Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Fortbildungsverpflichtung bei Zulassungswechsel • Mitfinanzierung des Bereitschaftsdienstes • Scheinselbständigkeit. Rechtsanwalt Sven Rothfuß beantwortet Fragen ärztlicher Kolleginnen und Kollegen.

Fortbildungsverpflichtung bei Zulassungswechsel

Herr Dr. N. aus Ulm

Aktuell bin ich als Radiologe tätig. Davor war ich zehn Jahre als Nuklearmediziner tätig. Für die letzten fünf Jahre als Nuklear­mediziner habe ich keine Fortbildungsnachweise bei der KV eingereicht, da ich wusste, dass ich meine Zulassung als Nuklearmediziner aufgeben und direkt danach als Radiologe eine Zulassung übernehmen werde. Nun wurde mein Honorar, das ich als Radiologe verdient habe, gekürzt, weil ich meine Fortbildungsverpflichtung für die letzten fünf Jahre nicht nachgewiesen hätte. Ist das rechtens? Ich bin davon ausgegangen, dass mit meiner Neuzulassung als Radiologe die Frist für die Fortbildungsverpflichtung neu beginnt.

Herr Rothfuß:

„Leider wohl ja. Das BSG hat in einem Urteil vom 04.11.2021 (Az.: B 6 KA 9/20 R) entschieden, dass eine Honorar­kürzung auch dann rechtmäßig sei, wenn die Verletzung der Fortbildungspflicht auf den Zulassungsstatus in einem anderen Fach­gebiet zurückgeht, das der neuen Zulassung in einem anderen Fachgebiet vorausgeht. Auch ein Arzt, der auf seine Zulassung verzichte und danach eine andere Zulassung – auch in einem anderen Fachgebiet – erhalte, sei durchgängig als Arzt zugelassen. Es komme für die Honorarkürzung nur darauf an, dass dieselbe Person im Fünfjahreszeitraum, für den keine Fortbildungsnachweise eingereicht wurden, und im darauffolgenden „Sanktionszeitraum“ ohne Unterbrechung zugelassen war. Die neue Zulassung – in Ihrem Fall als Radiologe – sei also nicht als „Neuzulassung“ zu werten, die eine neue Frist für die Erfüllung der Fortsetzungs­verpflichtung in Gang setzen würde.“

Mitfinanzierung des Bereitschaftsdienstes

Frau Dr. H. aus Frankfurt a. M.

Ich bin niedergelassen und nur privatärztlich tätig. Die KV zieht mich, obwohl ich kein Mitglied bin, trotzdem zur Finanzierung ihres ärztlichen Bereitschaftsdienstes heran. Muss ich mich hieran beteiligen?

Herr Rothfuß:

„Das LSG Hessen hatte über diese Frage im Eilrechtsschutz zu entscheiden. In seinem Beschluss vom 17.03.2022 (Az.: L 4 KA 3/22 B ER) kam es zu dem Ergebnis, dass es nach – allerdings nur summarischer – Prüfung keine mit höherrangigem Recht vereinbare Rechtsgrundlage für die KV gäbe, nur privatärztlich tätige Nichtmitglieder an der Finanzierung ihres Bereitschaftsdiensts zu beteiligen. Der Bundesgesetzgeber habe keine Rechtsgrundlage geschaffen, aufgrund derer die KV durch Satzung den Kreis, der zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst verpflichteten Ärzte erweitern könne. Das LSG hat offengelassen, ob durch Landesrecht die KV zu solch einer Regelung ermächtigt werden kann. Es stellte aber fest, dass es jedenfalls in Hessen im Moment keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die KV gäbe, den Kreis der zum Bereitschaftsdienst Verpflichteten auf Nichtmitglieder auszudehnen. Da die Pflicht an diesem Dienst teilzunehmen, einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit des Arztes aus Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG darstelle, müsste der Landesgesetzgeber selbst regeln unter welchen Voraussetzungen ein Arzt am Bereitschaftsdienst teilnehmen muss oder auch hiervon befreit werden kann.“

Scheinselbständigkeit

Herr Dr. K. aus Wolfsburg

In unserer Praxis vertritt eine Ärztin, die sonst im Krankenhaus tätig ist, abwesende Kollegen. Sie wird hierfür nach Stunden bezahlt. Nun erreichte uns ein Bescheid: Die Krankenhausärztin sei während ihrer Vertretung abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig. Sie kann sich bei uns aber ihre Zeit frei einteilen, unterliegt keinen Weisungen bei ihrer Arbeit, hat weder einen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit noch auf bezahlten Urlaub. Damit ist sie doch selbständig tätig?

Herr Rothfuß:

„Das BSG ist in seinem Urteil vom 19.10.2021 (Az.: B 12 R 1/21 R) in einer ähnlichen Konstellation auch bei einer Praxisvertretungsärztin von einer sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung ausgegangen. Aus der fachlichen Unabhängigkeit, die den freien Berufen immanent sei, könne nicht ohne Weiteres auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden. Bei „Diensten höherer Art“, wie der spezialisierten ärztlichen Tätigkeit, liege eine selbständige Tätigkeit erst durch ein eigenes Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte und die freie Verfügung über Arbeitskraft, Gestaltung der Tätigkeit und die Arbeitszeit vor. In diesem Fall nutzte die Vertretungsärztin die Geräte und Einrichtung der Praxis, rechnete nicht mit den Patienten oder deren Versicherungen ab, sondern wurde von der Praxis fest bezahlt. Daraus, dass sie eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hatte, ergebe sich ebenfalls kein unternehmerisches Risiko. Die Stellung einer Vertretungsärztin, die in den Organisationsablauf in einer Praxis eingegliedert sei, ähnle der einer Honorarärztin im Krankenhaus, die auch abhängig beschäftigt sei.“

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174, 50968 Köln
(0221) 34066960
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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