Aktuelle Urteile aus dem Steuerrecht

Künstliche Befruchtung „mit zwei Frauen“ zählt nicht • Umsatzsteuer: Zweckgebundenes „Persönliches Budget“ • Corona: Auch ein Vorerkrankter kann nicht einfach so Termine beim Finanzgericht verschieben

 

Umsatzsteuer: Zweckgebundenes „Persönliches Budget“

Ein ambulanter Dienst, der Hilfen als pädagogische Fachleistungen beziehungsweise Assistenzleistungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen, Suchterkrankungen oder geistiger Behinderungen leistet, kann auch dann nicht von der Umsatzsteuer befreit werden, wenn seine Vergütung (indirekt) aus Mitteln der Sozialhilfe kommt. Erhält er das Geld nämlich von den „Klienten“ (also von den Sozialhilfeempfängern) aus deren Mitteln des „Persönlichen Budgets“, so greift hier nicht die Regel der Umsatzsteuerbefreiung, wonach solche Leistungen steuerfrei sind, „bei denen im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 25 %“ der Kosten von Trägern der Sozialhilfe vergütet worden sind“. Die „besonderen Leistungen“ aus dem Persönlichen Budget nach dem Sozialgesetzbuch zählen nicht dazu.

(Hessisches FG, 1 K 736/19)

 

Außergewöhnliche Belastung: Künstliche Befruchtung „mit zwei Frauen“ zählt nicht

Ein gleichgeschlechtliches Ehepaar kann die Kosten für eine Leihmutter nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend machen.

Die Kosten, die einem gleichgeschlechtlichen Paar für eine Leihmutter sowie für die Eispenderin in den USA entstanden sind, können nicht als außergewöhnliche Belastung vom steuerpflichtigen Einkommen abgezogen werden. Das Finanzamt dürfe die Aufwendungen nicht anerkennen, weil die gewählte Form der Leihmutterschaft nach dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) in Deutschland verboten ist. In dem konkreten Fall ging es um zwei verheiratete Männer, die eine Leihmutter in Kalifornien mit dem Austragen des Kindes „beauftragt“ hatten, eine andere Frau als Eizellenspenderin gewonnen hatten. Diese wurde mit dem Samen einer der beiden künstlich befruchtet und eingesetzt. Insgesamt kostete das Vorgehen knapp 13.000 €. Das Paar kann sich nicht auf die ungewollte Kinderlosigkeit berufen, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Krankheit anerkannt sei. Das Finanzgericht sah das anders: Eine künstliche Befruchtung könne im Krankheitsfall als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Aber nur, wenn deutsches Recht und die Richtlinien der Berufsordnung für Ärzte beachtet werden. Die künstliche Befruchtung mit der Eizelle einer anderen Frau und ein Leihmutterschaftsverhältnis zähle nicht dazu.

(FG Münster, 10 K 3172/19)

 

Corona: Auch ein Vorerkrankter kann nicht einfach so Termine verschieben

Auch wenn ein älterer Herr vorerkrankt ist, kann er nicht ohne Weiteres verlangen, dass ein für ihn anstehender Termin vor dem Finanzgericht verlegt wird, weil er Sorge hat, sich im Gerichtssaal oder auf dem Weg zum Gericht mit dem Coronavirus anzustecken. Wurde der Termin bereits (zu einem früheren Zeitpunkt der Pandemie) schon einmal verschoben, und sind inzwischen genug Vorkehrungen im Gerichtsaal getroffen worden (Luftfilter, Desinfizierung, Plexiglasabtrennungen), so muss der Mann teilnehmen – oder es wird ohne ihn verhandelt und entschieden. Auch die Tatsache, dass er ausreichend Zeit gehabt hatte, einen Prozessbevollmächtigten zu bestimmen (was er nicht getan hat), falle zu seinen Lasten aus.

(BFH, IX B 15/21)

Quelle: Redaktionsbüro Wolfgang Büser

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