Rechtsprechung zum häuslichen Arbeitszimmer

Nach den gesetzlichen Bestimmungen im Einkommensteuergesetz (EStG) sind die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer des Arztes grundsätzlich dem Privatbereich zuzuordnen.

Das Gesetz lässt nur zwei klar ­umrissene Ausnahmen zu:

1.    Bildet dieser Raum den qualitativen Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Arztes, so sind die anfallenden Kosten für das Arbeitszimmer in voller Höhe, also ohne Höchstbegrenzung, steuerlich abzugsfähig.

Diese Voraussetzungen liegen in der Regel bei Ärzten mit eigener Praxis selten vor. Denn üblicherweise wird der aktive Praxisbetrieb in gemieteten Räumen ausgeübt.
Handelt es sich jedoch um eine ärztliche Tätigkeit, die ausschließlich in diesen Räumen ausgeübt wird, so kommt die Ausnahmeregelung zur Anwendung.

Die Praxis zeigt, dass dies insbesondere bei Ärzten der Fall ist, die – nach erfolgter Praxisabgabe oder Veräußerung (Verkauf) – nur noch in begrenztem Umfang zu Hause ihre Praxistätigkeit ausüben.

2.    Die zweite Ausnahme ist hinsichtlich der praktischen Anwendung und der damit in Verbindung stehenden Abgrenzung weitaus schwieriger auszulegen.

Der Gesetzgeber hat es zugelassen, dass ein begrenzter Abzug der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer auch dann möglich ist, wenn dem Steuerbürger für die in diesem Raum zu erledigenden Arbeiten, kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Hier beginnt bei Ärzten die Auslegungs- und Nachweisproblematik, insbesondere immer dann, wenn Praxisräume vorhanden und neben den eigentlichen Mietaufwendungen für die Praxisräume noch zusätzlich der begrenzte Abzug für das häusliche Arbeitszimmer geltend gemacht wird.

Zwar hat das Gesetz in diesem Fall eine Kostenhöchstbetrags­begrenzung von 1250 Euro pro Jahr und Raum festgelegt.

► Doch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geht neue Wege (Urteil vom 15.12.2016).

Nutzung eines Zimmers durch mehrere Personen

Objektbezogener Kostenhöchstbetrag

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung war der Kostenhöchstbetrag für das Arbeitszimmer objektbezogen anzuwenden. Dies bedeutet, dass eine Nutzung des Raumes – zum Beispiel durch Eheleute – dazu führte, dass nur maximal 1250 Euro an Aufwendungen steuerlich wirksam angesetzt werden konnten.

Personenbezogener Kostenhöchstbetrag

Aktuell hat jetzt der BFH entschieden, dass der Höchstbetrag personenbezogen auszulegen ist. Dies bedeutet, dass jeder Nutzer – soweit die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind – den maximalen Höchstbetrag im Rahmen der Steuer ansetzen kann.

Diese Auslegung des höchsten Finanzgerichtes steht im krassen Widerspruch zur Meinung der ­Finanzverwaltung. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung reagiert und ob die Verwaltung die geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung sinnvollerweise als ­allgemeingültig anwendet.

Praxistipp: Einspruch einlegen

Erfahrungsgemäß lässt sich die Finanzverwaltung jedoch mit der Entscheidung inwieweit Urteile des höchsten Finanzgerichtes über den Einzelfall hinaus angewendet werden sollen, länger Zeit. Der Praktiker sollte in der Zwischenzeit bei allen neu erteilten Steuerbescheiden, die die hier dargestellte Problematik enthalten – Einspruch einlegen und den Steuerfall „offen halten“.

Steuertipp

Die generelle Kostenbegrenzung (1250 Euro), wie sie hier dargestellt wird betrifft ausschließlich Räume, die in ihrer Funktion und Ausstattung „als Arbeitszimmer“ genutzt werden. Betrieblich oder beruflich genutzte Räumlichkeiten, die anders genutzt werden, zum Beispiel als Lager oder ähnliches, fallen nicht in den Bereich einer möglichen Kostenbegrenzung wie bei Arbeitszimmern. Hier können die anfallenden Aufwendungen in vollem Umfang steuerlich geltend gemacht werden.

Die komplexe Gesamtproblematik bei betrieblichen oder beruflichen Räumen sollte jedoch – vor der geplanten Nutzung – mit dem Steuerberater ausführlich erörtert werden. Nur so ist man vor Überraschungen bei späteren Außenprüfungen durch die Finanzverwaltung gefeit.

Nach oben

Günter Balharek

Diplom-Finanzwirt, Steuerberater
Steuerkanzlei
Freiherr-v.-Stein-Straße 18
35447 Reiskirchen
Tel.: 06408/96150
E-Mail: Balharek@t-online.de

Interessiert an neuen Fortbildungen oder Abrechnungstipps?

Abonnieren Sie unseren Infoletter.
 

Zur Infoletter-Anmeldung

x
Newsletter-Anmeldung