Fragen und Antworten in Rechtsbelangen

Kann ein Arbeitnehmer zu der Nutzung eines Zeiterfassungssystems mit Fingerabdruck-Scan verpflichtet werden? Was kann ich unternehmen, wenn ein ärztlicher Kollege in der Gemeinschaftspraxis unter Alkoholsucht leidet? Rechtsanwalt Sven Rothfuß beantwortet Leserfragen.

Arbeitszeiterfassung per Fingerabdruck

Herr Dr. G aus München:

Wir möchten in unserem MVZ ein Zeiterfassungssystem für unsere Angestellten einführen. Dafür gibt es verschiedene technische Möglichkeiten. Derzeit favorisieren wir ein digitales System, das mit einem Fingerabdruck-Scan arbeitet. Der ärztliche Leiter des MVZ wehrt sich gegen dieses System; er möchte nicht, dass sein Fingerabdruck bei seinem Arbeitgeber gespeichert wird. Kann er zu der Nutzung eines solchen Zeiterfassungssystems verpflichtet werden?

Herr Rothfuß:

„Sie sollten mit der Einführung eines solchen Zeiterfassungssystems vorsichtig sein. Denn Sie laufen Gefahr, dass Sie dessen Nutzung nicht im Rahmen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts einseitig einfach anordnen können. Jedenfalls meint das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in einem Urteil vom 04.06.2020 (Az. 10 Sa 2130/19), dass Mitarbeiter nicht zur Nutzung eines Zeiterfassungssystems mittels Fingerabdruck-Scans verpflichtet werden können. In dem Verfahren hatte sich ein medizinisch-technischer Assistent (MTA) gegen eine Abmahnung zur Wehr gesetzt, die der Arbeitgeber aufgrund seiner Weigerung, ein solches System zu nutzen, erteilt hatte. Das LAG gab dem MTA Recht. Das Zeiterfassungssystem verarbeite biometrische Daten. Das aber sei nach Art. 9 Abs. 2 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nur ausnahmsweise zulässig. Die Durchführung des Arbeitsverhältnisses indes erfordere eine solche Verarbeitung biometrischer Daten nicht. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das System in dem entschiedenen Fall nicht die vollständigen Fingerabdrücke speichere, sondern nur bestimmte individuelle Finger­linienverzweigungen.“

Ruhen der Approbation bei Alkoholsucht

Frau Dr. N aus Lörrach: 

Ich arbeite mit einem Kollegen seit vielen Jahren in einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammen. Seit einiger Zeit sind mir Veränderungen an meinem Kollegen aufgefallen. Auch Praxis­mitarbeiter haben mich schon angesprochen, dass etwas nicht stimme. Langjährige Patienten möchten nicht mehr zu ihm. Jetzt hat ein Patient, mit dem ich auch privat befreundet bin, gesagt, es sei ja zwischenzeitlich allgemein bekannt, dass mein Kollege dem Alkohol verfallen sei. Ich habe danach dann auch tatsächlich in seinem Arztzimmer angebrochene und leere Schnapsflaschen gefunden und ihn darauf angesprochen. Er streitet alles ab. Die Fakten sind aber eindeutig. Ich möchte ihm helfen, da ich befürchte, dass er sich auch beruflich ruiniert. Was kann ich tun?

Herr Rothfuß:

„Ihre Befürchtung ist durchaus begründet. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat jedenfalls die Anordnung des sofortigen Ruhens der Approbation als Arzt im Falle einer bestehenden Alkoholsucht bestätigt (Urt. v. 02.03.2020, Az. 21 CS 19.1736). Im konkreten Fall war ein Arzt im Straßenverkehr alkoholisiert aufgefallen. In dem Ermittlungsverfahren wurde dann eine Alkoholabhängigkeit festgestellt. Daraufhin ordnete die Approbationsbehörde das sofort vollziehbare Ruhen der Approbation an. Den Eilantrag des Arztes lehnten beide Gerichtsinstanzen ab. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes müsse man bei der Alkoholsucht eines Arztes in der Regel davon ausgehen, dass er zur Ausübung seines Berufs zumindest vorübergehend nicht geeignet ist. Es sei anzunehmen, dass er auch unter Alkoholeinfluss arbeite und so die Gesundheit seiner Patienten erheblich gefährde. Eine rasche Verhaltensänderung sei bei diesem Krankheitsbild nicht schnell zu erwarten, sodass die weitere Tätigkeit ein Risiko darstelle, das man im öffentlichen Gesundheitsinteresse nicht akzeptieren könne.“

Sven Rothfuß
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht

Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174, 50968 Köln

Tel.: (0221) 34066960

Fax: (0221) 34066961
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