10 Prüfungsschwerpunkte bei der Betriebsprüfung in der Praxis

Die von Ärzten erbrachten Leistungen sind in den letzten Jahren vielfältiger geworden. Damit ergeben sich auch steuerrechtlich immer komplexere Fragestellungen, denen die Finanzverwaltung im Rahmen von Betriebsprüfungen (wir haben ausführlich berichtet in Ausgabe 5/19) vermehrt nachgeht. Dem Prüfer helfen dabei der digitale Datenzugriff und der Einsatz spezieller Prüfsoftwares. Neben individuellen Prüfungspunkten werden bestimmte Themen regelmäßig überprüft.

1. Typische Berufskleidung

Der Betriebsausgabenabzug für Kleidungsstücke wird nur zugelassen, sofern sie objektiv eine berufliche Funktion erfüllen und deren private Nutzung ausgeschlossen ist, zum Beispiel durch ein dauerhaft angebrachtes Praxislogo. Weiße Kleidung allein ist nicht ausreichend.

2. Häusliches Arbeitszimmer

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG nur abzugsfähig, wenn für die berufliche bzw. betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in der Praxis stellt allerdings einen zumutbaren „anderen Arbeitsplatz“ dar.
► BFH Urteil vom 22.02.2017, III R 9/16

Ist dieser beispielsweise aufgrund der Ausstattung oder Mitbenutzung durch Mitarbeiter nicht für Verwaltungsarbeiten geeignet, können die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Dies ist auch noch im Rahmen der Betriebsprüfung möglich.

Befindet sich das private Grundstück im Eigentum des Praxisinhabers, wird für das Arbeitszimmer das anteilige Gebäude sowie der anteilige Grund und Boden im Gegenzug aber regelmäßig Betriebsvermögen. Dies kann später, etwa beim Praxisverkauf, zu steuerlichen Nachteilen führen. Der Schritt sollte daher wohl überlegt sein.

Tipp: Bei einem häuslichen Arbeitszimmer ist der Abzug auf 1.250 Euro begrenzt. Bei einem außerhäuslichen Arbeitszimmer bzw. einer Notfallpraxis mit einem separaten Eingang entfällt die Deckelung.

3. Bewirtungsaufwendungen

Bei diesen Aufwendungen treffen immer private und berufliche Veranlassung aufeinander. Deshalb sind die Aufwendungen zu 70 % als Betriebsausgaben abzugsfähig, vorausgesetzt sie sind der Höhe nach angemessen und korrekt dokumentiert.

Begünstigt sind Bewirtungen aus geschäftlichem Anlass, z.B.:

  • die Planung künftiger Projekte
  • ein Vertragsabschluss
  • die Pflege bestehender Geschäftsbeziehungen zum Beispiel zum Steuerberater

Bewirtungsaufwendungen für den eigenen Ehe- oder Lebenspartner sind nicht abzugsfähig. Die Bewirtungsaufwendungen für den Ehe- oder Lebenspartner des Geschäftspartners dagegen sind ebenfalls zu 70 % abzugsfähig.
Die strengen Anforderungen an den Nachweis der Kosten regelt § 4 Abs. 5 Nr. 2 S. 2 EStG. Ist der Nachweis nicht korrekt erbracht oder sind die Kosten nicht zeitnah in der Buchhaltung erfasst, streicht der Prüfer den Betriebsausgabenabzug aus formellen Mängeln. Insbesondere der Name des Bewirtenden, sämtliche bewirteten Personen und der konkrete Anlass müssen zeitnah auf dem Bewirtungsbeleg vermerkt sein. Angeheftete Auflistungen sind ungenügend, genauso wie die allgemeine Angabe „Besprechung“ oder „Arbeitsessen“.

Die Angemessenheit der Bewirtungsaufwendungen wird nicht an einem exakten Betrag gemessen, sondern nach allgemeiner Verkehrsauffassung und den Umständen des Einzelfalls beurteilt.

Tipp: Die Aufwendungen für die Bewirtung von eigenen Mitarbeitern sowie deren Familienangehörigen zum Beispiel anlässlich der jährlichen Weihnachtsfeier sind zu 100 % als Betriebsausgabe abzugsfähig. Für zwei Betriebsveranstaltungen jährlich gilt pro Mitarbeiter ein Freibetrag für die Lohnsteuer von 110 Euro. Der übersteigende Betrag ist für die Mitarbeiter lohnsteuerpflichtig, kann aber pauschal besteuert werden.

4. Zeitpunkt der Vereinnahmung

Zu Gewinnverschiebungen zwischen verschiedenen Kalenderjahren kann es im Hinblick auf die zugeflossenen Einnahmen bei der Einnahmenüberschussrechnung kommen. Werden Honorarforderungen an Privatpatienten durch eine ärztliche Verrechnungsstelle eingezogen, müssen diese bereits mit Eingang bei der privatärztlichen Verrechnungsstelle als Betriebseinnahme erfasst werden, unabhängig von der Auszahlung an den Arzt. Honorare aus vertragsärztlicher Tätigkeit sind dagegen erst bei Auszahlung der Kassenärztlichen Vereinigung zu versteuern.
Eine Besonderheit gilt allerdings für die jeweils für Dezember des Vorjahres bis zum 10. Januar des Folgejahres ausbezahlten Abschlagszahlungen. Diese sind bereits im Vorjahr als Einnahme zu versteuern, da es sich um regelmäßig wiederkehrende Einnahmen handelt.

Tipp: Neben den Buchungen auf dem Praxiskonto auch den Kontoauszug der privatärztlichen Abrechnungsstelle überprüfen, damit keine Betriebseinnahmen übersehen werden.

5. Praxisausfallversicherung

Die Kosten der Praxisausfallversicherung sind nur insoweit als Betriebsausgabe abzugsfähig, als sie ein berufliches Risiko absichern. Wird eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit abgesichert, gilt dies regelmäßig als privat verursacht und die Beiträge sind lediglich als Sonderausgaben abzugsfähig. Im Auszahlungsfall sind die Leistungen im Gegenzug aber auch nicht steuerbar.

6. Steuerberatungskosten Feststellungserklärung

Die von der Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) abzugebende Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung bildet die Grundlage für die Berechnung der Einkommensteuer der Gesellschafter. Die Steuerberatungskosten für die Feststellungserklärung sind daher keine Betriebs­ausgaben der BAG.
► Zuletzt BFH vom 28.05.2015 – VIII B 40/14

7. Firmenwagen

Auch die Versteuerung der privaten Firmenwagennutzung wird im Rahmen der Betriebsprüfung eingehend untersucht.
Eine ausführliche Darstellung finden Sie hier.

Leasing

Einem beliebten Steuersparmodell bei geleasten Fahrzeugen will die Finanzverwaltung derzeit entgegenwirken und greift diese Fälle deshalb speziell auf. Eine hohe Leasingsondervorauszahlung bei Abschluss eines Leasingvertrags (mit einer Laufzeit von weniger als 5 Jahren) sorgt für niedrigere Raten während der restlichen Laufzeit und einen hohen Betriebsausgabenabzug im ersten Jahr. Der Privatanteil wird im ersten Jahr ungekürzt nach der 1 %-Methode versteuert. Ab dem zweiten Jahr sind allerdings die Aufwendungen für das Fahrzeug niedrig und nur in dieser Höhe wird auch der Privatanteil versteuert, da die Kostendeckelung angewandt wird. Nach neuester Verwaltungspraxis (FinBeh Hamburg, 08.11.2018) werden nunmehr alle anfallenden Gesamtkosten eines Fahrzeugs, einschließlich der Leasingsonderzahlung, für den Nutzungszeitraum ermittelt und periodengerecht aufgeteilt. Dieser jährliche Betrag ist maßgeblich für die Anwendung der Kostendeckelung. Dies gilt auch rückwirkend.

KostendeckelungIst der nach der 1 %-Regelung ermittelte Privatanteil höher, als die tatsächlich insgesamt für das Firmenfahrzeug angefallenen Kosten, wird der Privat­anteil nur in Höhe der tatsächlichen Kosten versteuert. Unter dem Strich wird das Fahrzeug damit kostenneutral behandelt.

8. Umsatzsteuer für IGeL

Auch individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) können umsatzsteuerfrei sein, sofern sie einem therapeutischen Ziel dienen oder medizinisch indiziert sind, wie zum Beispiel eine Krebsfrüherkennungsuntersuchung.
► Gemäß § 4 Nr. 14a UstG

Steuerpflichtig sind dagegen beispielsweise:

  • kosmetische Leistungen
  • Vitaminkuren
  • Anti-Aging-Behandlungen

Tipp: Da die Beweislast beim Arzt liegt, ist eine umfangreiche Dokumentation des medizinisch-therapeutischen Ziels in der Patientenakte sinnvoll. Die ärztliche Schweigepflicht steht diesem Nachweis nicht entgegen.

9. Gewerbliche Einnahmen

Was sind die Folgen der Gewerbesteuerpflicht?

Steuerliche Mehrbelastung, sofern der Hebesatz der Gemeinde über 380 % beträgt (§ 35 EStG).
Über die Gewinnverteilung ist eine gesonderte Vereinbarung der Gesellschafter zu treffen, da die Gewerbesteuer auch auf Sonderbetriebsvermögen und
Ergänzungsbilanzen entfällt.
Beträgt der Gewinn aus Gewerbe­betrieb im Vorjahr mehr als 60.000 € oder der Umsatz mehr als 600.000 €, sind gewerbliche Unternehmer verpflichtet Bücher zu führen und eine Bilanz aufzustellen.

Ein besonderes Augenmerk legt die Finanzverwaltung immer häufiger auf gewerbliche Tätigkeiten von Ärzten. Der Grund: die Gewerbesteuer. Als gewerbliche Tätigkeit gilt zum Beispiel der Verkauf von Kosmetikprodukten, Hörgeräten oder Spiralen. Ist der gewerbliche Betrieb in einer Einzelpraxis organisatorisch und abrechnungstechnisch von der Praxis getrennt, fällt Gewerbesteuer nur für die gewerblichen Einkünfte über 24.500 Euro an.
Die Rechtslage bei Personengesellschaften und somit bei BAG ist eine andere: Ist eine Personengesellschaft teils freiberuflich und teils gewerblich tätig, unterliegt die gesamte Tätigkeit der Personengesellschaft gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG aufgrund der sogenannten Abfärbetheorie in vollem Umfang der Gewerbesteuerpflicht.

Tipp: Der BFH hat am 27.08.2014 entschieden, dass ein Anteil der gewerblichen Nettoumsatzerlöse von bis zu 3 % an den Gesamtnettoumsatzerlösen (relative Grenze) unschädlich ist, wenn die gewerblichen Einnahmen gleichzeitig 24.500 Euro nicht übersteigen (absolute Grenze).

10. Angestellte Ärzte

Die Anstellung weiterer Ärzte in der Praxis allein führt noch nicht zur Gewerbesteuerpflicht. Voraussetzung ist aber, dass der Vertragsarzt die Praxis weiterhin aufgrund seiner Fachkenntnisse persönlich leitet. Dies ist grundsätzlich gemäß § 14a BMV-Ä anzunehmen, wenn je Vertragsarzt nicht mehr als drei Ärzte (drei vollzeitbeschäftigte oder teilzeitbeschäftigte Ärzte in der Anzahl, welche in zeitlichem Umfang drei vollzeitbeschäftigten Ärzten entsprechen) angestellt werden.

► Weiterbildungsassistenten werden hierbei nicht angerechnet.

Laut Urteil des BFH vom 16.07.2014 muss der Vertragsarzt zusätzlich durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Tätigkeit der angestellten Ärzte – patientenbezogen – Einfluss nehmen. Die Leistungen müssen den „Stempel der Persönlichkeit“ des Vertragsarztes tragen. Er führt die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten durch, legt für den Einzelfall die Behandlungsmethode fest und behält sich die Behandlung „problematischer Fälle“ vor.

Tipp: Als Nachweis der Voraussetzungen kann eine umfangreiche Dokumentation der Arbeitsweise in der Praxis dienen.

Christian Paatsch
Dipl. Finanzwirt (FH)
Paatsch Steuerberatungsgesellschaft mbH
Lilienweg 4, 77977 Rust
www.paatsch-steuerberatung.de

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung