Betreuungs- und Koordinierungsleistungen in der GOÄ

Die GOÄ beinhaltet eine Leistungsposition, die allgemein recht wenig Beachtung findet. Die Rede ist hier von Nr. 15 GOÄ. Etwas in „Vergessenheit“ zu geraten scheint diese Position aufgrund der Limitierung, dass sie nur einmal im Kalenderjahr ansatzfähig ist. Sie kann sowohl von Hausärzten als auch von Fachärzten abgerechnet werden.

Leistungslegende der Nr. 15 GOÄ 

„Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen während der kontinuierlichen ambulanten Betreuung eines chronisch Kranken“, 300 Punkte, Einfachsatz 17,49 €, 2,3-fach 40,22 €, einmal im Kalenderjahr, in demselben Behandlungsfall nicht neben Nr. 4.

Der Gesetzgeber stellte mit Aufnahme der Nr. 15 GOÄ sicher, dass die für die Versorgung chronisch Kranker wichtigen Koordinationsaufgaben der Ärzte, die in anderen Leistungspositionen nicht erfasst sind, honoriert werden. Es handelt sich jedoch nicht um eine Ziffer, die nur im Bereich der hausärztlichen Versorgung Verwendung finden kann. Da die GOÄ keine diesbezügliche Abrechnungsbindung ausweist, können auch Fachärzte diese Position ansetzen, wenn sie entsprechende Leistungen erbracht haben.

Zu den therapeutischen Leistungen für die Abrechenbarkeit der Nr. 15 gehören: 

  • Gespräche mit anderen behandelnden Ärzten
  • Vor- und Nachbereitung von Krankenhausaufenthalten
  • regelmäßige Überprüfung der Medikation
  • Kontakte zu sozialen Einrichtungen oder Versicherungsträgern
  • Ergänzt werden können diese noch zur Koordination mit Pharmakologen/Apothekern und auch zu Pflegediensten, Betreuungs- und Assistenzkräften oder Pflegestützpunkten.

Therapeutische und soziale Maßnahmen

Es muss sich für die Berechenbarkeit der Nr. 15 um durchgeführte therapeutische und soziale Maßnahmen handeln, da aufgrund der Art und Schwere der chronischen Krankheitsbilder sowohl therapeutische als auch soziale Maßnahmen zu koordinieren sind. Es handelt sich also um obligate Leistungsinhalte. Unerheblich ist gemäß Kommentierung der Bundesärztekammer dagegen, ob im Verlauf eines Kalenderjahres der Schwerpunkt eher bei den therapeutischen oder sozialen Maßnahmen liegt. Separate Verordnungen, z. B. Physio- oder Ergotherapie, berechtigen für sich allein nicht zur Abrechnung der Nr. 15. Bei chronisch kranken Patienten ist erforderlich, dass der Arzt den Erfolg unterschiedlicher therapeutischer Maßnahmen – auch im direkten Kontakt mit den jeweiligen Therapeuten – beurteilt sowie den Einsatz pflegerischer und sozialer Maßnahmen koordiniert. 

Als soziale Maßnahmen werden patientenbezogene Kontakte zu folgenden Einrichtungen/Personen angesehen:

  • Pflegeheimen, Sozialeinrichtungen, Kureinrichtungen, Krankenversicherungen, Sozialarbeitern u. a. 
  • Gespräche mit Angehörigen und Bezugspersonen aus medizinischen und sozialen Gesichtspunkten gelten auch als therapeutische und soziale Maßnahmen im Sinne der Leistungslegende der Nr. 15. 

Die Durchführung solcher Beratungsleistungen allein rechtfertigt den Ansatz der Nr. 15 aber noch nicht, zumal dafür Ziffern wie Nr. 1, 3 oder 34 in Ansatz gebracht werden. Dafür sind weitere Kontakte zu externen Ärzten bzw. Therapeuten erforderlich. Somit ist der für den Arzt verbundene Aufwand zur Erfüllung der obligaten Kriterien recht hoch, bevor er überhaupt an die Abrechnung der Nr. 15 denken kann.

„Kontinuierliche“ Behandlung

Gefordert wird ergänzend, dass es sich um eine kontinuierliche ambulante Betreuung handelt, die eine fortlaufende Information des Arztes zum Stand der verordneten Maßnahmen im Hinblick auf das erstrebte Behandlungsergebnis fordert. Die Häufigkeit der Arzt-Patienten-Kontakte begründet jedoch nicht die Abrechenbarkeit der Nr. 15. Als Mindestzeit für das Erfordernis der „kontinuierlichen ambulanten Betreuung“ wird die Zeitspanne eines „Behandlungsfalls“ (also ein Monat) zugrunde gelegt.

Chronisch kranker Patient

Die Definition der „chronisch Kranken“ wird nach der Leistungslegende so verstanden, dass alle Krankheiten gemeint sind, bei denen die Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen im Rahmen einer kontinuierlichen ambulanten Betreuung erforderlich sind. Insoweit ist die Nr. 15 nicht nur für Patienten mit Stoffwechsel-, System- oder Tumorerkrankungen, sondern auch im Rahmen der geriatrischen oder palliativmedizinischen Betreuung von Bedeutung.

Von mehreren Ärzten berechenbar

Sind an der Behandlung mehrere Ärzte unterschiedlicher Fachgebiete beteiligt, kann in der Regel nur einer der betreuenden Ärzte auch tatsächlich die Koordination übernehmen und die Nr. 15 berechnen. Bei unterschiedlichen Schwerpunkten wären allerdings beide Ärzte berechtigt, die Leistung abzurechnen. Vergleichbares gilt für den Fall, dass ohne einen Arztwechsel bei mehreren betreuenden Ärzten die Koordinationsaufgabe von dem Arzt eines Fachgebiets zu dem Arzt eines anderen Fachgebiets wechselt.

Aufgrund der zugrunde liegenden „kontinuierlichen Tätigkeit“ und Berechenbarkeit der Nr. 15 nur einmal im Kalenderjahr wird die Abrechnung üblicherweise nach Abschluss der Behandlung des Patienten im Kalenderjahr erfolgen.

Praxistipp

Da sich der Behandlungsfall in der GOÄ auf vier Wochen (30 Tage) beschränkt, ist der Abrechnungszeitraum für Nr. 4 in demselben Behandlungsfall mit Nr. 15 eher selten. Es obliegt aber dem Ermessensspielraum des Arztes, dem gebührentechnischen Ziffernausschluss „aus dem Wege zu gehen“ und eine „Kollision“ dieser Abrechnungspositionen zu vermeiden, indem sie jeweils einem anderen Behandlungsfall/Zeitrahmen zugeordnet werden.

Nicht neben Nr. 4

Der Behandlungsfall beschränkt sich stets nur auf die Behandlung derselben Erkrankung. Bezieht sich die Koordinationsleistung im Rahmen der kontinuierlichen Betreuung eines chronisch Kranken auf eine andere Erkrankung als es der Grund für die Erhebung der Fremdanamnese nach Nr. 4 ist, so sind die Leistungen nach den Nrn. 4 und 15 auch in rechnungsbezogenem zeitlichem Zusammenhang abrechnungsfähig. Bei einer solchen Konstellation empfiehlt sich unbedingt, eine entsprechende ausführliche Begründung zu beiden medizinischen Sachverhalten in der Rechnung aufzuführen.

Klinikaufenthalt

Die Nr. 15 darf nicht im Rahmen eines stationären Aufenthaltes berechnet werden. Allerdings stören „zwischengeschaltete“ stationäre Aufenthalte die Erfüllung der Leistungen und die Berechtigung zur ambulanten Abrechnung nicht.

Fazit 

Insgesamt sollte die Berechenbarkeit von Nr. 15 GOÄ nach erbrachter Leistung wieder mehr in den Fokus rücken und von den Ärzten häufiger in Ansatz gebracht werden.

 

1 Hoffman/Kleinken, Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), Kommentar mit praktischen Hinweisen für die Abrechnung, C II, Randnr. 18, 3. Auflage
 

► Stand: November 2020

Sabine Zaun
MSC Medicine Surround Consulting, Privatabrechnung nach GOÄ, Konzeptionelle Beratungen für Arztpraxen und Fortbildungen für Ärzte.
mscons@gmx.de 
www.msc-zaun.de 

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