Mit der richtigen Patientenvereinbarung Streit ums Honorar vermeiden
Sowohl im medizinischen Tagesgeschäft als auch im Rahmen rechtlicher Auseinandersetzungen um ärztliches Honorar fällt immer wieder auf: Terminologie und rechtliche Voraussetzungen im Bereich der privatärztlichen Abrechnung stellen eine Geschichte voller Missverständnisse dar.
So lästig die Praxisverwaltung im Allgemeinen und mit Honorarvereinbarungen etc. im Besonderen auch ist – sich einmalig gründlich und dafür abschließend mit dem Thema zu beschäftigen lohnt sich. Dies gilt umso mehr, als Behandelnde immer häufiger darüber berichten, nicht nur über das Honorar zu streiten, wenn die Patienten „in die eigene Tasche greifen“ sollen, sondern auch mit privat Krankenversicherten immer häufiger diskutiert werden muss.
Verständnis schaffen, Missverständnisse ausschließen
Bereits Termini wie „Selbstzahler“ respektive „Selbstzahler-Leistungen“ oder „IGe-Leistungen“ werden in der Praxis häufig völlig falsch verwendet und führen dadurch nicht nur auf Seiten der Leistungserbringer, sondern auch auf Seiten der Patienten zu Missverständnissen. Da der Arzt, die Berufsausübungsgemeinschaft oder auch das Medizinische Versorgungszentrum jedoch die Seite ist, die sich auf einen Honoraranspruch berufen möchte, gehen solche Missverständnisse häufig vermeidbar zu Lasten der Leistungserbringer. Empfehlenswert ist es, trennscharf zu unterscheiden und sorgfältig vorbereitete bzw. geprüfte Vereinbarungsmuster zu verwenden. Im Folgenden geben wir Hinweise zu Terminologie und Unterscheidungen.
1. Versicherungsstatus
Eine der wichtigsten Unterscheidungen besteht nach wie vor darin, ob die Behandlung einen gesetzlich versicherten Patienten oder einen privat oder anderweitig Versicherten betrifft. Hierbei gilt es, nicht nur bei privat Versicherten, sondern auch bei Beihilfeberechtigten Besonderheiten zu beachten. Eine Differenzierung ist wichtig, weil das Gesetz (§ 630c Abs. 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches) anordnet, dass „der Behandelnde den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren“ muss, soweit der Behandelnde weiß, dass eine „vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist“ oder „sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte“ ergeben. Da sich bekanntermaßen Unterschiede im Erstattungsverhalten beispielsweise auch zwischen privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen feststellen lassen, kann schon der Versicherungsstatus – im Guten wie im Schlechten – immer ein solcher Anhaltspunkt sein. Selbst völlig etablierte Behandlungsmethoden (wie beispielsweise die Stoßwellentherapie, die längst auch vom Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung umfasst ist) wird vereinzelt von bestimmten Beihilfestellen immer noch moniert. Auch wenn dies der Sache nach unberechtigt ist, kann dies dennoch dazu führen, dass Ärzte respektive Praxen zumindest positive Kenntnis von zu erwartenden Problemen haben. Um später Streit zu vermeiden, sollten auch solche Aspekte bedacht werden. Besonderheiten können sich zudem ergeben, wenn ein Patient beispielsweise mitteilt, dass er im Notlagen- oder Basistarif versichert ist.
2. IGeL und Co.
Typischerweise – und irreführend – falsch verwendet wird der Begriff der Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Da privatärztliche Leistungen beim Vertragsarzt häufig in dieser Gestalt auftreten, werden oft alle Zusatzleistungen, die ein Patient in einer Praxis erhalten kann, undifferenziert als „IGeL“ bezeichnet. Tatsächlich sind dies jedoch nur die Leistungen, die vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gar nicht umfasst sind, für die es also nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) gar keine Gebührenposition gibt. Sollen Leistungen erbracht und abgerechnet werden, die privatärztlich oder vertragsärztlich katalogisiert sind, handelt es sich bei der zu schließenden Übereinkunft schlicht um eine Privatbehandlungsvereinbarung. Werden solche Leistungen jedoch – gegebenenfalls unbeabsichtigt – falsch als „IGe-Leistungen“ deklariert, ist dies irreführend.
3. Selbstzahler
Häufig falsch oder zumindest von verschiedenen Beteiligten unterschiedlich verwandt wird auch der Selbstzahler-Begriff. So wird er zum Teil synonym für nicht gesetzlich versicherte Patienten verwandt (da diese unmittelbar zur Zahlung verpflichtet sind), zum Teil gerade für gesetzlich Versicherte, die auf eigene Kosten behandelt werden möchten (und mangels Erstattungsfähigkeit auch de facto selbst zahlen müssen). Dies führt verschiedentlich zu Missverständnissen.
4. Honorarvereinbarung
Ebenfalls vielfach falsch verwendet wird der Begriff der Honorarvereinbarung. § 2 der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) definiert diese Bezeichnung abschließend. Es handelt sich um eine Vereinbarung, durch die eine von der GOÄ abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden kann – und zwar durch Festlegung eines höheren Steigerungssatzes (und nichts Anderes). Die Honorarvereinbarung ist dementsprechend von der erläuterten Privatbehandlungsvereinbarung zu unterscheiden; aus Wirksamkeitsgründen sind beide streng auseinanderzuhalten.
Negative Folgen ausschließen
Wird der Bereich Patientenvereinbarungen stiefmütterlich behandelt, droht Streit mit den Patienten. Im schlechtesten Fall muss Honorar eingeklagt werden oder Patienten nehmen Ärzte auf Rückzahlung von Honorar gerichtlich in Anspruch. In dem Fall droht man nicht nur, die Klage eventuell zu verlieren und über das Honorar hinaus weiteres Geld einzubüßen. Solche Auseinandersetzungen rauben auch Nerven und Zeit. Oft müssen für vermeintlich einfache gebührenrechtliche Streitigkeiten gar Sachverständigengutachten eingeholt werden, was gerichtliche Auseinandersetzungen weiter „aufbläht“.
Fazit
Es empfiehlt sich, der beleuchteten Thematik einmal mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um sich für die Zukunft Ärgernisse und lästige Auseinandersetzungen zu ersparen.
Eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen zur Absicherung des ärztlichen Honorars zur Verfügung stehenden Instrumentarien lohnt sich ebenso wie eine sorgfältige begriffliche Unterscheidung. Denn im Streitfall angerufene Gerichte neigen – ebenso wie im Bereich des Arzthaftungsrechts – dazu, Ärzten überlegenes Wissen zu unterstellen und Unklarheiten und Missverständnisse zu Lasten der Leistungserbringer auszulegen. Abrechnungskonflikte lassen sich jedoch vermeiden oder im Keim ersticken, wenn dem Patienten im Zweifel vorgehalten werden kann, dass er absolut zutreffend und „wasserdicht“ über eingegangene Zahlungsverpflichtungen informiert wurde.