich diese Leistungen nachträglich noch abrechnen?

Herr Rothfuß:

„Eine nachträgliche Abrechnung erscheint tatsächlich nicht möglich. § 2 Abs. 8 S. 1 der Abrechnungsrichtlinie der KV Hessen schließt eine Abrechnung nach zwölf Monaten nach dem vorgeschriebenen Abgabetermin für die jeweilige Quartalsabrechnung aus. Die Abgabe hat innerhalb von zehn Tagen nach dem Ende des Abrechnungsquartals zu erfolgen; damit sind die Jahresfristen für beide von Ihnen genannten Quartalen ausgeschlossen. Das Hessische LSG hält eine Jahresfrist in einer aktuellen Entscheidung vom 16.02.2022 (L 4 KA 59/19) auch für rechtmäßig. Danach könne eine KV nicht nur Fristen für die Einreichung von Quartalsabrechnungen vorschreiben und deren Überschreitung sanktionieren, sondern auch Ausschlussfristen (wie hier) vorsehen. Nur wenn Sie nachweisen können, dass Sie die unvollständige Einreichung nicht zu vertreten haben, könnte eine ausnahmsweise Berücksichtigung zugelassen werden; das kann ich hier aber wegen fehlender Sachverhaltsangaben nicht beurteilen.“

Entschädigung bei abgelehnter Nachbesetzung

Herr Dr. W. aus Amberg

Der Zulassungsausschuss hat meinen Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens abgelehnt mit der Begründung, dass meine Praxis nicht versorgungsrelevant sei; in meiner Praxis seien in den letzten zwölf Monaten weniger als 10 % der durchschnittlichen Fallzahl abgerechnet worden. Ich habe diese Entscheidung so akzeptiert, auch weil ich keinen Nachfolger gefunden habe. Ein Kollege hat mir erzählt, dass mir die KV jetzt aber eine Entschädigung dafür zahlen muss, dass das Nachbesetzungsverfahren abgelehnt worden ist. Stimmt das?

Herr Rothfuß:

„Ja, das ist grundsätzlich richtig. § 103 Abs. 3a Satz 13 SGB V sieht einen solchen Entschädigungsanspruch für diesen Fall tatsächlich vor. Danach hätten Sie einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts Ihrer Praxis. Allerdings werden Sie damit rechnen müssen, dass die KV eine Entschädigung verweigern wird. Denn das LSG Hamburg (Urt. v. 10.11.2021, L 5 KA 13/20) hat in einem ähnlichen Fall eine Entschädigung mit der Begründung abgelehnt, dass der Verkehrswert der Praxis aufgrund der sehr geringen Fallzahl null sei. Verkehrswert sei nach allgemeiner Auffassung der Wert, der am Markt bei Verkauf der Praxis tatsächlich erzielbar wäre; dieser sei bei einer Praxis, der es an einem verwertbaren Substrat im Sinne eines Patientenstamms fehlt, eben null. Dies ergebe sich auch daraus, dass trotz Suche ein Nachfolger nicht gefunden werden konnte.“

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174, 50968 Köln
(0221) 34066960
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung