Testosteron-Therapie und Diabetes: Erkenntnisse aus den T4DM- und TRAVERSE-Studien

Bei übergewichtigen oder adipösen Männern treten häufig niedrige Testosteronspiegel im Serum auf, ein Zustand, der das ohnehin vorhandene Risiko für Typ-2-Diabetes mellitus weiter steigern kann. Die T4DM-Studie, eine umfangreiche, randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Phase-3b-Studie, untersuchte die Wirkung einer Testosteron-Therapie auf prädiabetische Männer, um festzustellen, ob diese das Fortschreiten zum manifesten Diabetes mellitus hemmen oder die Rückbildung des Diabetes-Vorstadiums über die Effekte eines Lifestyle-Programms hinaus fördern kann. Es war allerdings unklar, ob eine Testosterongabe bei diesem Patientenklientel mit kardiovaskulärem Risiko dieses weiter erhöhen kann. Das untersuchte die TRAVERSE-Studie, die größte Studie zur Testosterontherapie, die bisher durchgeführt wurde.

Studiendesign und -verlauf

T4DM-Studie

An der Studie beteiligten sich sechs australische Zentren. 1.007 Männer, mit einem Durchschnittsalter von 50,7 Jahren, einem Taillenumfang von ≥ 95 cm, einer Serum-Testosteronkonzentration von ≤ 14,0 nmol/l und einer beeinträchtigten Glukose­toleranz oder neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes, wurden randomisiert in zwei Gruppen eingeteilt, um entweder Testo­steron-Undecanoat oder ein Placebo zu erhalten. Die Hauptziele der Studie waren die Prävention von Typ-2-Diabetes und die Veränderung des 2 h-Glukose-Werts nach zwei Jahren.

TRAVERSE-Studie

Die TRAVERSE-Studie untersuchte die ­Sicherheit und Wirksamkeit einer Testosteronersatztherapie (TTh) bei älteren, hypogonadalen Männern mit kardiovaskulärem Risiko. Ziel war es, Unklarheiten über das kardiovaskuläre Risiko von TTh zu klären und langfristige Sicherheitsdaten zu liefern. Die Studie war eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Nichtunterlegenheitsstudie mit 5.246 Teilnehmern in den USA, die über fünf Jahre angelegt war, und somit die größte bisher.

Ergebnisse

T4DM-Studie

Nach zwei Jahren zeigte sich bei 2 % der Teilnehmer in der Placebo-Gruppe und bei 12 % in der Testosteron-Gruppe ein 2 h-Glukose-Wert von ≥ 11,1 mmol/l. Die mittlere Veränderung war in der Testo­s­teron-Gruppe signifikant größer. Auch in Bezug auf die Sekundärendpunkte, wie Abnahme des Nüchternblutzuckers, Hüftumfang, Fett- und Bauchfettmasse sowie Zunahme der Muskelmasse und Muskelkraft, zeigte die Testosteron-Gruppe deutliche Verbesserungen. Die sexuelle Funktion verbesserte sich ebenfalls signifikant in der Testosterongruppe, während keine Unterschiede bei den Symptomen des unteren Harntrakts festgestellt wurden.

TRAVERSE-Studie

Die Ergebnisse zeigten, dass eine TTh keine Zunahme schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse verursachte. Es gab keine signifikanten Unterschiede in den primären kardiovaskulären Ereignissen zwischen der Testosteron- und Placebogruppe, jedoch ein erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern in der Testosterongruppe. Die TTh führte zu einer signifikanten Verbesserung der ­sexuellen Aktivität, insbesondere des sexuellen Verlangens, aber nicht unbedingt der erektilen Funktion. Außerdem war die TTh effektiver als Placebo bei der Korrektur und Prävention von Anämie bei Männern mit Hypogonadismus. Diese Ergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse für die klinische Praxis und betonen die Notwendigkeit eines individuellen Ansatzes bei der Erwägung einer TTh.

Kernaussagen der beiden Studien
Eine Testosteron-Behandlung verringerte effektiver die Zahl der Typ-2-Diabetes-Fälle als ein Lifestyle-Programm allein.

Die positive Wirkung auf den Glukose­stoffwechsel war unabhängig von der anfänglichen Testosteron-Konzentration.

Die Testosteron-Therapie führte zu einer stärkeren Abnahme der Fettmasse, einer Zunahme der Skelettmuskelmasse und Muskelkraft sowie zu einer verbesserten Sexualfunktion.

Es gab keinen signifikanten Unterschied in der Häufigkeit von kardiovaskulären Ereignissen zwischen der Testosteron- und der Placebo-Gruppe.

Therapiesicherheit

Die Studienergebnisse lassen darauf schließen, dass eine Testosteron-Therapie zur Prävention von Typ-2-Diabetes effektiv sein kann und kardiovaskulär auch bei Männern mit entsprechendem Risiko­profil sicher ist.

Testosteron kann als eine mögliche zusätzliche Interventionsmethode zur Prävention von Typ-2-Diabetes bei hypogonadalen Männern in Betracht gezogen werden, insbesondere in Kombination mit Lebensstiländerungen.

Wittert G et al. Testosterone treatment to prevent or revert type 2 diabetes in men enrolled in a lifestyle programme (T4DM): a randomised, double-blind, placebo-controlled, 2-year, phase 3b trial. Lancet Diabetes Endocrinol 2021;9: 32–45.
Lincoff AM et al. Cardiovascular Safety of Testosterone-Replacement Therapy. N Engl J Med 2023;389(2): 107–117.

 

Prof. Dr. med. Michael Zitzmann, 
MD, PhD, FRSM, FECSM
Center for Reproductive Medicine and Andrology / Clinical Andrology
University Hospital Münster
Michael.Zitzmann@ukmuenster.de 

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