Die Folgen des Ukraine-Kriegs: Was tun ohne Öl, Gas und Kohle aus Russland?

Von den Sanktionen gegen Russland wird auch der Brennstoff-Handel betroffen sein. Wie unabhängig wir sind und was man persönlich tun kann, beantworteten Experten in einem Pressegespräch.

Je länger der Krieg in der Ukraine dauert, umso stärker wird der Druck, die Sanktionen zu verstärken. Da ein wichtiger Teil des russischen Staatshaushalts aus den Einnahmen des Öl-, Gas- und Kohlegeschäfts stammt, gibt es die Hoffnung, dass es beim Wegbrechen dieser Einnahmen für die russische Führung auf lange Sicht schwierig wird, den Krieg fortzusetzen. Deutschland ist jedoch zu einem hohen Grad auf die fossilen Brennstoffe aus Russland angewiesen.

Aber kann Deutschland überhaupt kurz- und langfristig auf Öl, Kohle und Gas aus Russland verzichten? Womit sollen Haushalte kurzfristig heizen und Wasser wärmen und vor allem: Was kann der oder die Einzelne persönlich tun? Diese Themen besprachen drei Experten bei einem Pressegespräch des Science Media Centers (SMC) Germany.

Mit einer SWIFT-Blockade drehen wir uns automatisch Öl und Gas selbst ab

Die Lage in der Ukraine wird immer dramatischer. Um effektiv dagegen zu handeln, müssten Staaten weltweit zusammenarbeiten und gegen Russland vorgehen, meint Prof. Dr. Bruno Burger, Senior Scientist und Energieexperte am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg. „Aus vielen Gründen bleibt uns eigentlich nichts anderes, als dass SWIFT die Blockade auf alle Bereiche, auf alle Banken ausdehnt, und damit schalten wir uns dann praktisch auch im Endeffekt das Öl und Gas selbst ab“, so Burger. Er beruhigt aber auch: „Wir kommen jetzt durch diesen Winter ganz gut durch.“

Auch der Leiter der Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg Prof. Dr. Michael Sterner stimmt dem zu: „Das Wichtigste denke ich ist, dass wir uns von dieser Abhängigkeit lösen.“ Das hieße demnach: erstens Energieeffizienz und Sparen und zweitens der Ausbau erneuerbarer Energien.

Schon mit kurzfristigen Lösungen sparen

Das alles sind eher längerfristige Lösungen – kurzfristig jedoch bringe uns eigentlich nur Sparen weiter, meint Sterner. Mit einem Tempolimit beispielsweise würden drei, vier Milliarden Liter Benzin und Diesel eingespart werden. Es koste bis auf ein paar Schilder fast nichts, sei schnell umsetzbar und bringe viel. Dabei stellt sich ihm vor allem die Frage, wo unsere persönliche Freiheit aufhört. „Wir argumentieren immer mit der Freiheit des Autofahrens. [Und] das auf Kosten der Freiheit der Menschen in der Ukraine, weil wir dann Putins Krieg befeuern, weil wir aus dem Freiheitsgedanken heraus einfach 200 brettern wollten.“

Diese Diskrepanz und die Dringlichkeit von Handlungen werden gerade in Bezug auf eine Tatsache klar, die Prof. Burger erschreckend direkt beziffert: Die Europäische Union zahle pro Tag eine Milliarde Euro an Russland für fossile Rohstoffe. „Und umgekehrt kostet der russische Krieg nach Schätzungen auch ungefähr eine Milliarde Euro pro Tag“, so Burger. Schlussfolgernd bedeutet das, dass wir in Europa eigentlich den Krieg direkt finanzieren, Tag für Tag.

Wie auch einzelne handeln können

Diesen Realitätskontrast sehen auch viele Bürgerinnen und Bürger, meint Sterner: „Ich habe schon das Gefühl, […] so viele Leute wollen dazu beitragen, wollen was machen.“ Auch Dr. Martin Pehnt, Wissenschaftlicher Geschäftsführer und Fachbereichsleiter Energie am Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu),  kann dem nur zustimmen.  Er habe gerade einen Link bekommen zu einer Kampagne, die ein Bekannter gemacht hat: „Dreh die Heizung runter, da kann man sich dann selber eintragen“, meint er. Gerade so etwas hält er für eine gute Idee: tatsächlich auch selbst zu agieren.

Und das lohnt sich: Ein Grad Absenkung der Heiztemperatur bringe 6 % Energieeinsparung, so Pehnt. Auch beim Warmwasser lohne es sich, denn dies sei ein ganz großer, unterschätzter Bereich, wo man recht einfach mit kürzer Duschen, mit Sparköpfen, mit verschiedenen anderen Maßnahmen viel einsparen könne.

Dr. Pehnt würde auch ganz explizit das Thema Stromsparen miteinbeziehen: „Denn auch Strom sparen ist Gas, Öl und Kohle sparen.“ Es gebe insgesamt viele niederschwellige Maßnahmen nach dem Motto „Kleinvieh macht auch Mist“: Heizungsrohre dämmen, die Beleuchtung austauschen. Mit Einblasdämmung oder mit Dämmmatten könne man beispielsweise 10 % des Heizwärmebedarfs eines Gebäudes einsparen.

Energie sparen – aber richtig

Mit Strom-sparenden LED-Lampen nennt Burger eine weitere Einsparmöglichkeit. Es sollten dann aber nicht umso mehr Geräte angeschafft und beispielsweise statt einer LED-Lampe zehn angemacht werden, meint Burger, sondern der Strom tatsächlich gespart werden.

Pehnt gibt auch einen Tipp zum Thema Recycling- bzw. Reparatur-Management mit: Bei sogenannter „weißer Ware“ wie Kühlschränken, etc. lohne es sich häufig, diese vorzeitig zu ersetzen. Anders sei es jedoch bei IT-Geräten, in denen sehr viel graue Energie, wie Rohstoff-Beschaffung und -Verarbeitung, steckt. „Da ist die Bilanz eine ganz andere.“

Insgesamt fasst Sterner die persönliche Entscheidungsfindung beim Energiesparen treffend zusammen: „Wir müssen uns halt immer wieder fragen: Braucht es das? Darf es auch anders sein? Ich glaube, dass wir da ganz viel bei uns machen können. Das ist wirklich der größte Hebel, den wir jetzt in diesem Jahr haben.“

Momentan durchführbare persönliche Handlungsmöglichkeiten sind in der Tabelle unten nochmals separat aufgelistet.

Was Sie persönlich zu Hause und u.a. auch in Ihrer Praxis tun können: 
Kurzfristig:Langfristig:

- Stromsparende LED-Lampen nutzen, auf möglichst geringe Nutzungszeit achten

- auf gute Dämmung von Heizungsrohren, Dach und Wänden achten

- Heizung etwas herunterdrehen, bereits eine Senkung um 1 °C hat einen großen Effekt

- „Weiße Ware“ wie Kühlschrank, Waschmaschine, etc. vorzeitig ersetzen, aber ordnungsgerecht entsorgen (Kältemittel!)

- Auto so wenig wie möglich nutzen, auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, Tempolimit einhalten (oder sich zum Spritsparen ein persönliches Tempolimit setzen)

- Auf alternative Energiequellen wie Wärmepumpen, Photovoltaik, etc. umsteigen

- Heiße Dusche so kurz wie möglich halten, Sparköpfe nutzen

- IT-Geräte reparieren, möglichst lange nutzen

 

- Beim Auto auf Elektromobilität umsteigen

 

Julian Aldinger

Quelle:  Science Media Center (SMC) Germany

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