Weiterbildung in der Praxis? Aber sicher!

Nahezu überall ist das Thema der Nachwuchssorgen im niedergelassenen Bereich aktuell – nicht nur in ländlichen Regionen und nicht nur im hausärztlichen Versorgungsbereich. Warum dann nicht selbst in der eigenen Praxis für die Ausbildung des Nachwuchses sorgen und bestenfalls schon die frühzeitige Nachfolge für die eigene Praxis gestalten?

Der folgende Beitrag möchte eine erste Orientierungshilfe zu den Voraussetzungen der Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten (kurz: WBA) bieten. 

1. Grundsätzliches zur Weiterbildung im niedergelassenen Bereich

Weite Teile der Facharztausbildung können nicht nur in der Klinik, sondern auch in der ambulanten Versorgung absolviert werden. Die genaue Dauer hängt von der Fachrichtung sowie der örtlich geltenden Weiterbildungsordnung (WBO) ab. In vielen Fällen kann die Ausbildung aber zumindest 24 Monate lang in der ambulanten Versorgung absolviert werden.

Damit die Beschäftigung berufsrechtlich zulässig sowie für den WBA als Teil der Facharztausbildung anrechenbar ist, gilt es jedoch einige Voraussetzungen zu beachten. Diese formalen Hürden sind allerdings weit weniger hoch oder kompliziert als zum Teil angenommen wird. 

Weiterbildungsbefugnis und Weiterbildungsstätte

Zunächst muss der weiterbildende Arzt überhaupt zur Weiterbildung befugt und die Praxis als Weiterbildungsstätte zugelassen sein. Die Weiterbildungsbefugnis und die Zulassung als Weiterbildungs­stätte beantragt man bei der örtlichen Ärztekammer. Die Weiterbildungsbefugnis wird sodann persönlich erteilt, das heißt, sie gilt auch nur für den beantragenden und sodann befugten Arzt, nicht für weitere in der Praxis/der Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)/dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) tätige Ärzte, die ihrerseits eigene Anträge stellen müssten. 

Voraussetzung für die Erlangung einer Weiterbildungsbefugnis ist die eigene mehrjährige Tätigkeit als Facharzt in dem Bereich der Weiterbildung. Außerdem muss mit dem Antrag ein Weiterbildungskonzept eingereicht werden, das die Inhalte, die im Rahmen der Weiterbildung vermittelt werden sollen, darstellt. Hier bieten viele Ärztekammern ­Hilfe an.1

Daneben muss aber auch die Praxis, die BAG oder das MVZ – also die Betriebsstätte als solche und ggf. jede Betriebsstätte, in der ein WBA beschäftigt werden soll, als Weiterbildungsstätte durch die Ärztekammer zugelassen sein. Voraussetzung ist hier, dass die für die Weiterbildung typischen Krankheiten nach Zahl und Art der Patienten in der Weiterbildungsstätte regelmäßig und häufig genug vorkommen und Personal und Ausstattung der Einrichtung den Erfordernissen der medizinischen Entwicklung entsprechen.

2. Genehmigung des Assistenten durch die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung

Die Beschäftigung des konkreten WBA muss ferner gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) beantragt und genehmigt werden. Der Antrag ist rechtzeitig vorher auf einem entsprechenden Vordruck der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zu stellen. Die Länge der beantragten Weiterbildungszeit hängt zum einen von der eigenen Befugnis (in der Regel 12, 18 oder 24 Monate) ab, zum anderen von der noch abzuleistenden und anrechnungsfähigen Weiterbildungszeit des WBA bis zum Erreichen der Voraussetzungen zur Anmeldung für die Facharztprüfung.

Besonders wichtig ist hier, dass es sich bei der Genehmigung um einen statusbegründenden Akt handelt. Der WBA darf nicht bereits vor Erteilung der Genehmigung beschäftigt werden. Dies gilt auch, wenn alle Voraussetzungen der Beschäftigung vorlagen, die Genehmigung aber zum beabsichtigten Tätigkeitsbeginn noch nicht erteilt wurde – denn eine rückwirkende Genehmigung ist nicht möglich. Wird ein WBA ohne oder vor der Genehmigungserteilung beschäftigt, können die durch ihn erbrachten Leistungen von der KV nicht vergütet werden (vgl. hierzu nur den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.04.2022, Az. B 6 KA 16/21 B, der einen Regress über 440.000 € für von nicht genehmigten WBA erbrachte Leistungen als rechtmäßig bestätigte). Daneben sind bei Verstößen gegen die Genehmigungspflicht auch Disziplinarmaßnahmen möglich. Bei der Beantragung sind folglich dringend die zum Teil langen Bearbeitungszeiten der KVen zu beachten.

Weiterbildung in Teilzeit

Die Weiterbildung erfolgt sodann grundsätzlich hauptberuflich und im Rahmen einer Vollzeittätigkeit. Es ist aber in persönlich begründeten Fällen, etwa zur Kindererziehung, auch möglich, die Weiterbildung in Teilzeit durchzuführen. Hierzu ist dann zusätzlich zur generellen Genehmigung durch die KV ein gesonderter Antrag an die zuständige Ärztekammer zu stellen. Bei der Weiterbildung in Teilzeit verlängert sich die Weiterbildungszeit dann natürlich entsprechend. 

Arbeitsvertrag und Vergütung

Schließlich ist mit dem WBA für die Dauer des vereinbarten Weiterbildungsabschnitts ein schriftlicher Arbeitsvertrag zu schließen. Dieser sollte aufschiebend bedingt durch die Genehmigungserteilung der KV und bei Teilzeittätigkeit auch der Ärztekammer geschlossen werden. Schließlich muss dem WBA eine angemessene Vergütung gewährt werden, § 19 Abs. 3 Musterberufsordnung (MBO-Ä). Angemessen in diesem Sinne ist jedenfalls eine der tariflichen Vergütung entsprechende Bezahlung (s. hierzu aber die Förderungsmöglichkeiten unter 4.).
 

3. Tätigkeit des Weiterbildungsassistenten in der Praxis und seine Überwachung

Damit die Leistungen des WBA dem weiterbildenden Arzt als persönliche Leistungen zugerechnet werden können, müssen sie als dessen Eigenleistungen anzusehen sein, § 15 Abs. 1 Satz 2 Bundesmantelvertrag (BMV-Ä). Eine solche Zurechnung als Eigenleistung erfolgt aber nur, wenn der weiterbildende Arzt den WBA ausreichend überwacht und anleitet. Da die Weiterbildung grundsätzlich in Vollzeit erfolgt, kann daher ein zur Weiterbildung befugter Arzt auch nur einen WBA beschäftigen.

Umfang der Anleitung

Die Pflicht zu Anleitung und Überwachung geht aber nicht so weit, dass der weiterbildende Arzt bei jeder Tätigkeit des WBA im Behandlungszimmer anwesend sein muss. In welchem Umfang Tätigkeiten an den WBA delegiert werden können, hängt von seinem ganz individuellen Ausbildungs- und Kenntnisstand ab. Hat der ausbildende Arzt sich überzeugt, dass der WBA ausreichende Fähigkeiten und Kenntnisse hat, um bestimmte Leistungen allein zu erbringen, genügt es jedenfalls, wenn der ausbildende Arzt in der Praxis präsent ist und für Fragen jederzeit zur Verfügung steht. Diese Möglichkeit besteht nach einhelliger Auffassung beispielsweise dann nicht, wenn der weiterbildende Arzt sich etwa im Urlaub befindet.

Zu beachten ist außerdem – was sich jedoch aus der Natur der Sache ergeben dürfte – dass die Beschäftigung des WBA grundsätzlich weder dazu führen darf, dass ein Praxisumfang erheblich zunimmt, noch dazu, dass ein bereits übergroßer Praxisumfang – dies meint eine Fallzahl, die etwa dem zwei- bis zweieinhalbfachen des Fachgruppendurchschnitts entspricht – aufrechterhalten wird.

4. Förderungsmöglichkeiten

Neben der Allgemeinmedizin werden zahlreiche weitere Facharztgruppen in der Weiterbildung gefördert, vgl. die Vereinbarung zur Förderung der Weiterbildung gemäß § 75a SGB V. Der Förderbetrag wird an den weiterbildenden Arzt als Zuschuss zum Bruttogehalt des WBA gezahlt und muss – nachweisbar – an den WBA weitergeleitet werden. Die Fördersumme für eine Vollzeitstelle beträgt dabei derzeit 5.400 €. Gefördert werden bundesweit mindestens 7.500 Stellen in der Allgemeinmedizin und bundesweit weitere 2.000 Stellen in anderen Fachbereichen. Welche Fachbereiche das sind, legen die KVen mit den Krankenkassen vor Ort fest. Hier lohnt es sich, Informationen einzuholen und die Förderung (rechtzeitig) gesondert zu beantragen.

Fazit
Die Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten stellt somit nicht nur einen wertvollen Beitrag in der Facharztausbildung dar, sondern führt nicht selten auch einmal dazu, dass man im bisherigen bzw. ehemaligen WBA auch einen potenziellen BAG-Partner oder Praxisnachfolger kennenlernt – attraktive Möglichkeiten für beide Seiten.

 


* Zur besseren Lesbarkeit kann in Texten das ­generische Maskulinum verwendet werden. ­Nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.

1 www.aekwl.de/fileadmin/user_upload/aekwl/weiterbildung/Hilfestellung_Weiterbildungsprogramme_WO_2020.pdf 

Veronika Poulheim
Rechtsanwältin, Fach­anwältin für Medizinrecht
Kanzlei am Ärztehaus
Oberländer Ufer 174
50968 Köln
0221 34066960
v.poulheim@kanzlei-am-aerztehaus.de
www.kanzlei-am-aerztehaus.de

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