Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Ich beschäftige regelmäßig einen Weiterbildungs­assistenten (WBA). Leider ist es schon vorgekommen, dass ein WBA vorzeitig gekündigt hat. Kann ich im Arbeitsvertrag mit meinem nächsten WBA die Kündigung für die Zeit der Weiterbildung ausschließen bzw. eine Vertragsstrafe für eine vorzeitige Kündigung vereinbaren? Diese und weitere Fragen aus der täglichen Praxis, beantwortet Rechtsanwalt Sven Rothfuß.

Nichtanschluss an die TI

Herr V. aus Radolfzell am Bodensee

Ich wurde verpflichtet die Telematik-­Infrastruktur (TI) zu nutzen. Da ich mich geweigert habe, wurde mein Honorar 2019 gekürzt. Ich habe große Bedenken bezüglich der Datensicherheit. Im Übrigen sollte es mir als Arzt im Rahmen meiner Berufsfreiheit überlassen sein, wie und ob ich welche Daten übermitteln möchte, schließlich ist hier auch meine ärztliche Schweigepflicht betroffen. Schützt mich denn hier nicht das Grundgesetz und steht der Pflicht zur Nutzung dieser Technik entgegen? Kann solch eine Honorarkürzung rechtmäßig sein?

Herr Rothfuß:

„Richtig ist, dass die Honorarkürzung nur rechtmäßig ist, wenn auch die Pflicht zur Teilnahme an der TI rechtmäßig ist. Mit dieser Frage haben sich zuletzt die Sozialgerichte (SG) Stuttgart (Urteil vom 27.01.2022, Az. S 24 KA 166/20) und München (Urteil vom 09.11.2022, Az. S 38 KA 5155/21 sowie vom 26.01.2023, Az. S 38 KA 190/20) beschäftigt. Beide Gerichte sahen keinen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) oder die in Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz verankerte Berufsfreiheit. Allerdings betrafen die Urteile nur die 2019 bestehende Pflicht zum Abgleich sowie ggf. zur Korrektur von Versichertenstammdaten. Die Rechtmäßigkeit der später implementierten weiterreichenden Pflichten im Zusammenhang mit der TI wurde ausdrücklich offengelassen. Wie auch bereits das BSG in einem Urteil vom 20.01.2020 (Az. B 1 KR 7/20 R) festgestellt hatte, gebe es keine absolute Datensicherheit. Es müssten aber verhältnismäßige Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden. Diesen Anforderungen genüge die TI. Die verantwortliche Gesellschaft, die gematik, werde einerseits maßgeblich von der Bundesrepublik kontrolliert und andererseits finde eine Abstimmung mit dem Bundesamt für Informationstechnik und dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit statt. Der Honorarabzug von 1 % sei auch nicht unverhältnismäßig. Schließlich liege auch kein Verstoß gegen das Grundgesetz vor. Die Pflicht zur Teilnahme an der TI und die Honorarkürzung für eine Nichtteilnahme seien rechtmäßig. Gegen das Urteil des SG Stuttgart ist bereits ein Berufungsverfahren beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (Az. L 5 KA 26/22) anhängig.“

Befristeter Ausschluss der Kündigung

Frau Dr. L. aus Velbert

Ich beschäftige regelmäßig einen Weiterbildungs­assistenten (WBA). Leider ist es schon vorgekommen, dass ein WBA vorzeitig gekündigt hat. Ich hatte dann große Probleme, alle Patienten zu behandeln und es kam zu Umsatzeinbußen, da wir bei der Terminplanung auf seine Mitarbeit gesetzt hatten. Außerdem investiere ich immer viel Zeit in die Weiterbildung meiner WBA. Kann ich nun im Arbeitsvertrag mit meinem nächsten WBA die Kündigung für die Zeit der Weiterbildung ausschließen bzw. eine Vertragsstrafe für eine vorzeitige Kündigung vereinbaren?

Herr Rothfuß:

„Mit der Frage der Zulässigkeit einer solchen Vertragsstrafe befasste sich das BAG in einem Urteil vom 20.10.2022 (Az. 8 AZR 332/21). Im zugrundeliegenden Fall wurde die Kündigung für 42 Monate beidseits ausgeschlossen bzw. mit einer Vertragsstrafe in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern bei vorzeitiger Kündigung belegt. Das Gericht nahm nicht explizit Stellung zur Rechtmäßigkeit des Kündigungsausschlusses, wies aber auf die Möglichkeit der Befristung von Arbeitsverträgen für max. acht Jahre nach dem Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG) hin. Zur Vertragsstrafe führte es aus, dass diese nicht generell unzulässig sei. Sie müsse in ihrer Höhe aber den Stand der Ausbildung und die damit einhergehende Investition des Arbeitgebers in die Weiterbildung berücksichtigen. Eine immer gleich hohe Vertragsstrafe in Höhe von drei Bruttogehältern für eine Kündigung bereits unmittelbar nach der Probezeit benachteilige den WBA aber unangemessen. Statt eines Kündigungsausschlusses bei einem unbefristeten Vertrag ist für WBA jedenfalls gesetzlich eine auch langfristige Befristung des Arbeitsvertrags möglich. Eine Vertragsstrafe ist zulässig, muss aber angemessen sein.“

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht
Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174, 50968 Köln
(0221) 34066960
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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