Sechs Fehler bei Kündigungen, die sich vermeiden lassen

Als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber eine Kündigung auszusprechen, ist immer eine schwierige und risikobehaftete Tätigkeit. Ob die Kündigung tatsächlich auch vor Gericht Bestand hat, ist für den Laien oftmals nur sehr schwer abschätzbar und auch für Juristinnen und Juristen oft nur schwierig vorherzusagen. Dennoch sind Kündigungen leider manchmal unvermeidlich und müssen vollzogen werden.

Aus Sicht eines erfahrenen Arbeitsrechtlers ist es verblüffend und auch ärgerlich, dass viele Arbeitgeberkündigungen nicht etwa an den vermeintlich oder tatsächlich hohen Hürden des Kündigungsschutzgesetzes scheitern, ob z.B. die Kündigungsgründe ausreichen. Sondern viele Kündigungen scheitern schon daran, dass Formalien oder sonstige vermeintliche Nebensächlichkeiten nicht ausreichend beachtet wurden. Dies ist oftmals auch für die Richterinnen und Richter eine „angenehme Lösung“, denn wenn eine Kündigung bereits aus formalen Gründen unwirksam ist, kann sich eine Richterin oder ein Richter die Mühe einer eventuell langwierigen Beweiserhebung zur Frage, ob ein bestimmter Kündigungsgrund tatsächlich gegeben ist, ersparen. Die Beachtung nachfolgender Punkte würde daher die Erfolgsaussichten vieler Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Kündigungsschutzprozessen deutlich erhöhen.

1. Kündigungen per E-Mail, Fax oder mündliche Kündigungen

Kündigungen können nur schriftlich erfolgen. Schriftlich bedeutet hierbei, dass ein Schriftstück aus Papier übergeben werden muss, das zum einen das Wort „Kündigung“ enthält und zum anderen mit einer Originalunterschrift der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers bzw. einer vertretungsberechtigten Person versehen ist. So hat das Arbeitsgericht Berlin in einer Entscheidung vom 22.06.2020 (AZ 19 Ca 15942/19) festgestellt, dass eine Unterzeichnung mit Handzeichen (Paraphe) nicht ausreichend ist. Kündigungen per E-Mail, Fax oder gar mündliche Kündigungen sind daher zwingend unwirksam.

2. Zugang der Kündigung wird nicht sichergestellt

Die formell beste Kündigung nutzt aber nichts, wenn ihr Zugang bei der Arbeitnehmerin bzw. beim Arbeitnehmer nicht nachgewiesen werden kann. Die beste Möglichkeit ist noch immer, das Kündigungsschreiben der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer im Original in Anwesenheit von Zeugen zu übergeben. Ist dies nicht möglich, sollte die Kündigung möglichst durch einen Boten in den Briefkasten eingeworfen werden. Dieser Bote sollte noch von einem Zeugen begleitet werden.

Beide Personen dürfen dann aber nicht einfach einen Brief mit einem ihnen unbekannten Inhalt in den Briefkasten einwerfen, sondern müssen davon Kenntnis haben, welches Schriftstück (hier also die Kündigung) sich in dem Umschlag befindet. Denn ansonsten besteht immer die Gefahr, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer später behauptet, sie bzw. er habe zwar einen Briefumschlag in seinem Briefkasten vorgefunden, dieses habe aber jedoch nur Werbung enthalten oder sei leer gewesen.

Auch sollte man eine Kündigung nicht per Einschreiben mit Rückschein übersenden. Denn sollte die Postbotin oder der Postbote die Empfängerin oder den Empfänger dann nicht antreffen, wirft sie bzw. er nur eine Benachrichtigungskarte in den Briefkasten und nimmt den Brief wieder zurück aufs Postamt, dort wird der Brief dann zur Abholung niedergelegt. Durch den Einwurf dieser Benachrichtigung in den Briefkasten ist die Kündigung jedoch noch nicht zugegangen, holt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer das Schreiben nicht bei der Post ab, geht die Kündigung auch niemals zu.

3. Mangelnde Betriebsratsanhörung

Soweit in einem Unternehmen ein Betriebsrat besteht, scheitern Kündigungen oft bereits an einer mangelhaften Betriebsratsanhörung. Denn bei sämtlichen Kündigungen muss vor Ausspruch der Kündigung der Betriebsrat angehört werden, dies gilt auch bei Kündigungen in der Probezeit. Formelle Mängel in der Anhörung führen zur Unwirksamkeit der Kündigung. In der Betriebsratsanhörung müssen die sozialen Daten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers und die Kündigungsgründe umfassend und ausführlich dargelegt werden. Die vielfach zu beobachtende Praxis, dass die Betriebsratsanhörung als eine überflüssige Formalie betrachtet wird, die nebenbei erledigt wird, führt oft zur Unwirksamkeit von Kündigungen. Eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung kann niemals nebenbei erledigt werden, sondern muss gründlich ausgearbeitet werden. Auch sollte sie aus Beweisgründen immer schriftlich erfolgen.

4. Sonderkündigungsschutzrechte werden nicht beachtet

Oftmals werden auch Sonderkündigungsschutzrechte nicht ausreichend berücksichtigt. Zwar ist weithin bekannt, dass Schwerbehinderte, Schwangere und Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz einem besonderen Kündigungsschutz unterliegen. Weithin unbekannt ist jedoch immer noch, dass auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich in Elternzeit befinden und in dieser Zeit eine Teilzeittätigkeit ausüben, ebenfalls einem Sonderkündigungsschutz unterliegen. Es sollte deshalb immer geprüft werden, ob ein Sonderkündigungsschutz besteht, z.B. als Datenschutzbeauftragter.

5. Termin des Wirksamwerdens in der Kündigung fehlt

Auch sollte die Kündigung stets die Erklärung enthalten, dass zu einem konkreten Termin gekündigt werde, hilfsweise aber auch zum nächstmöglichen Termin. Durch diese Formulierung soll sichergestellt werden, dass wenn durch ein Versehen eine falsche Kündigungsfrist ausgerechnet wurde und damit ein falscher Endzeitpunkt genannt wird, nicht die ganze Kündigung unwirksam ist, sondern dass dann die Kündigung automatisch zum nächstmöglichen Kündigungstermin wirkt.

6. Kündigungsfrist wird versäumt

Bei fristlosen Kündigungen wird oft die Kündigungsfrist versäumt. Denn eine fristlose Kündigung muss nach § 626 BGB innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von dem Kündigungsgrund ausgesprochen werden. Wird diese Frist versäumt, ist die fristlose Kündigung automatisch unwirksam. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber verteidigen ihre Fristversäumnis oft mit dem Argument, man habe dem Sachverhalt noch näher recherchieren müssen. Diese Argumentation ist jedoch immer mit Risiken behaftet, da man natürlich immer trefflich darüber streiten kann, wann die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber ausreichend Kenntnis von einem Sachverhalt hatte. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollten deshalb grundsätzlich immer davon ausgehen, dass die Kündigung innerhalb von 14 Tagen nach erstmaliger Kenntnis des Sachverhalts, auch wenn der Sachverhalt zu diesem Zeitpunkt noch nicht umfassend bekannt war, ausgesprochen werden muss.

Auch sollte eine fristlose Kündigung immer mit der Formulierung verbunden werden, dass hilfsweise auch eine fristgerechte Kündigung ausgesprochen wird.

Soweit ein Betriebsrat vorhanden ist, darf dann auf keinen Fall versäumt werden, den Betriebsrat sowohl zur fristlosen als auch zur fristgerechten Kündigung anzuhören.

Fazit

Generell ist Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern immer zu empfehlen, sich bereits im Vorfeld einer Kündigung anwaltlich beraten zu lassen. Diese Beratung ist zwar mit Kosten verbunden, die von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern oft gescheut werden. Eine gut vorbereitete und formell ordnungsgemäße Kündigung hat aber die Vorteile, dass sie von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eher akzeptiert wird, da sie weniger Angriffspunkte sehen und dass natürlich auch die Erfolgsaussichten im gerichtlichen Verfahren erheblich verbessert werden.

Wird der Rechtsanwalt erst im gerichtlichen Verfahren eingeschaltet, hat er leider oftmals nicht mehr die Möglichkeit, Fehler, die bereits im Vorfeld der Kündigung geschehen sind, zu reparieren.

Michael Henn, Rechtsanwalt

Quelle: Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.

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