Genetische Diagnose: Psoriasis und Ekzem endlich präzise unterscheiden

Mario Gehoff. Rot und juckend: Wenn es der Haut nicht gut geht, dann teilt sie das sehr deutlich mit. Worüber sie sich aber oft ausschweigt, ist die Ursache: Ist es beispielsweise ein Ekzem oder doch ein Psoriasis-Schub?

Zitierweise: HAUT 2023;34(6):264-265.

Beides sind chronische Hautkrankheiten mit einem oft ähnlichen Erscheinungsbild. Beide benötigen jedoch unterschiedliche Behandlungen. Bisher gestaltete sich eine genaue Diagnose mitunter schwierig, da der entscheidende Unterschied zwischen beiden nicht sofort erkennbar ist. Auf molekularer Ebene hingegen sieht das ganz anders aus. Im Jahre 2016 veröffentlichte eine intereuropäische Forschungsgruppe ein Paper, in dem sie das Training eines neuen molekularen Klassifikators beschrieb. Dieser war in den späteren Testkohorten in der Lage, die unterschiedlichen Genexpressionen NOS2 oder CCL27 mit einer mehr als 95 %igen Korrektheit zu unterscheiden. 

Studienkohorte 

Im November 2020 begann ein Forscherteam des Universitätsklinikums Heidelberg, zu untersuchen, ob die molekulare Diagnostik die ärztliche Diagnostik unterstützen könnte. Innerhalb eines Jahres akquirierte das Projekt 154 Teilnehmende. Bei knapp der Hälfte wurde die Hautkrankheit als mittelschwer eingestuft, bei rund 30 % als schwer. Mit 76 % waren die Hände am häufigsten von einem Ekzem oder einer Psoriasis betroffen, danach folgten die Füße (48,1 %), Beine (27,8 %) und zu guter Letzt die Arme (18,8 %). Mehr als die Hälfte der Studienkohorte war bereits einmal in ärztlicher Behandlung gewesen. Der hohe Anteil an nicht mehr therapienaiven Patienten lag daran, dass viele von ihnen in Berufen arbeiteten, bei denen schwere körperliche Arbeit zum Alltag gehörte. 

Weniger Fehldiagnosen mit dem genetischen Klassifikator

Nach einem Studienjahr zeigte sich, dass die Chancen auf eine verbesserte Therapie sehr gut standen: Bei 31,2 % der Teilnehmenden konnten Ärztinnen und Ärzte zuerst keine genaue Diagnose stellen. Nutzten sie den genetischen Klassifikator, konnten nahezu alle Fälle geklärt werden. 

Eine größere Überraschung erlebten die Patienten mit Psoriasis. Insgesamt wurden 23,6 % mit Schuppenflechte diagnostiziert, laut Klassifikator hatten zwei Drittel von ihnen jedoch in Wirklichkeit ein Ekzem. Andersherum wirkte der Klassifikator ebenso effektiv. Dermatologen erkannten bei 45,1 % der Betroffenen ein Ekzem, der Klassifikator bestätigt das in 78,5 % der Fälle. Letztlich stimmte das Urteil von Ärzten und Klassifikator nur in 42,4 %der Fälle überein – was stets an der Fehldiagnose der Ärzte lag! 

Konsequenzen für die Therapie

Die Folgen der präziseren Diagnostik zeigten sich bereits nach sechs Monaten: Am Studienanfang nahmen 92,5 % der Teilnehmenden Glukokortikosteroide ein. Nach einem halben Jahr war der Anteil auf 59,7 % gesunken. Der Einsatz von topischen Immunmodulatoren hatte sich sogar fast halbiert (von 41,8 auf 22,4 %). Kein Wunder ist, dass Therapien mit dem Arzneistoff Alitretinoin von 11,9 auf 23,9 % anstiegen. Dieserwird nämlich nur bei schweren ­chronischen Handekzemen verschrieben, nicht bei Psoriasis. 

Fazit

Die hohe Erfolgsquote, die mithilfe des molekularen Klassifikators erzielt werden konnte, zeigt, wie wichtig diese neuen Erkenntnisse für die (richtige) Behandlung von Psoriasis und Ekzemen sind. Der Einsatz der molekularen Diagnostik wird es in naher Zukunft vielleicht ermöglichen, Therapiedauer sowie Behandlungskosten zu senken. Der größte Vorteil ist jedoch, dass die Lebensqualität der Menschen mit einer Dermatose schneller gesteigert werden kann. 

Originalpublikation

Bentz P et al. DOI:10.1111/ddg.14850_g 

Mario Gehoff, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Mit freundlicher Genehmigung  des PsoNet-Magazins.

 

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