So sichern Sie die Liquidität in der Arztpraxis

Nicht nur die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg haben gezeigt, dass unvorhersehbare Ereignisse auch Arztpraxen mit einer stabilen finanziellen Ausrichtung und regelmäßigen Gewinnen in Zahlungsschwierigkeiten bringen und diese folglich Schwierigkeiten mit der Liquidität bekommen können. Gerade wenn es darum geht, dringend notwendige Investitionen vorzunehmen, wie etwa der Ersatz oder die Neuanschaffung von Geräten, Renovierungen oder Praxiserweiterungen, kann es an den nötigen Geldmitteln fehlen, um den Praxisbetrieb am Laufen zu halten.

Wir möchten mit diesem Artikel ein Bewusstsein für die Thematik „Liquiditätssicherung bzw. -planung“ schaffen und einen pragmatischen Weg aufzeigen, wie langfristig Zahlungsengpässe in der Arztpraxis vermieden werden können. Das Thema „Bewusstseinsschaffung“ steht am Anfang des Prozesses. Als Praxisinhaber* sind Sie nicht nur Arzt, sondern auch Unternehmer. Somit gehört auch die Liquiditätssicherung der Praxis mit zu Ihren wesentlichen Kernaufgaben – denn nur, wenn ausreichend Liquidität vorhanden ist, können langfristig der Fortbestand der Praxis gesichert, die Arbeitsplätze erhalten und letztendlich auch Ihre Gewinne und somit Ihr Lebensstandard erhalten bleiben. Solange die Praxis in einem eingeschwungenen Zustand läuft, gibt es im Normalfall keine Probleme hinsichtlich der Liquidität. Es sind die von der Norm abweichenden Ereignisse, die Praxisinhaber in Zahlungsschwierigkeiten bringen können. Im Folgenden zeigen wir vier Gründe auf, die eine gut laufende Arztpraxis in Zahlungsschwierigkeiten bringen kann und entsprechende Strategien zur Prävention.

1. Der Praxisinhaber kann nicht praktizieren

Wenn Sie als Praxisinhaber vorübergehend nicht praktizieren können (z. B. aus gesundheitlichen Gründen), hat dies Einnahmeausfälle zur Folge. Die Kosten für eine Vertretung mindern den Gewinn und führen zu einer Reduzierung der Liquidität. Sollten Sie im schlimmsten Fall keine Vertretung finden, muss die Praxis ggf. geschlossen werden – die laufenden Kosten für Personal, Miete etc. müssen aber weiterhin getragen werden. 


Praxistipp: Gerade für ein Vertretungs-Szenario sollte stets ein „Liquiditätspuffer“ vorhanden sein, um den operativen Praxisalltag für zwei bis drei Monate fortführen zu können.


Hinweis: Auch langfristig wird in solch einem Szenario die Liquidität beeinflusst, da eine Anpassung der KV-Restzahlung auf Ihr zu erwartendes Honorar im vergleichbaren Folgejahr erfolgt und diese direkten Einfluss auf Ihre Liquidität haben wird.

2. Überdurchschnittliche, nicht dauerhafte Einnahmen

Eine Arztpraxis hat im Jahr 2021 z. B. sehr viele COVID-Tests durchgeführt und über die KV abgerechnet, wodurch der Gewinn in diesem Jahr überdurchschnittlich hoch ausgefallen ist. Mehr Gewinn bedeutet einen höheren Steuernachzahlungsbetrag, und die vierteljährlichen Einkommensteuer­vorauszahlungen erhöhen sich erheblich, was unbedingt in der mittelfristigen Liquiditätsplanung der Praxis beachtet werden muss. Entsprechend sollten kalkulierte Rücklagen gebildet werden, oder man kann zusammen über den Steuerberater eine Senkung der Einkommensteuervorauszahlung beantragen, wenn ersichtlich wird, dass der Jahresgewinn deutlich über dem Gewinn des Vorjahres ausfallen wird.

3. Zahlungsmoral von Patienten

Auch zu spät oder nicht bezahlte Rechnungen von Patienten können zu einer Herausforderung für die Liquidität der Arztpraxis werden. Gerade in der heutigen Zeit bei steigender Inflation kann dieser Punkt immer mehr an Bedeutung gewinnen. 


Praxistipp: Nutzen Sie für Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), private Behandlungskosten oder Zusatzzahlungen, das Verfahren der Kartenzahlung – so kommen Sie schnell und unkompliziert an Ihr Geld.


 

4. Investitionen

Größere Investitionen in die Praxis, wie z. B. medizinisches Gerät, sollten immer langfristig geplant werden. Es muss sich die Frage gestellt werden, ob die Investitionen einen positiven Einfluss auf die Gewinnentwicklung der Praxis haben. Auch sollten Sie in solch einem Szenario stets Rücksprache mit Ihrem Steuerberater halten, um Abschreibungspotenziale optimal nutzen zu können. 

In diesem Zusammenhang geht es aber nicht nur um betriebliche Investitionen, auch private Investitionen des Praxisinhabers können einen wesentlichen Einfluss auf die Liquidität haben, da die privaten Ausgaben des Inhabers aus den Erträgen der Praxis finanziert werden und somit in einem direkten Zusammenhang stehen. 

Kostenmanagement

Neben der kontinuierlichen Liquiditätsplanung hat natürlich auch das Kostenmanagement einen erheblichen Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit. Als wesentliche Kostentreiber in einer Arztpraxis sind die Personalkosten sowie laufende Fixkosten, insbesondere langfristige Verträge wie Versicherungen, Softwareverträge, Leasingverträge, Miete etc., zu nennen. Um zu hinterfragen, ob die Kostenstruktur Ihrer Praxis in diesen Punkten optimiert ist, sollten Sie die folgenden Fragen beantworten:

  1. Haben Sie optimale Bedingungen geschaffen, damit Ihre Mitarbeiter effektiv arbeiten können? 
  2. Stimmt das Preis-Leistungsverhältnis all Ihrer Verträge?

Praxistipp: Nehmen Sie sich einmal im Halbjahr Zeit für diese beiden Fragen und stimmen Sie sich mit Ihren Mitarbeitern sowie Ihren Vertragspartnern ab. So können Sie sicherstellen, dass Sie nicht unnötig Geld ausgeben.


Es gilt also stets zu prüfen, wann welche Ausgaben anstehen, ob eine Investition wirklich nötig ist und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt diese getätigt werden sollte, damit die Praxis stets liquide bleibt. Wenn beispielsweise der Kauf eines neuen medizinischen Geräts zeitgleich mit der Abbuchung der viertjährlichen Einkommensteuervorauszahlungen erfolgt, kann dies schnell zu einer finanziellen Schieflage führen, was im schlimmsten Fall zu einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit führt. Ziel muss es also stets sein, dass ausreichend liquide Mittel auf dem Konto vorhanden sind. Die Liquiditätsplanung soll Ihnen kontinuierlich eine Vorausschau über Ihre Finanzen verschaffen.

Liquiditätsplanung – was ist zu tun?
In einem zu definierenden Zeitraum (z. B. ein bis drei Jahre) werden alle Einnahmen und Ausgaben der Praxis zusammengefasst und für die Zukunft geplant. Finanzielle Zu- und Abströme werden auf Tages-, Wochen- oder Monatsbasis dargestellt, wodurch mögliche Liquiditätsrisiken frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. Für den nie auszuschließenden Fall, dass unvorhergesehene Ereignisse eintreffen, sollte frühzeitig im Rahmen eines Ansparmodells ein Liquiditätspuffer aufgebaut werden. Diese Rücklage sollte ca. drei Monate die durchschnitt­lichen Kosten der Arztpraxis inklusive des als Tätigkeitsvergütung gezahlten Vorabgewinns an den Praxis­inhaber beinhalten. Wir empfehlen den Aufbau der Liquiditätsplanung zu Beginn und mindestens einmal jährlich mit Ihrem Steuer- oder Unternehmens­berater abzustimmen. 

 

Fazit

Die Liquiditätsplanung kann unkompliziert erstellt werden und gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihre zukünftige Zahlungsfähigkeit stets im Überblick zu halten. Wichtig: Entscheidend ist nicht nur die Höhe, sondern auch der Zeitpunkt zukünftiger Einnahmen und Ausgaben. Mit einem geringen Zeitaufwand kann eine eventuelle Zahlungsunfähigkeit vermieden werden, und die Weichen für eine reibungslose Fortführung des Praxisbetriebs sind gestellt. Nehmen Sie sich die Zeit!

Oliver Rabanus
Diplom-Betriebswirt
Eckhold Consultants GmbH
Wilhelmshofallee 75
47800 Krefeld
02151/60 47-10
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