Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Aktuelle Fragen aus der Rechtspraxis u.a. zum Gewohnheitsrecht bei Auszahlung von Weihnachtsgeld und zum Ausstellungsdatum eines Arbeitszeugnisses.

Kein Gewohnheitsrecht bei Unkenntnis

Herr Dr. K. aus Bad Sarrow:

„Ich habe meinen Mitarbeitern seit drei Jahren das Weihnachtsgeld entsprechend dem Tarifvertrag für Medizinische Fachangestellte bezahlt. Ich dachte, ich sei an den Tarifvertrag gebunden und habe das meinen Mitarbeitern auch gesagt. Ich habe jetzt erfahren, dass der Tarifvertrag nicht allgemeinverbindlich ist. In den Arbeitsverträgen habe ich nicht auf den Tarifvertrag Bezug genommen. Kann ich das Weihnachtsgeld jetzt streichen oder muss ich es aus Gewohnheitsrecht auch in Zukunft bezahlen?“ 

Frau Schannath:

„Das Bundesarbeitsgericht hat am 19.02.2020 (Az.: 5 AR 189/18) entschieden, dass auch durch eine wiederholte Leistung keine betriebliche Übung (Gewohnheitsrecht) begründet wird, wenn ein Arbeitgeber annimmt, aus einem Tarifvertrag zur Gewährung von Leistungen an einen Arbeitnehmer verpflichtet zu sein. In diesem Fall liegt die für die betriebliche Übung erforderliche positive Kenntnis einer anderweitig fehlenden Verpflichtung nicht vor. Eine betriebliche Übung kann nur entstehen, wenn der Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten regelmäßig wiederholt, aus dem der Arbeitnehmer schließen kann, dass ihm eine Vergünstigung auf Dauer gewährt wird. Wird die Vergünstigung aber erkennbar aufgrund einer anderen Rechtspflicht, also z. B. eines Tarifvertrages eingeräumt, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, dass er die Vergünstigung unabhängig von dieser Rechtspflicht dauerhaft erhält. Sie müssen das Weihnachtsgeld also nicht zahlen.“ 

Ausstellungsdatum eines Arbeitszeugnisses

Frau Dr. W. aus Rathenow:

„Ich streite mich mit einer ehemaligen Mitarbeiterin über das Datum des Arbeitszeugnisses. Sie hat mehrere Entwürfe vorgelegt, bis wir uns auf eine Endfassung einigen konnten. Auf dem Arbeitszeugnis habe ich das Ausstellungsdatum, also den 05.08.2020 angegeben. Das Arbeitsverhältnis ist aber bereits am 31.12.2019 beendet worden. Die Mitarbeiterin besteht jetzt auf das Datum 31.12.2019. Hat Sie recht?“

Frau Schannath:

„Ein Arbeitszeugnis muss auf den Tag datiert sein, an dem das Arbeitsverhältnis endete. Das gilt selbst dann, wenn das Zeugnis erst später ausgestellt wurde, das hat das Landesarbeits­gerichts Köln am 27.02.2020 (Az.: 7 Ta 200/19) entschieden. Damit sollen Spekulationen, ob die Parteien über das Zeugnis gestritten haben, unterbunden werden. Die Mitarbeiterin hat also leider recht.“ 

Fragen an die ExpertinHaben auch Sie Fragen an Andrea Schannath? Mitglieder des Virchowbundes erreichen sie montags bis donnerstags jeweils von 9 bis 16 Uhr und freitags von 9 bis 13 Uhr unter der Telefonnummer 030 288774-125

Mietminderung bei Hitze nur bei genauer Angabe der Temperaturen

Frau Dr. P. aus Straubing:

„In meinen Praxisräumen waren die Temperaturen im letzten Sommer sehr hoch. Sie lagen oft über 30 Grad. Mein Vermieter weigert sich eine Klimaanlage einzubauen. Ich habe jetzt die Temperaturen in den einzelnen Praxisräumen gemessen und notiert. Kann ich so die Miete mindern?“

Frau Schannath:

„Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 12.09.2019 (Az.: I 24 U 197/18) entschieden, dass ein Mieter genaue Angaben zur Innen- aber auch Außentemperatur machen muss, wenn er wegen zu hoher Raumtemperatur eine Mietminderung geltend machen will. Denn das Verhältnis von Innen- und Außentemperatur entscheidet über das Vorliegen eines Mangels. Im Hinblick auf die Klimaänderung und der insoweit festgestellten und auch zukünftig zu erwartenden Temperaturerhöhungen würde das Risiko einer Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit ansonsten allein dem Vermieter überbürdet. Dies wäre nicht gerechtfertigt. Sie können also die Miete nicht mindern.“
 

Andrea Schannath

Justiziarin des Virchowbundes

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