Mutterschutz und Elternzeit – das müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen
Schwangere Frauen („werdende Mütter“), stillende Mütter und Eltern im Allgemeinen werden durch das Arbeitsrecht besonders geschützt. Neben dem Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz – MuSchG) sind die Rechtsgrundlagen in dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) hinterlegt. Der nachfolgende Beitrag gibt einen allgemeinen Überblick über das MuschG und das BEEG und erläutert die aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung.
Ziele des MuSchG und des BEEG |
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 MuSchG wird das Ziel des Mutterschutzes wie folgt definiert: „Dieses Gesetz schützt die Gesundheit der Frau und ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplatz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit. Das Gesetz ermöglicht es den werdenden Müttern, ihre Arbeit während dieses Zeitraums ohne Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes fortzusetzen, und wirkt Benachteiligungen während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit entgegen.“ Zusammenfassend ergeben sich folgende Ziele:
Die sich an den Mutterschutz anschließende Elternzeit bezweckt die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mütter oder Väter können für die notwendige Kinderbetreuung freigestellt werden. Die Ziele lassen sich wie folgt zusammenfassen:
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Die Umsetzung der vorgestellten Ziele des MuSchG und des BEEG soll im Kern durch Maßnahmen erreicht werden, die nachfolgend auszugsweise aufgezählt werden, wobei diese Aufzählung nicht als abschließend zu verstehen ist.
Sonderkündigungsschutz nach MuSchG und BEEG
Unzulässig ist gemäß § 17 Abs. 1 MuSchG eine Arbeitgeberkündigung einer Frau während ihrer Schwangerschaft, nach einer Fehlgeburt oder nach einer Entbindung. Das Kündigungsverbot umfasst dabei alle Arten von Kündigungen. Die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand der Frau in der Schwangerschaft, nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder nach der Entbindung in Zusammenhang stehen, ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären.
Praxishinweis
In der Praxis kommt es häufig vor, dass schwangere Frauen ihre Schwangerschaft erst nach Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung offenbaren. Da eine solche Kündigung in der Regel unwirksam war, kann der Arbeitgeber vor dem zuständigen Arbeitsgericht im Vergleichswege erklären, dass er an der in Unkenntnis der Schwangerschaft ausgesprochenen Kündigung nicht mehr festhalte und aus dieser keine Rechtsfolgen herleiten werde. Dieses Vorgehen führt in aller Regel zu einer Kostenersparnis, da für Vergleiche vor dem Arbeitsgericht 1. Instanz keine Gerichtskosten anfallen und gemäß § 12a ArbGG kein Kostenerstattungsanspruch im Hinblick auf etwaige Anwaltskosten bis zum Abschluss der 1. Instanz besteht.
Auch für Beschäftigte, die sich in Elternzeit befinden, besteht Sonderkündigungsschutz. Das in § 18 Abs. 1 BEEG normierte Kündigungsverbot gilt von dem Zeitpunkt an, an dem Elternzeit verlangt worden ist. Das muss spätestens sieben Wochen vor dem Beginn der Elternzeit erfolgen. Wird der insoweit erforderliche, schriftliche Elternzeitantrag früher durch den Arbeitnehmer gestellt, so beginnt der Sonderkündigungsschutz erst acht Wochen vor Beginn der Elternzeit.
Praxishinweis
In besonderen Fällen kann ausnahmsweise nach § 18 Abs. 1 S. 2 BEEG durch die für den Arbeitsschutz zuständige Behörde der Ausspruch der Kündigung während der Elternzeit für zulässig erklärt werden. Wann ein besonderer Fall vorliegt, ist in den allgemeinen Verwaltungsvorschriften geregelt. Die Schließung eines Betriebs kennzeichnet in der Regel einen solchen Fall. Einer Betriebsschließung steht es gleich, wenn ein Betriebsteil stillgelegt wird.
Sowohl der Sonderkündigungsschutz nach BEEG als auch nach MuSchG ist damit nicht grenzenlos. In besonderen Ausnahmefällen bleibt eine Arbeitgeberkündigung nach vorheriger Zustimmung der Behörde jedenfalls möglich.
Beschäftigungsverbote
Die Arbeitnehmerin trifft nach § 15 MuSchG die Obliegenheit, den Arbeitgeber über ihren mutterspezifischen Zustand zu informieren, damit dieser seiner Verpflichtung zur gesundheitsschützenden Arbeitsplatzgestaltung nach § 2 MuSchG adäquat nachkommen kann. Der Arbeitgeber hat insoweit eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Wenn die Arbeitnehmerin nicht bereits selbst eine ärztliche Bescheinigung über ein individuelles Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft beibringt, muss durch den Arbeitgeber geprüft werden, ob der Ausspruch eines generellen Beschäftigungsverbots – in Abstimmung mit der für Arbeitsschutz zuständigen Behörde – in Betracht kommt.
Praxishinweis
Nach § 1 Abs. 2 Aufwendungsausgleichgesetz (AGG) erstatten die Krankenkassen dem Arbeitgeber in vollem Umfang, das heißt zu 100 %, den vom Arbeitgeber gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld und das vom Arbeitgeber während der Dauer von Beschäftigungsverboten weiter zu zahlende Arbeitsentgelt. Ferner werden die Sozialversicherungsbeiträge erstattet.
Ein Beschäftigungsverbot führt damit zu keinem Schaden beim Arbeitgeber. Es findet eine vollumfängliche Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen während eines Beschäftigungsverbots statt.

Antrag auf Elternzeit
Während die schwangere Arbeitnehmerin hinsichtlich der Schwangerschaft nur eine Mitteilungsobliegenheit trifft, besteht für die Elternzeit gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BEEG ein Antragserfordernis. Gegenstand des schriftlichen Elternzeitverlangens für den Zeitraum bis maximal zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes muss eine konkrete Erklärung dazu sein, für welche Zeiten Elternzeit genommen wird. Unklare, vage oder an nicht vom Arbeitgeber zu beeinflussende Bedingungen geknüpfte Erklärungen sind unwirksam. Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann dabei eine Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung beantragen. Über den Antrag sollen sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin innerhalb von vier Wochen einigen.
Unter dem Gesichtspunkt der Planungssicherheit und im Hinblick auf den Ablauf des Sonderkündigungsschutzes nach BEEG ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich ein Arbeitnehmer mit seinem Elternzeitantrag gebunden hat. Der Arbeitgeber muss der Elternzeit rein formal gesehen dem Elternzeitbegehren nicht zustimmen, da sich ein Anspruch aus dem BEEG ergibt.
Praxishinweis
In der Praxis kommt es häufig vor, dass Elternzeitnehmer die Elternzeit erstmal für einen Zeitraum von zwei Jahren beantragen und sich im Anschluss zu einer Verlängerung der Elternzeit um ein drittes Jahr entscheiden. Dieses Vorgehen bedarf – entgegen der Annahme so mancher Arbeitgeber – nicht der erneuten Zustimmung des Arbeitgebers. Die überwiegende landesarbeitsgerichtliche Rechtsprechung sowie die ganz überwiegende Literatur gehen davon aus, dass es sich bei der Geltendmachung von Elternzeit für das dritte Lebensjahr eines Kindes um ein zustimmungsfreies Verlangen i. S. v. § 16 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 15 Abs. 2 Satz 1 BEEG handelt. Auch dieser Aspekt ist im Hinblick auf die damit einhergehende zustimmungsfreie Verlängerung des Sonderkündigungsschutzes nach BEEG von nicht unerheblicher Bedeutung.
Urlaub während des Mutterschutzes bzw. der Elternzeit: kein Verfall
Nach § 24 S. 2 MuSchG kann Urlaub, der zum Zeitpunkt des Beginns des Mutterschutzes noch nicht beansprucht wurde, nicht verfallen. Der Urlaub kann noch zum Ende des Mutterschutzes bzw. einer an den Mutterschutz anschließenden Elternzeit gemäß § 17 Abs. 2 BEEG genommen werden. Der Urlaub kann dann ab dem Ende des Mutterschutzes bzw. der Elternzeit noch im laufenden oder im folgenden Kalenderjahr eingefordert werden. Auch die Ausfallzeiten wegen eines Beschäftigungsverbots als Beschäftigungszeiten, so dass sie den Umfang des Urlaubsanspruchs nicht beeinträchtigen. Ein Verfall droht damit nach den Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes erst im Laufe des Jahres oder bis zum 31.03. des Folgejahres.
Für Arbeitgeber besteht indes die Möglichkeit den Urlaubsanspruch während der Elternzeit gemäß § 17 Abs. 1 BEEG für jeden Monat der Elternzeit um ein Zwölftel durch Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer zu kürzen.
Bezüge während der Elternzeit: Elterngeld |
Während der Elternzeit kann ein Anspruch auf Elterngeld bestehen. Der Anspruch hängt nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab. Nach § 1 Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer
Eine Anspruchsberechtigung besteht auch bei Selbständigen, Beamten, erwerbslosen Elternteilen, Elternteilen, die sich in der Ausbildung befinden und in den Fällen des § 1 Abs. 3, 4 BEEG. Gestaltung der Elternzeit: Partnermonate Ein Elternteil, der das Kind allein betreut, kann nach § 4 Abs. 1 BEEG höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen. Zwei Partnerschaftsmonate werden zusätzlich gewährt, wenn auch der Partner wegen der Kindererziehung seine Erwerbstätigkeit reduziert oder unterbricht. Zusammenfassend wird das Elterngeld an beide Eltern für maximal 14 Monate gezahlt. Der Zeitraum kann insoweit von den Eltern frei bestimmt werden. Die in dem Elterngeldantrag getroffene Entscheidung ist verbindlich. Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus Elterngeld Plus wurde 2015 als neue Gestaltungsvariante neben dem Basiselterngeld ergänzend eingeführt. Eltern erhalten somit die Wahlmöglichkeit. Jedes Elternteil kann künftig zwei Elterngeld Plus-Monate nehmen. Der Partnerschaftsbonus besteht aus vier zusätzlichen Elterngeld Plus-Monaten. Davon profitieren Eltern, die nach der Geburt des Kindes in Teilzeit arbeiten. Die Voraussetzungen für den Fall, dass beide Elternteile in vier aufeinanderfolgenden Lebensmonaten gleichzeitig Elternzeit beantragen, sind in § 4 Abs. 4 S. 3 BEEG wie folgt geregelt:
Soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat jeder Elternteil für diese Monate Anspruch auf vier weitere Monatsbeträge Elterngeld Plus (Partnerschaftsbonus). Diese begrüßenswerte Gestaltungskomponente soll die Eltern dabei unterstützen, sich an die partnerschaftliche Aufgabenteilung im Rahmen der Betreuung des Kindes zu gewöhnen. |
Brückenteilzeit § 9a TzBfG
Nach dem Ende der Elternzeit bestimmt sich der Antrag auf Verringerung oder Erhöhung der Arbeitszeit nicht mehr nach dem Regime des BEEG, sondern nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Auch nach dem Ende der Elternzeit kann der Wunsch nach der längerfristigen Verringerung der Arbeitszeit bestehen. Die sogenannte „Brückenteilzeit“ nach § 9a TzBfG bietet dafür – neben den §§ 8, 9 TzBfG – für Arbeitnehmer in größeren Unternehmen (der Teilzeitanspruch greift nur für Arbeitgeber, die mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigen, vgl. § 9a Abs. 1 S. 3 TzBfG) eine weitere interessante Gestaltungsvariante. § 9a TzBfG basiert insoweit auf dem 2018 verabschiedeten Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit. Danach können Beschäftigte einen Teilzeitanspruch für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr bis maximal fünf Jahren befristet geltend machen. Die Befristungsdauer können sie dabei frei wählen. Die Brückenteilzeit gibt insoweit keinen Mindest- oder Höchstumfang vor. Zudem können Beschäftigte Wünsche bezüglich der Verteilung der geänderten Arbeitszeit äußern. Erforderlich ist, dass aus dem Antrag aber hinreichend klar hervorgeht, dass eine Herabsetzung der Arbeitszeit gewünscht ist und zudem, dass diese nur befristet erfolgen soll.
Praxishinweis
Bei der Formulierung des Antrags auf Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG ist besondere Vorsicht geboten. Aus dem Antrag muss deutlich ein befristetes Begehren hervorgehen. Fehlt es daran, liegt ein unbefristeter Anspruch nach § 8 TzBfG vor, so dass kein automatisches Rückkehrrecht in den status quo vor der Reduzierung bestehen muss.
Fazit
Das geltende Mutterschutz- und Elternschutzrecht ist im Kern Arbeitnehmerschutzrecht. Wie so oft liegt aber auch hier, insbesondere im Rahmen der Antragsgestaltung, der Teufel im Detail. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind gut beraten, sich – nicht zuletzt wegen der Komplexität der Rechtsmaterie, aber auch den weitreichenden Folgen in Bezug auf das Arbeitsverhältnis – in beratende Hände zu begeben.