Jobsharing – eine mögliche Gewerbesteuerfalle

Wenn ein Planungsbereich für neue Zulassungen gesperrt ist, gibt es für Ärzte trotzdem eine Möglichkeit, vertragsärztlich tätig zu werden, das Jobsharing.

Jobsharing kann Ärzten einige Vorteile ermöglichen: Grundsätzlich bietet es Ärzten die Möglichkeit in Teilzeit zu arbeiten, die Praxisöffnungszeiten zu erweitern sowie umfassendere Leistungen anzubieten. Allerdings kann es sein, dass der Arzt Gewerbesteuer auf sämtliche Einnahmen zahlen muss.

Grundsätzlich erzielen Ärzte freiberufliche Einkünfte nach § 18 Einkommensteuergesetz (EStG). Da insbesondere bei Freiberuflern die persönliche Arbeitsleistung unverzichtbares (steuerrechtliches) Tatbestandsmerkmal ist, vertritt der Bundesfinanzhof (BFH) die sogenannte Vervielfältigungstheorie. Nach dieser Theorie ist ein Gewerbebetrieb anzunehmen, wenn die berufstypische Tätigkeit durch eine Beschäftigung fachlich vorgebildeter Hilfskräfte ersetzt und / oder vervielfältigt wird. Allerdings steht die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit nur dann nicht entgegen, wenn der Tätige weiterhin
leitend und eigenverantwortlich handelt.

► BFH, 10.06.1988, II R 118/85

Einfach ausgedrückt: Wenn der Arzt ärztliche Tätigkeiten an seine MFA delegiert, spielt es eine Rolle, dass der Arzt die leitende Funktion inne hat und die Verantwortung für seine MFA übernimmt (der Arzt ist haftbar).

 

definition Job-SharingJobsharing bedeutet, dass ein bereits zugelassener Vertragsarzt (der sogenannte „Senior“) seinen Versorgungsauftrag mit einem zusätzlich tätig werdenden Arzt (dem „Junior“) teilt und sich mit diesem über Umfang und Aufteilung der gemeinsamen Leistungserbringung praxisintern einigt. Dadurch kann der Praxisinhaber erheblich entlastet werden.

Abgrenzung von freiberuflichen und gewerblichen Einnahmen

Hauptabgrenzung zwischen gewerblichen und freiberuflichen Einkünften ist nach der Auffassung des BFH die persönliche, eigenverantwortliche und weisungsfreie Behandlung von Patienten. Letztendlich bedeutet dies die persönliche Leistungserbringung des Praxisinhabers gegenüber den Patienten mit Einschränkung der erlaubten Delegation der Leistungserbringung auf (andere) Mitarbeiter.

Kurz: Der Praxisinhaber behandelt den Patienten persönlich, es sei denn er delegiert die Aufgabe an MFA. Allerdings muss der Arzt nicht alles selbst machen, um die Qualifizierung als Freiberufler zu gefährden. Dies gilt bei der Übertragung von einfachen Tätigkeiten oder mechanischen Arbeiten an medizinische Fachangestellte, wenn sie nicht allein dem Arzt vorbehalten sind.

Leitend tätig muss der Arzt sein

Dem selbstständig tätigen Arzt ist es damit möglich, Mitarbeiter einzusetzen, die zwar nicht dieselbe fachliche Vorbildung vorweisen müssen, jedoch seine Arbeit in Teilbereichen ersetzen.

In der Regel kommt es auf die Anzahl der qualifiziert beschäftigten Arbeitskräfte nicht an. Diese kann aber indizierend für die Abgrenzung zwischen freiberuflichen gegenüber gewerblichen Einnahmen wirken. Von einer leitenden Tätigkeit bei der Beschäftigung von Angestellten kann nur dann ausgegangen werden, wenn der selbstständig Tätige, also der Arzt, die Grundsätze für die Organisation des Tätigkeitsbereichs und für die Durchführung der Tätigkeiten festlegt, die Durchführung der Tätigkeiten unter Beachtung der aufgestellten Grundsätze überwacht und grundsätzlich selbst entscheidet.

► BFH, 01.04.1982, IV R 130/79

► BFH, 20.4.1989, IV R 299/83

Nach dem neuen Vertragsarztrecht kann sich die Anstellung von Kollegen in der Praxis eines niedergelassenen Arztes als eine kostenträchtige Stolperfalle erweisen. Die Finanzämter können unter Umständen die steuerliche „Freiberufler-Privilegierung“ streichen und sämtliche Praxiseinnahmen als gewerbesteuerpflichtig einstufen.


Diejenigen Praxisinhaber, die weitere Ärzte in ihrer Praxis anstellen, müssen deshalb die Arbeit der Praxismitarbeiter kontrollieren und überwachen können, damit ihnen ihre Tätigkeit noch verantwortlich zugerechnet werden kann.


 

Beispiel: Weiterbildungsassistent

In der Regel besteht bei einer Beschäftigung eines Weiterbildungsassistenten kein Problemfeld, da dieser die gestellten Diagnosen mit dem leitenden Arzt abspricht.

Wann ist die Praxistätigkeit als gewerblich einzustufen?

Die Gewerbesteuerpflicht der Ärzte droht insbesondere dann, wenn angestellte Kollegen in der Zweigpraxis eingesetzt oder außerhalb des Jobsharings fachfremde Kollegen beschäftigt werden. Wie soll beispielsweise ein Allgemeinmediziner einen eingestellten Kardiologen,

Radiologen oder Internisten überwachen? Dies ist augenscheinlich nicht möglich. Wer seine Mitarbeiter alleine in der Zweigpraxis tätig werden lässt, wird durch den Fiskus wohl wegen der fehlenden Eigenverantwortlichkeit zur Zahlung der Gewerbesteuer herangezogen werden. Der Berufsträger muss sich aufgrund seiner eigenen Fachkenntnisse eigenverantwortlich betätigen. Er muss seine Arbeitskraft in einer Weise einsetzen, die ihm tatsächlich ermöglicht, uneingeschränkt die fachliche Verantwortung auch für die von seinen Mitarbeitern erbrachten Leistungen zu übernehmen.

► BFH, 25.11.1975, VIII R 116/74

► BFH, 01.02.1990, IV R 140/88

 

Auf einen BlickWann ist ein Arzt gewerbesteuerpflichtig?
• wenn der Senior fachfremde Ärzte außerhalb des Jobsharings einstellt
• wenn der Senior angestellte Ärzte alleine in der Zweigpraxis tätig werden lässt

Die Gewerbesteuer kann erhoben werden, wenn der Praxisinhaber den Junior oder mehrere angestellte Ärzte nicht regelmäßig beaufsichtigt und anleitet. Dies wird insbesondere dann angenommen, wenn der Junior an einem anderen Ort tätig ist, einer anderen Fachrichtung angehört, oder generell mehrere Ärzte angestellt sind.

Das sollten Sie vermeiden

Wer nur ein oder zwei angestellte Ärzte in der Hauptpraxis arbeiten lässt, dürfte keine Probleme mit dem Finanzamt bekommen. Wer allerdings Ärzte oder Personal für seine Zweigniederlassung anstellt, sollte wegen der zur Zeit äußerst unsicheren Sachlage seinen Steuerberater aufsuchen.

Zu vermeiden ist momentan die Anstellung fachfremder Berufskollegen außerhalb des Jobsharings. Aus „internen Quellen“ ist die Spezialisierung einiger Finanzämter auf Heilberufler bereits bekannt, die sich auch diesem Thema zuwenden werden.

Fazit

Das neue Vertragsarztrecht, zum Beispiel im Bereich des Jobsharings bietet unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten nicht nur Vor- sondern auch erhebliche Nachteile, denn die „Infizierung“ sämtlicher Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit und damit die Besteuerung mit der Gewerbesteuer kann eine Folge sein.

Dennis Janz

LL. M., Steuerberater, zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (FernUniversität Hagen) und Fachberater im ambulanten Gesundheitswesen (IHK), ist Partner der Radloff | Ploch & Partner mbB, Im Defdahl 10 a, 44141 Dortmund.
www.rp-steuerberater.com

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