Kaltes Plasma lässt Wunden schneller heilen

Wenn das Bein einmal offen ist, beginnt für Patientinnen und Patienten oft ein langer Leidensweg. Trotz Säuberung der chronischen Wunde, spezieller Verbände und regelmäßiger Verbandswechsel nach den aktuellen Leitlinien dauert es oft viele Wochen und Monate, bis die Haut verheilt ist. In der multizentrischen Studie „Plasma On Chronic Wounds for Epidermal Regeneration”, kurz POWER, hat ein Studienteam der Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit anderen Zentren (u. a. Berlin, Hamburg, München) die Behandlung nach dem Goldstandard mit einer ­zusätzlichen Behandlung mit einem Kaltplasma verglichen.

Zitierweise: HAUT 2024;35(1):16-17.

Eine Zwischenauswertung zeigt, dass das Plasma die Wundheilung deutlich beschleunigt und Schmerz und Infektionen verringert. Die Zwischenergebnisse wurden im Journal of Clinical Medicine veröffentlicht.

Nach acht Wochen nicht verheilt = chronisch

Wunden, die nach acht Wochen noch nicht vollständig verheilt sind, gelten als chronisch. Besonders häufig davon betroffen sind ältere Menschen, Diabetikerinnen und Diabetiker und Menschen mit Durchblutungsstörungen oder Mobilitätseinschränkungen. „Die aktuellen Leitlinien umfassen zur Behandlung solcher Wunden ein chirurgisches Débridement zur Entfernung nekrotischen Gewebes, eine antiseptische Wundreinigung, das Anlegen spezieller Verbände und einen regelmäßigen Verbandwechsel“, erklärt Dr. Nessr Abu Rached, Spezialist an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Ruhr-Universität Bochum im St.-Josef-Hospital, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum.

In der POWER-Studie, die seit 2021 läuft und Ende 2024 endet, vergleichen die Forschenden die Wirkung dieser Goldstandard-Therapie mit der Anwendung eines Kalt­plasmas. Dabei wird zwischen der Wunde und der Plasmafolie die Umgebungsluft teilweise ionisiert, also mit zusätzlicher Energie aufgeladen. Das so entstehende Plasma wirkt antibakteriell und antiviral sowie entzündungshemmend. Verschiedene voran­gegangene Studien haben auch gezeigt, dass das Plasma in der Lage ist, die Bildung neuer Blutgefäße zu begünstigen. „Auch das sollte die Wundheilung verbessern“, so Dr. Abu Rached.

Dreimal pro Woche zwei Minuten Plasma

Das Studienteam gewann im bisherigen Studienzeitraum 48 Patientinnen und Patienten, deren Daten bereits ausgewertet werden konnten. Sie wurden zufällig einer von zwei Gruppen zugeordnet. Die eine Gruppe wurde nach Goldstandard versorgt, die andere Gruppe wurde zusätzlich über vier Wochen dreimal wöchentlich zwei Minuten lang mit dem Kaltplasma behandelt. Der in der Studie verwendete Plasma-Applikator war mit einer Fläche von elf mal elf Zentimetern vergleichsweise groß. Nach vier Wochen und nach drei und sechs Monaten bewerteten die Forschenden die Wunden der Teilnehmenden, indem sie beispiels­weise deren Größe und die mögliche Besiedlung mit Bakterien ermittelten und die Patientinnen und Patienten befragten, wie schmerzhaft die Wunde war.

Bessere Wundheilung bei Kombination mit Plasma

Ergebnis: 16 Prozent der Wunden der Plasmagruppe hatten sich komplett oder fast vollständig (90 %) nach vier Wochen geschlossen. In der Kontrollgruppe mit Standard-­Wundtherapie galt das für keine einzige Wunde. Weitere 28 Prozent der Wunden in der Plasmagruppe hatten sich um mindestens 60 Prozent verkleinert, auch das galt für keine Wunde in der Kontrollgruppe. Eine Verringerung der Wundfläche um mindestens 40 Prozent wurde bei 40 Prozent der Plasmagruppe und bei 18 Prozent der Kon­trollgruppe beobachtet.

Darüber hinaus benötigte die Plasma­gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich weniger Antibiotika (4 % versus 23 %). „Die mit Plasma behandelten Patientinnen und Patienten berichteten darüber hinaus von einer signifikanten Verringerung der Wundschmerzen und einer Verbesserung der Lebensqualität“, berichtet Dr. Abu Rached. „Die Kombination von Plasma mit der bewährten Wundbehandlung übertrifft die Wirkung der bisher als Gold­standard geltenden Behandlung um ein Vielfaches“, so sein Fazit.

Förderung

Die Studie wurde gefördert vom Bundes­ministerium für Bildung und Forschung.

Originalpublikation

Abu Rached N, Kley S, Storck M et al. Cold plasma therapy in chronic wounds – A multicenter, randomized controlled clinical trial (Plasma on chronic wounds for epidermal regeneration study): Preliminary results, in: Journal of Clinical Medicine, 2023, DOI: 10.3390/jcm12155121, https://www.mdpi.com/2077-0383/12/15/5121 

Quelle: Meike Drießen, Ruhr-Universität Bochum (RUB).

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